Engagement in Niederkrüchten und Schwalmtal Hilfe aus dem Grenzland für Ukrainer

Niederkrüchten/Schwalmtal · Am Sonntag noch eine Idee, doch am Freitag waren kiloweise Kleider, Fertignahrung, Tierfutter und medizinisches Verbrauchsmaterial gesammelt. So engagieren sich  Niederkrüchtener und Schwalmtaler für Menschen in der Ukraine.

 Bernhard Jansen hat einen Hilfstransport für die Ukraine organisiert; mit seiner Lebensgefährtin Gabriela Liß und weiteren helferinnen hat er am Freitag alles gepackt, am Abend will er abfahren.

Bernhard Jansen hat einen Hilfstransport für die Ukraine organisiert; mit seiner Lebensgefährtin Gabriela Liß und weiteren helferinnen hat er am Freitag alles gepackt, am Abend will er abfahren.

Foto: Daniela Buschkamp/Daniela Bushkamp

Vor dem Wohnhaus von Gabriela Liß (60) in Niederkrüchten-Gützenrath sieht es nach einem Umzug aus:  Vor dem Eingang wurden zahlreiche Kartons übereinander gestapelt, stehen zahlreiche Plastiksäcke nebeneinander. Doch Liß zieht nicht um, auch wenn ein weißer Transporter mit geöffneten Türen bereitsteht: Sie hat mit ihrem Lebensgefährten Bernd Jansen (63) aus Schwalmtal-Waldniel eine Sammelaktion für die Menschen in der umkämpften Ukraine initiiert.

„Als wir am Sonntag die Bilder im Fernsehen sahen, war uns klar: Wir müssen etwas tun“, schildert Jansen. Er ist Rentner, noch als  Haustechniker im Hausarztzentrum Brüggen tätig und sei vor zwei Jahren schwer krank gewesen, seine Lebensgefährtin vor drei Jahren: „Damals haben wir viel Hilfe erfahren. Dies wollen wir jetzt zurückgeben.“ Und die aus Polen stammende Gabriela Liß schildert, dass sie selbst früher Spenden aus Deutschland erhalten habe: Eine Frau habe ihr sogar ihr Hochzeitskleid überlassen.

Dass Hilfe für Menschen in der Ukraine unverzichtbar ist, kann ihre Freundin Violeta Till bestätigen: Sie sei vor kurzen in Polen gewesen, habe dabei geholfen, eine geflüchtete Mutter mit ihrem Kind  privat unterzubringen. Auch wenn in Polen viel für die vor dem Krieg Flüchtenden getan werde, fehle es in der Ukraine an vielem, etwa an Hygieneartikeln, schildert Till. Sie und ihre Familie wollten ebenfalls helfen: Ihre Enkelin Nele Brockes (9) hätte deshalb ihre Klassenkameraden in der Grundschule um Spenden gebeten, mit einer überwältigenden Resonanz. Noch am Freitag seien Mütter mit Kleidung für Kinder in Niederkrüchten-Gützenrath vorbeikommen und hätten diese abgegeben, darunter auch die Klassenlehrerin von Nele.

 Violeta Till trägt einen Karton in den Hänger.

Violeta Till trägt einen Karton in den Hänger.

Foto: Daniela Buschkamp/Daniela Bushkamp

Zwischen 1,5 und 1,7 Tonnen an unterschiedlichen Gütern haben Jensen, Liß, Till und Jensens Tochter Anna innerhalb weniger Tage zusammengetragen oder gekauft. In den vergangenen drei Tagen seien  Spenden abgeholt, sortiert sowie in  Kartons und Säcke gepackt worden. Noch am Freitagmorgen habe er Spenden abgeholt.

„Wir haben hauptsächlich Kleidung für Kinder, Fertignahrung für Babys und Erwachsene“, schildert Jensen. Was ihm zudem ein Anliegen war: die Tiere nicht zu vergessen: „Ich habe bei ,Fressnapf‘ in Brüggen und Schwalmtal nach Spenden gefragt, insgesamt 260 Kilogramm Futter für Hunde und Katzen erhalten“, sagt der 63-Jährige. Zudem habe sein Arbeitgeber medizinisches Verbrauchsmaterial wie Spritzen, Desinfektionsmittel und Einweghandschuhe zur Verfügung gestellt; dazu den Transporter für die Fahrt. Die Tankstelle Gisbertz habe ihm kostenfrei einen 1,5-Tonnen-Hänger überlassen und ihn mit Sprit unterstützt, nennt Jensen einige Beispiele für die grenzenlose Hilfsbereitschaft der Menschen in Schwalmtal und Niederkrüchten. Mitarbeiter der Lebenshilfe in Viersen, bei der Anna Jensen beschäftigt ist, hätten Geld für Powerbanks gespendet, auch andere Nachbarn hätten mit Geld geholfen und auch Schwalmtals Bürgermeister Andreas Gisbertz (CDU)  habe ihm nicht nur beste Wünsche mit auf die Fahrt gegeben, sondern auch Unterstützung versprochen, wenn nötig.

 Mahr als 1,5 Tonnen Güter wurden gesammelt.

Mahr als 1,5 Tonnen Güter wurden gesammelt.

Foto: Daniela Buschkamp

„Wir hätten nie damit gerechnet, dass uns so viele Menschen unterstützen“, sagt Gabriela Liß. Und auch Bernhard Jensen ist überwältigt: „Nach meinem Aufruf in den sozialen Netzwerken stand mein Telefon nicht mehr still, ich erhielt eine Nachricht nach der nächsten“, schildert er.  Rund 300 Menschen hätten die Aktion bisher mit Sach- ud Geldspenden unterstützt. Allein hätte er dieses Spendenaufkommen überhaupt nicht bewältigen können.

Am Freitagabend startet der Waldnieler ins rund 540 Kilometer entfernte Erfurt/Thüringen. Dort wird er die im Grenzland gesammelten Güter an den Verein „Ukrainische Landsleute“ zu übergeben. Zu ihm habe ebenso wie zu Stadtverwaltung Thüringen Kontakt aufgenommen; beide gemeinsam organisieren in der kommenden Woche wieder einen Hilfstransport in die Ukraine; gerade eben sei erst einer auf die die reise gegangen.

Für die Helfer aus dem Grenzland ist jetzt klar: „Das war nicht unsere letzte Aktion. Wir machen weiter“, sagt der 63-Jährige. Die Spendebereitschaft habe ihn begeistert. Und dann will der Waldnieler nicht nur nach Thüringen fahren, sondern noch weiter – er will die dann gesammelten  Spenden selbst in die Ukraine bringen.  Der notwendige Lkw-Führerschein sei vorhanden, sagt Jensen. Schließlich sei er früher selbst  Brummi gefahren.

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