Die Gründe sind vielfältig Immer mehr ältere Viersener sind verschuldet

Kreis Viersen · Die Schuldner- und Insolvenzberatung des Caritasverbands Kempen-Viersen ist unverändert stark gefragt — trotz Wirtschaftsboom. Häufig sind es Rentnerinnen, die finanzielle Probleme haben.

 Immer mehr Ältere leiden unter Armut und Überschuldung (Archivbild).

Immer mehr Ältere leiden unter Armut und Überschuldung (Archivbild).

Foto: dpa

Bundesweit gibt es 6,9 Millionen Menschen, die überschuldet sind oder nachhaltige Zahlungsprobleme haben. Viele suchen Hilfe bei einer Schuldner- und Insolvenzberatung. Allein im Kreis Viersen haben im Jahr 2017 1420 Menschen (2016: 1416) den Caritasverband für die Region Kempen-Viersen aufgesucht. Die aktuelle Situation ist ungewöhnlich: Trotz Wirtschaftsbooms und einer gesunkenen Arbeitslosenzahl ist die Beratung unverändert stark gefragt.

Der Verband ist zuständig für Viersen und die Gemeinden Brüggen, Schwalmtal und Niederkrüchten, vier Mitarbeiter beraten Betroffene, Angehörige oder Betreuer. "Die Zahl unserer Klienten war 2017 auf dem Vorjahresniveau", sagt Gundi Bachem, Beraterin in Viersen. Dies gelte mit 239 Anfragen auch für die Zahl der Insolvenzberatungen. 445 Menschen kamen neu hinzu, auffallend dabei: Immer mehr Ältere leiden unter Armut und Überschuldung.

Die Gründe sind vielfältig: der Tod des Ehepartners und verringerte Rente, dazu Kosten für Pflege oder Altenheim. "Wir stellen fest, dass der Unterschied zwischen Einkommen und Rente sehr groß geworden ist", so Bachem. "Denn Kredite sind oft aus der Zeit, als noch ein Einkommen da war. Allein mit der Rente wird es schwieriger, die anstehenden Raten abzuzahlen." Wenn ein Partner sterbe und die Rente nochmals sinke, könne es problematisch werden.

Alleinstehende seien daher häufiger in Not, darunter häufig Witwen, die nicht vollständig erwerbstätig waren. Wenn diese Frauen in Nebenjobs tätig waren und der Mann der Hauptverdiener, breche schnell ein großer Rentenanteil weg, der von der Witwenrente nicht aufgefangen werde. Ein großes Manko: "Viele kümmern sich nicht um die Zeit als Rentner, machen keine Beratung, um Versorgungslücken aufzudecken", so Bachem. Dies gelte für die Jugend wie auch für die nächste Rentengeneration: "Gerade die 50- bis 60-Jährigen haben ein niedriges Rentenniveau, haben keine zusätzlichen Absicherungen."

Im Rückblick auf 2017 hat die Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas Betroffene zwischen 17 und 90 Jahren beraten - kostenlos. In einem Fall hatten die Eltern Schulden auf den Namen ihres Sohnes gemacht - kein Einzelfall. "Wenn die Mutter unter ihrem Namen nichts mehr bestellen kann, läuft die Bestellung der dringend benötigten Waschmaschine auf das Kind", so Elisabeth Mannkertz. Dies geschehe oft im Einverständnis mit den Kindern, doch auch ohne deren Wissen.

Neu ist diese Entwicklung: "Es sind immer mehr Angehörige, die den Weg in die Beratung gehen", weiß Mankertz. "Oftmals sind es die Kinder, die etwa bei Krankheit eines Elternteils Einblick in die finanzielle Notlage erhalten und dann Hilfe suchen."

Eine Herausforderung bei der Beratung Älterer sei - neben der oftmals eingeschränkten Mobilität und der Hausbesuche - ein sensibler Umgang. "Gerade Ältere empfinden häufig Scham, sie wollen sich ihre finanziellen Probleme nicht eingestehen", sagt Mankertz. Da sei viel Einfühlungsvermögen gefragt. "Eine Hilfe zur Selbsthilfe ist dann schwierig", sagt Gundi Bachem. "Betroffene im Rentenalter haben häufig keinen Bezug zu Online-Korrespondenz, da helfen wir dann beim Schriftwechsel mit Banken." Oft gehe die Leistung über die Schuldnerberatung hinaus.

Am Dienstag, 5. Juni, um 18.30 Uhr bietet die Caritas bei der bundesweiten "Aktionswoche der Schuldnerberatung" eine Info-Veranstaltung an. Unter dem Titel "Weg mit den Schulden" sprechen Elisabeth Mankertz und Gundi Bachem im Viersener Bistro der Caritas, Heierstraße 17, über Vollstreckungsmöglichkeiten und -schutz sowie Insolvenzverfahren; Beide beantworten Fragen. Telefonisch erreichbar sind Berater unter 02162 93893565 (Viersen) unter 02162 1022972 (Dülken) und unter 02163 459836 (Schwalmtal-Waldniel), online: www.caritas-viersen.de.

(eva)
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