Viersen 13 Stolpersteine für Süchteln
Die Initiative „Stolpersteine in Viersen“ hat einen Termin mit dem Künstler Gunter Demnig in Süchteln vereinbart. Die Mitglieder setzen sich weiter dafür ein, dass noch mehr Gedenktafeln in der Stadt verlegt werden
Zuerst packt Künstler Gunter Demnig auf dem Lindenplatz sein Werkzeug aus, dann zieht er weiter zur Hindenburgstraße und zur Grefrather Straße: 13 Stolpersteine wird er voraussichtlich am 5. Dezember in Süchteln verlegen. Für 14.30 Uhr habe er seinen Besuch angekündigt, teilt die Initiative „Stolpersteine in Viersen – ohne Wenn und Aber“ mit. Doch das soll nur der Auftakt sein: Die Initiative hofft, bei dem Künstler bald 14 weitere kleine Gedenktafeln in Auftrag geben zu können.
Für den Berliner Demnig, der sein Atelier in Köln hat, sind die Stolpersteine ein Kunstprojekt. Sie sollen an das Schicksal der Opfer des NS-Regimes erinnern – möglichst vor ihren letzten selbst gewählten Wohnorten. Auf dem Lindenplatz wird Demnig vier Gedenktafeln in den Boden einlassen, eine vor einem Wohnhaus an der Grefrather Straße. Acht Stolpersteine sollen vor der evangelischen Kirche an der Hindenburgstraße verlegt werden. Die evangelische Kirchengemeinde habe diese Fläche neben den ehemaligen Gebetsräumen der jüdischen Gemeinde zur Verfügung gestellt, informiert die Initiative Stolpersteine für Viersen. Denn für die deportierten jüdischen Mitbürger, für die an dieser Stelle ein Stolperstein verlegt werden soll, habe der letzte Wohnsitz in Süchteln wegen lückenhafter Meldeunterlagen nicht ermittelt werden können.
Uwe Micha, Sprecher der Initiative, betont: „Ich möchte nicht, dass die Verlegung eine reine Trauerfeier wird, obwohl der Anlass natürlich sehr traurig ist. Ich möchte damit auch an das ,lebendige’ jüdische Leben in Süchteln erinnern, welches heute nicht mehr existent ist.“ Es solle ehemaliger Nachbarn, Freunde, Vereinskameraden, Arbeitskollegen gedacht werden. Für 14 Uhr hat die Initiative das Trio Bernshteyn aus Grefrath auf den Lindenplatz eingeladen, um einige Stücke Klezmer-Musik zu spielen.
Mit Spannung erwartet die Initiative die für Dienstag, 11. September, geplante Sondersitzung des Rates der Stadt Viersen. 5845 gültige Unterschriften hatten die Mitglieder innerhalb von drei Monaten für ihr Bürgerbegehren gesammelt und so dafür gesorgt, dass sich die Ratsmitglieder wieder mit dem Thema Stolpersteine auseinandersetzen müssen. In einer Sitzung im April hatten die Politiker mit knapper Mehrheit beschlossen, dass weiterhin Stolpersteine nur dann im öffentlichen Raum vor Häusern verlegt werden dürfen, wenn die Eigentümer zustimmen. Die Initiative um Uwe Micha will dafür sorgen, dass der Beschluss gekippt wird. Bleibt der Rat bei seiner Entscheidung, kommt es zum Bürgerentscheid. Dann können die wahlberechtigten Viersener abstimmen.
„Für Süchteln sind mindestens noch 14 weitere Stolpersteine zu verlegen“, sagt Micha. „Wir würden gerne bei der Verlegung im Dezember mitteilen können, dass alle weiteren Stolpersteine in Süchteln platziert werden können. Bisher ist das in einzelnen Fällen wegen der Einsprüche der Hauseigentümer nicht möglich,“ ergänzt er. Der Süchtelner ruft Unterstützer auf, „durch ihre Anwesenheit bei der Ratssitzung noch einmal den Willen der Viersener Bürger zu dokumentieren“.
Für Viersens Alt-Bürgermeister Günter Thönnessen ist die Ratsentscheidung auch ein politisches Signal: „Wer nach den Ereignissen von Chemnitz immer noch meint, man käme um eine aktive Positionierung herum, dem sei gesagt: Stolpersteine sind auch ein Zeichen gegen Ausgrenzung, Verfolgung und Rassismus.“