Brüggen Hochkarätige Kunst zum Auftakt

Brüggen · Bei der Eröffnung des fünften Literaturherbstes am Wochenende in Brüggen blieb kein einziger Platz frei.

Anspannung nicht nur bei den Gästen: Am Freitag startete in Brüggen der fünfte Literaturherbst.

Foto: Busch

"Wer wird den Quatsch wohl mitmachen?" fragte sich die Brüggener Autorin Ellen Roemer vor acht Jahren, als sie den ersten Brüggener Literaturherbst ins Leben rief. Am Freitag, zur Eröffnung des fünften Literaturherbstes, war sie "außer mir vor Freude", dass in ihrem Forum Vitale kein Platz frei blieb. Sie hatte diesmal gemeinsam mit der Gemeinde Brüggen und dem Geest-Verlag eine Anthologie, eine Auswahl von Texten zum Thema "Und niemand glaubt an mich!?" herausgegeben. Dazu hat sie mehr als 3000 Seiten gelesen.

Gedichte, Erzählungen oder Essays zu dem Thema von 109 Autoren aus allen Gegenden Deutschlands und sogar aus Wien, davon viele Träger renommierter Literaturpreise, hat sie ausgewählt und auf rund 500 Seiten zusammengestellt. Gerne waren die Autoren nach Brüggen gekommen, um aus ihren Werken vorzulesen. Musikalisch-melancholisch stimmten Markus Fegers und Herbert Hähnel vom Jimmy-van-Heusen-Trio die Gäste auf dieses ernste Thema ein.

Dass Literatur ernst sein sollte und nicht - wie heute gerne gefragt - heiter-unterhaltend, betonte Alfred Büngen, Leiter des Geest-Verlages und Moderator des Literaturherbstes. Er freute sich, eine so hochkarätige Anthologie vorstellen zu dürfen. Bürgermeister Frank Gellen dankte den Organisatoren dieser Veranstaltung - Ellen Roemer sowie Edith Feikes von der Gemeindebücherei und Judith Zybell vom Kulturamt. Angesichts des vollen Hauses meinte er, dass Brüggen nicht nur die Burg sei, sondern "die Summe des Engagements seiner Bürger". Ob alt oder jung - die zwölf Autoren, die ihre Texte aus der Anthologie vortrugen, zogen oft die aktuellen sozialen Auseinandersetzungen heran, ängstliche junge Frauen, schüchterne Kinder, aber auch flüchtende Soldaten. "Was geschieht mit unseren Träumen?" fragte Bettina Mews, "Bin ich schuld am Suizid meiner Nachbarin?" ließ Olaf Bröcker seine Hauptperson zweifeln. "Mama, warum glaubst du nicht an mich?" seufzte bei Antonia Uptmoor das kleine Mädchen, während Hannelore Furch sich über das Programm des Arbeitsamtes für Arbeitslose aufregte. Viele ältere Zuhörer dachten an ihre eigene Kindheit, als Alexandra Hobbold von Fliegeralarm und Schutzsuchenden erzählte. Der Versuch von Marlies Blauth, mit einem Reihenhaus klar zu kommen, ließ viele schmunzeln. Mit dem Gedicht "Und niemand glaubt an mich" von Maren Wegmann hatte Ellen Roemer die Diskussion zum Thema dieses 5. Literaturherbstes ausgelöst. Die Verachtung der eigenen Schönheit griff Dirk Röse auf, Artur Nickel wandelte "mutlos" ab in "Mut und Los (Schicksal)" und "Mut - los, auf geht's". Der Saxophonist Markus Fegers erzählte von einem besonderen Geburtstagsbesuch eines Mannes bei seiner Ex, Joachim Schlichte setzte Seele und Pupille gleich: Sie sind beides schwarze Löcher. Für einen geisterhaften Abschluss sorgte Kirsten Wilczek mit ihrer stimmungsvollen Geschichte der grauen Dame am Meer.

Alle Autoren hatten ein absolut aufmerksames Publikum, kein Räuspern, kein Wort und kein Handyklingeln störten die Andacht, die in dem stilvollen Raum herrschte. Viele Gäste waren sich einig, dass sie auch die folgenden Veranstaltungen besuchen wollen.

(flo)