Kreis Viersen Immer mehr Eltern suchen Rat

Kreis Viersen · Erziehungsberatung boomt. Immer mehr Eltern sind in ihrer Verantwortung verunsichert, suchen Unterstützung. 2006 verzeichnete die katholische Beratungsstelle in Viersen 30 Prozent mehr Anfragen.

 Die Kinderbetreuung in Deutschland ist auf einem guten Weg.

Die Kinderbetreuung in Deutschland ist auf einem guten Weg.

Foto: AP, AP

Trotz, Aufmerksamkeits- und Lernstörungen, schwieriges Sozialverhalten — die Gründe für den Schritt in die Erziehungsberatungsstelle sind vielfältig. Jedes fünfte Schulkind hat Probleme, die erwartete Leistung zu erbringen. Lehrer und Eltern fühlen sich durch mangelnde Bereitschaft zum Einordnen überfordert. Hintergrund der Auffälligkeiten sind oft Familien- und Partnerprobleme (54 Prozent), häufigste Ursache Trennung und Scheidung der Eltern.

523 Kinder und Jugendliche wurden im Vorjahr vorgestellt. Davon kamen 267 aus der Stadt Viersen (51 Prozent) und 256 aus dem Kreisgebiet. Für Landgemeinden schnellte die Statistik hoch: Die Beratung von Familien aus Niederkrüchten nahm um 70 Prozent zu, für Brüggen wurde ein Plus von 40 Prozent, für Nettetal 55 Prozent und Schwalmtal eine Zunahme von 21 Prozent verzeichnet. Probleme gab's offenbar zunehmend schon vor der "Trotzphase": Vermehrt meldeten sich Eltern von Kindern unter drei (elf Jungen, sechs Mädchen). Die Altersgruppe der Neun- bis Zwölfjährigen bleibt am häufigsten vertreten, gefolgt von Zwölf- bis 15-Jährigen. Alleinerziehende brauchen oft besondere Unterstützung: Die Hälfte der Kinder lebte bei einem allein erziehenden Elternteil.

NRW bleib sozial

Die Arbeit wuchs um rund ein Drittel an, doch sie wurde mit dem selben Beschäftigungsumfang wie im Jahr davor geleistet, unterstrich Beratungsstellenleiter Norbert Marcinkowski. Der Psychologe und Familientherapeut freute sich über mehr Planungssicherheit für die weitere Arbeit: Seit Juli ist auch die Arbeit mit der Stadt Viersen vertraglich geregelt. Die vom Land angekündigten Mittelkürzungen um 16 Prozent konnten dank reger Aktivitäten auf die Hälfte begrenzt werden. 1000 Eltern im Kreis Viersen unterschrieben unterstützend die von der Freien Wohlfahrtspflege initiierte Kampagne "NRW bleib sozial".

Weil die fünf Berater, ehrenamtlich unterstützt von einem Kinderarzt, bei gleicher Stundenzahl mehr Aufwand hatten, bleiben Wartezeiten nicht aus. 180 Klienten mussten mehr als einen Monat auf das erste Gespräch warten, 88 (gut ein Viertel) erhielten einen Termin binnen vier Wochen, bei 69 Anfragen gab es einen ersten Termin innerhalb von zwei Wochen.

Neue Herausforderungen bilden die Internet-Beratung und die Mitarbeit im Dülkener Familienzentrum Heesstraße. 14 Familien und Jugendliche klickten bis Jahresende am PC die kostenfreie Online-Beratung an. Im Familienzentrum können Eltern zweimal wöchentlich die offene Sprechstunde aufsuchen. Marcinkowski: "Erste Erfahrungen haben gezeigt, dass unser Angebot sehr gut aufgenommen wird, insbesondere von denen, die sonst die Beratungsstätte nicht aufgesucht hätten."

(RP)
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