Viersen Grundschüler lernen mittelalterliche Manieren

Viersen · "Wohlan, die Herren begrüßen die Damen", sagt Jirka Bükow, woraufhin eine Reihe Viertklässler einen Knicks vor den gegenüberstehenden Mitschülerinnen macht. Ein ungewöhnlicher Anblick in der Turnhalle der Körnerschule. Für die "angehenden Ritter und Damen" ist das allerdings nichts Neues.

 Jirka Bükow zeigt diesen Mädchen, wie man sich im Mittelalter richtig fallen ließ, ohne sich im Kampf den Kopf zu verletzen.

Jirka Bükow zeigt diesen Mädchen, wie man sich im Mittelalter richtig fallen ließ, ohne sich im Kampf den Kopf zu verletzen.

Foto: BUSCH

Denn Bükow ist mit seinem Projekt "Historische Manier- und Benimmkunde" nicht zum ersten Mal hier. In vier Trainingseinheiten à 90 Minuten bringt der 40-Jährige allen vierten Klassen der Viersener Grundschule die höfische Haltungsschule des Mittelalters näher. Dazu gehören zum Beispiel Körperhaltung, Bewegungslehre, sowie Tanz -und Speiskultur. Heute steht Leibesertüchtigung auf dem Plan.

Richtiges Fallen lernen

Spielerisch lernen die Kinder, wie man sich richtig fallen lässt, ohne mit dem Kopf aufzuschlagen, oder sich vor einem Angriff mit der Lanze schützt. Aufgeregt schreiend und offensichtlich begeistert rennt eine ganze Klasse durch die Halle, um sich gemeinsam vor Schaumstoffbällen, in der Vorstellung natürlich Kanonenkugeln, oder Jirka Bükow mit seiner Kunststofflanze in Sicherheit zu bringen. "Turnen" können bedeutete im gefährlichen Mittelalter aus gutem Grund, "überleben" zu können. "Die Manier- und Körperschule lehrt nicht nur die richtige Haltung, sondern sensibilisiert auch für Rücksicht, Umsicht und Respekt gegenüber anderen", erklärt Bükow. Das Miteinander ist es, was hier studiert wird, nicht das Gegeneinander. Kommt jemand zu Fall, helfen die Schüler sich gegenseitig auf. Sie ziehen sich selbst und ihre Freunde mit schnellen Bewegungen aus der Gefahrenzone. Und das macht scheinbar sehr großen Spaß. Eingerollt wie Igel schielen sie neugierig nach der gefürchteten Lanze, um im letzten Moment selbst gekonnt aufzuspringen oder sich retten zu lassen.

Die Gewaltprävention geschieht hier durch gefühlsmäßiges und körperliches Training, also durch Selbstdisziplin und Selbstverteidigung. "Je besser ich mich bewegen kann, desto leichter kann ich mich auch schützen und Verletzungen und der damit einhergehenden Wut vorbeugen", weiß der Trainer. Sein Projekt wird aus dem Förderprogramm für die Viersener Südstadt finanziert und von der Gesellschaft für Gewaltprävention, "Feste Hand", in Viersen unterstützt.

Weiter geht's: Während die Jungen Matten für die nächste Übung durch die Halle schleppen, begeben sich die Mädchen "maßvoll auf die Bank", dem Ruhepol oder auch "Kloster", wo sie gespannt das Geschehen beobachten. Einige auffallend gerade sitzend. Stolz grinsend verraten sie, was sie gelernt haben: "Echte Damen lehnen sich nicht an!"

(RP)
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