Kreis Viersen Jahre des Stillstandes in der Kreispolitik

Kreis Viersen · In ihren Haushaltsreden übten die Fraktionsvorsitzenden von SPD, FDP und Grünen massive Kritik an Landrat Ottmann.

In scharfer Form hat eine große Mehrheit im Kreistag den Umgang von Landrat Peter Ottmann mit der Politik kritisiert. Die Sprecher von SPD, FDP und Grünen werfen dem Landrat unkollegiales Verhalten und bewusste Sturheit im Umgang mit den gewählten Vertretern vor. Die FDP kündigte konkret an, sie werde das gesamte Vergabeverfahren für den Masterplan des Kreises der Bezirksregierung zur Prüfung vorlegen. Die CDU hielt sich zwar mit Kritik zurück, verteidigte den Landrat aber nicht.

Dass der Landrat und mit ihm die Kreisverwaltung in Haushaltsreden immer wieder einmal kritisiert werden, ist üblich. So massiv und eindeutig wie diesmal dürfte das aber einmalig in der Geschichte des Kreises Viersen sein. Der Hauptvorwurf der Kritiker besteht darin, dass Ottmann sich beharrlich einem kollegialen Miteinander verweigere, obwohl sich die vier großen Fraktionen seit der schweren Haushaltskrise 2010 in wesentlichen Fragen nicht mehr bekriegen, sondern gemeinsam versuchen, etwas zu erreichen. Davon profitierten in erster Linie alle Bürger im Kreis, stellte Udo Schiefner (SPD) unter Beifall auch aus anderen Fraktionen fest.

Der Politik sei es gelungen, einerseits ihre inhaltliche Streitkultur zu erhalten und sich voneinander zu unterscheiden. Aber in den Grundzügen gehe sie gemeinsam, zumindest aber fair abgestimmt vor. Dagegen ziehe sich der Landrat ständig auf formale und juristische Positionen zurück, die er nur anwende, um sich der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu entziehen.

"Wir werden als kommunale Freizeitpolitiker mit juristischer Bürokratie überbordet", schimpfte die FDP-Fraktionsvorsitzende Irene Wistuba. Ottmann habe es versäumt, "die Kreistagsmitglieder offen, kompetent und umfassend zu informieren". Stattdessen habe er den Geist des Kreistagsbeschlusses zum Masterplan im Dezember formaljuristisch nach seiner Auffassung ausgelegt. Udo Schiefner stellte an Ottmann gewandt fest: "Ihr Verhalten lässt den Schluss zu, die politische Ebene sei für Sie nur ein zwar notwendiges, aber vor allem lästiges Übel." Die Grünen-Sprecherin Marianne Lipp bescheinigte dem Landrat eine schwache Leistungsbilanz: "Es bleibt festzuhalten, dass wir in der Kreispolitik Jahre des Stillstandes erleben, die wir letztlich auch der Arbeit der Kreisverwaltung und des Landrats verdanken."

Udo Schiefner nannte über den Konflikt um den Masterplan hinaus mehrere Beispiele, warum er das Verhältnis zwischen Landrat und Kreistag als zerrüttet betrachtet. Erst nach politischem Druck seien Einzelheiten der Regionalplanung preisgegeben worden. Jugend- und Schulamt seien ohne Rückkopplung in die Politik zusammengelegt worden. Der Landrat habe einen "fragwürdigen Umgang" mit Anträgen der Fraktionen in Zusammenhang mit der Wirtschaftsförderung an den Tag gelegt und sich "in der Sache als Bremser" betätigt.

Die CDU-Fraktion reagierte auf die Vorwürfe nicht. Lediglich Rudi Alsdorf, der nach seiner Entmachtung als Fraktionsvorsitzender die CDU verlassen hatte und nun fraktionslos dem Kreistag angehört, versuchte, den Landrat zu verteidigen. Peter Ottmann selbst schwieg.

(RP/ac)
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