Kiesabbau am Niederrhein Kies-Gegner aus Lüttelforst im Landtag

Schwalmtal/Kamp-Lintfort · Die Interessengemeinschaft „Schwalmtal for future“ hofft weiter, dass der geplante weitere Kiesabbau in Lüttelforst verhindert werden kann. Ein Grund dafür ist ein Gutachten zum neuen Landesentwicklungsplan aus Kamp-Lintfort.

 So sieht eine ehemalige Kies-Abbaufläche in Lüttelforst aus. Ab 2020 soll im Osten des Ortes weiter Kies abgebaut werden. Dagegen wehrt sich eine örtliche Interessengemeinschaft.

So sieht eine ehemalige Kies-Abbaufläche in Lüttelforst aus. Ab 2020 soll im Osten des Ortes weiter Kies abgebaut werden. Dagegen wehrt sich eine örtliche Interessengemeinschaft.

Foto: Busch, Franz-Heinrich sen. (bsen)

Die im April gegründete Interessengemeinschaft „Schwalmtal for future“ hat am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag die Sitzung des Planungsausschusses verfolgt. Dabei ging es, wie deren Mitglied Wobine Crisp (65) aus dem 600 Einwohner zählenden Schwalmtal-Lüttelforst erklärte, um den neuen Landesentwicklungsplan (LEP), auch der Kiesabbau war Thema.

Die Mitglieder wehren sich gegen die geplante Erweiterung der Auskiesungsfläche in Lüttelforst. „Das hat mehrere Gründe“, so Crisp. Zum einen würde Lüttelforst in ihren Augen den Charakter als Waldhufendorf verlieren, zum anderen würde das bis nach Düsseldorf und in den Kreis Neuss beliebte Naherholungsgebiet eingeschränkt werden. Weiterhin befürchten die Kiesgegner, dass die zunächst geplante 9,96 Hektar große Fläche noch erweitert wird.

Die Kiesgegner aus Lüttelforst waren dabei im Landtag nicht allein – sie hatten Unterstützung vom Niederrhein: Eine Delegation der Interessengemeinschaft Dachsbruch übergab acht Aktenordner mit 12.000 Unterschriften gegen den Kiesabbau am Niederrhein.

Kamp-Lintforts Bürgermeister Christoph Landscheidt (SPD) wollte dort in der ersten Anhörung des neuen Landesentwicklungsplans die Gelegenheit wahrnehmen, dem Gremium die Ergebnisse eines Gutachtens vorzustellen. Dieses hatten der Kreis Wesel sowie die Kommunen Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn, Alpen und Rheinberg bei Rechtswissenschaftler Martin Kment in Auftrag gegeben. Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass die geplanten Änderungen des Landesentwicklungsplans zur Auskiesung am Niederrhein vor Gericht juristisch anfechtbar seien.

 In Kamp-Lintfort stellten Verwaltungs-Chefs das Ergebnis des Kies-Gutachtens zum neuen Landesentwicklungsplan vor.

In Kamp-Lintfort stellten Verwaltungs-Chefs das Ergebnis des Kies-Gutachtens zum neuen Landesentwicklungsplan vor.

Foto: Anja Katzke

Die Verlängerung des Versorgungszeitraums von 20 auf 25 Jahre entspreche nicht den Anforderungen des Raumordnungsgesetzes. Die Landesregierung habe es versäumt, in eigener Verantwortung zu ermitteln, welchen Bedarf sie eigentlich sichern wolle. Allein mit der Festsetzung des Versorgungszeitraums entziehe sie sich ihrer gesetzlichen Steuerungsaufgabe. „Wir wollen nicht vor Gericht gehen und klagen“, betonte Landrat Ansgar Müller (SPD) am Mittwoch in einer Pressekonferenz im Rathaus von Kamp-Lintfort. Daran nahmen auch die Bürgermeister der vier beteiligten Kommunen, Christoph Landscheidt, Harald Lenßen (CDU), Frank Tatzel (parteilos) und Thomas Ahls (CDU) sowie zahlreiche Mitglieder des Aktionsbündnisses Niederrhein-Appell teil.

Auch die Interessengemeinschaft „Schwalmtal for future“ gehört zu dem Aktionsbündnis Niederrhein-Appell und war deshalb laut Wobine Crisp auch mit drei Vertretern in Kamp-Lintfort gewesen. Die Interessengemeinschaft hat sich Anfang April gegründet. „Zurzeit gehören rund 30 bis 40 Aktive dazu“, sagt Wobine Crisp (65).

Die Ergebnisse des Gutachtens hat Ansgar Müller bereits in der Landespressekonferenz vorgestellt. Die beteiligten Kommunen wollen nun das Gespräch mit NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) suchen. In Pinkwarts Ressort ist der Landesentwicklungsplan angesiedelt. Geplant ist außerdem, mit dem Regionalverband Ruhr (RVR) Kontakt aufzunehmen. „Die Behörde hat die Möglichkeit, im Rahmen des Normenkontrollverfahrens gegen die Änderungen im LEP vorzugehen, wenn sie nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen“, so Müller und Landscheidt. Landscheidt hatte den Anstoß zu der Initiative gegeben. Der RVR habe als Planungsbehörde die Möglichkeit, vor Gericht prüfen zu lassen, ob das Vorhaben rechtlich umzusetzen ist.

In Lüttelforst beobachtet man diese Entwicklungen auf Landesebene mit Spannung. Erst Ende April hatte es eine vielbesuchte Sondersitzung des Planungsausschusses gegeben. Darin ging es um die Pläne der örtlich ansässigen Firma Sanders Tiefbau, auf einer weiteren Fläche in Lüttelforst künftig Kies abzubauen. Das Unternehmen will dort weiterhin Kies, Sand und Ton abbauen und hat dafür beim zuständigen Kreis Viersen einen Standortvorbescheid erfragt. Eine solche Anfrage wird vor einem Antrag gestellt, sie soll klären, ob das Vorhaben Chancen auf eine Genehmigung hat.

Die Firma hat bisher eine Ausgrabungsgenehmigung bis zum Jahr 2020, danach will sie im ersten Abschnitt des neuen Areals graben. Dort, östlich von Lüttelforst, befindet sich zurzeit noch ein Acker.

Und der soll dort – geht es nach Wobine Crisp und ihren Mitstreitern – auch bleiben. Zwar haben die Schwalmtaler Politiker das vorgeschriebene gemeindliche Einvernehmen für eine Sondierungsfläche erteilt. Außerdem wird der Kreis Viersen eine juristische Prüfung veranlassen. Doch Wobine Crisp hofft, dass man den ökologischen Wert der betroffenen Fläche erkennt. „So ein Boden ist nicht wiederherzustellen. Sein Wert wird unterschätzt.“ Eine Fläche, auf der zehn Hektar Mais angebaut wird, würde pro Jahr 400 Tonnen Kohlendioxid ausgleichen.  (in einer früheren Version stand irrtümlich ein Hektar Acker würde 4000 Tonnen Kohlendioxid ausgleichen, die Redaktion) „Darauf zu verzichten, das kann man doch nicht verantworten“, meint die Lüttelforsterin.

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