„Werkstatt Kindeswohl“ in Viersen Neue Ideen für eine bessere Kindheit

Mehr als 200 Frauen und Männer aus ganz verschiedenen Bereichen besuchten die Viersener „Werkstatt Kindeswohl“. Erzählten, wo der Schuh drückt. Und entwickelten eine ziemlich charmante Idee.

 Vier vor vollem Haus: Sabine Rau, Leiterin des Jugendamts, Thomas Gütgens, Vorsitzender Jugendhilfeausschuss, Bürgermeisterin Sabine Anemüller und Beigeordnete Çigdem Bern.

Vier vor vollem Haus: Sabine Rau, Leiterin des Jugendamts, Thomas Gütgens, Vorsitzender Jugendhilfeausschuss, Bürgermeisterin Sabine Anemüller und Beigeordnete Çigdem Bern.

Foto: Martin Röse

Das große Rund im „Forum“ am Rathausmarkt ist schon gefüllt, viele Leute sind bereits auf die Plätze auf der Empore ausgewichen – und noch immer strömen Menschen in den großen Saal. Die Stadt Viersen hat zu einer Konferenz zum Kindeswohl geladen – und mehr als 200 Menschen kommen: vom Polizisten bis zur Kinderärztin, vom Schulsozialarbeiter bis zur Sportvereinsfunktionärin, vom Richter bis zur Betreuerin der Offenen Ganztagsschule. Auch dabei: Mitarbeiter des Jugendamtes und viele Mitglieder des Jugendhilfeausschusses.

Viele Köche sollen angeblich ja den Brei verderben. Nun sind Schulsozialarbeiter, Polizisten, Kinderärzte und Kita-Betreuer keine Köche – und beim Thema Kindeswohl sind viele Mitspieler nötig. Aufs gute Miteinander kommt es an. Genau das war der Grund, alle Beteiligten mal zusammen zu trommeln. Sie sei beeindruckt von der großen Besucherzahl, sagt Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) in ihrer Begrüßung. „Es ist uns ungeheuer wichtig, Sie alle einzubeziehen.“

Erste Erkenntnis im Podium: Viele kennen sich. Von Briefen. Von Telefonaten. Aber nicht persönlich. Das ändert sich in den vier Stunden, auch am Büffet, zubereitet vom Verein Kindertraum, der die Teilhabe behinderter und nicht behinderter Menschen in Schule, Ausbildung und Beruf fördert.

Zweite Erkenntnis: Kindeswohl ist ein weites Feld. Es reicht „von der Schwangerschaft bis zum jungen Erwachsenen“, wie Sozialdezernentin Çigdem Bern ausführt. Natürlich geht’s ums Thema Kindeswohlgefährdung, um frühe Hilfen, aber auch um Kinderarmut, um Teilhabe auch von Mädchen und Jungen mit Behinderungen. Bisweilen steckt der Teufel im Detail. Dass die Stadt Viersen in Verbindung mit NEW, DLRG und Sponsoren einen Schwimmkursus für Mädchen und Jungen im Vorschulalter anbietet, ist gut. „Aber dann stellt sich heraus, dass für das eine oder andere Kind die Anfahrt ein Problem darstellt“, erzählt Sabine Rau, Leiterin des Fachbereichs „Kinder, Jugend und Familie“. Gut, wenn’s da ein Netzwerk gibt, dass das Problem gemeinsam löst.

Dritte Erkenntnis: Manches frustriert. Die Kinderärztin, die einen Verdachtsfall meldet, bekommt keine Rückmeldung – aus Datenschutzgründen. „Außer, wir bitten die Betroffenen darum, die Info weiterzugeben, dass jetzt beispielsweise Hilfen in Anspruch genommen werden“, erklärt Rau. Gute Idee: das standardmäßig mit abzufragen. Das Verständnis für die Beschränkungen der anderen wächst. Wer an der Werkstatt teilnimmt, hat Lust aufs Mannschaftsspiel. „Zu mir sind einige gekommen, die gesagt haben: ,Ich möchte mich gerne einbringen, wo kann ich mitmachen?’“, berichtet Rau.

Fünfte Erkenntnis: Es ist nicht nur Blabla. Bei der Werkstatt entsteht der Plan, eine Art Kinderpass für Mädchen und Jungen in Viersen zu erstellen. Eine Mischung aus diesen Heftchen, die Eltern von den U-Untersuchungen ihrer Kinder kennen und den Baby-Alben, in die die ersten Worte eingetragen werden. Liebevoll gestaltet, als Erinnerung für später an eine schöne Kindheit. In das die Familie besondere Ereignisse eintragen kann (der erste Zahn ist ausgefallen), aber auch Schule, Sportvereine, Ganztagsbetreuung und, bei Bedarf, die Jugendhilfe. Mit allen Dingen, die das Kind schon toll kann („Seepferdchen gemacht!“). Und dem ein oder anderen, wo es etwas mit ein wenig Hilfe toll können wird. Rau: „Die Idee gefällt mir sehr gut.“

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