Grüne im Kreis Viersen „Bis Ende des Jahres sollen alle Verwaltungsleistungen digital zugänglich sein“

Kreis Viersen · Die Grünen stimmten für den Kreishaushalt 2022. Der Fraktionsvorsitzende Jürgen Heinen sagt: „Im Zusammenwirken mit den kreisangehörigen Kommunen liegt in der Kreisverwaltung erhebliches Potenzial für erfolgreichen Klimaschutz.“

 Jürgen Heinen ist Fraktionsvorsitzender von Bündnis90/Die Grünen im Viersener Kreistag.

Jürgen Heinen ist Fraktionsvorsitzender von Bündnis90/Die Grünen im Viersener Kreistag.

Foto: B90/Die grünen/B 90/Die grünen

Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,sehr geehrte Damen und Herren,nicht nur die aktuellen beängstigenden Entwicklungen, sondern die letzten Jahre insgesamt machen es mehr als deutlich: Die Zukunft erscheint zunehmend schwerer voraussagbar und planbar – darauf muss sich Politik und insbesondere auch Verwaltung einstellen. Wahrscheinlicher als eine Rückkehr zum Normalzustand vor dem Krieg in Europa und Corona ist in Zukunft ein konstantes Auf und Ab – der Krisenmodus könnte sich verstetigen. Zumal alles mittlerweile derart vernetzt ist, dass Krisen durch Dominoeffekte schnell enorme Ausmaße annehmen.

Für uns Grüne ist daher eine Maßgabe unseres Handelns: In unsicheren Zeiten gilt es, ein höchstmögliches Maß an Sicherheit zu schaffen. Vom Bund und Land bis hin zur kleinen kommunalen Ebene sind wir alle in der Pflicht, vielfältige Risiken einzukalkulieren, vorausschauend zu planen und uns auf Unvorhergesehenes einzustellen. Hier eingepreist sind dann letztendlich noch nicht die Herausforderungen, die sich durch den Klimawandel und die damit verbundenen Naturkatastrophen ergeben. Diesen Herausforderungen muss unserer Ansicht nach ein Kreishaushalt Rechnung tragen, damit wir diesem zustimmen können.

Daher müssen wir uns im Detail ansehen, mit welchen Projekten und Maßnahmen die Kreisverwaltung sich auf den Weg macht, diese vielfältigen, zum Teil schwer kalkulierbaren Aufgaben zu meistern. Lassen Sie mich dazu beispielhaft die wichtigsten Punkte aufgreifen.

Ich beginne mit dem Thema Bevölkerungsschutz. Die letzten Jahre haben unmissverständlich deutlich gemacht, dass das kommunale Krisenmanagement immer wichtiger für unsere Kreisverwaltung wird, denn Katastrophen und Unvorhergesehenes treten immer verstärkter ein. Der Landrat hat daher schon vor zwei Jahren die Thematik aufgegriffen und die Umsetzung eines Zentrums für Bevölkerungsschutz in die Diskussion gebracht. Hier ist es unseres Erachtens geboten, mit genügend Tempo in die Umsetzung zu kommen. Von daher ist unsere Fraktion erfreut, dass bereits Planungsmittel und ein möglicher Grundstückskauf einkalkuliert sind. Wir erwarten mit Spannung die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie, sehen aber im Grunde keine Alternative zur Einrichtung.

Eine weitere essenzielle Zukunftsaufgabe ist und bleibt der Klimaschutz. Der kommunalen Ebene kommt eine herausragende Rolle für das Erreichen unserer Klimaschutzziele zu. Eine Sonderrolle innerhalb der kommunalen Familie aus Städten und Gemeinden nimmt die Kreisverwaltung ein. Im Zusammenwirken mit den kreisangehörigen Kommunen liegt in der Kreisverwaltung erhebliches Potenzial für erfolgreichen Klimaschutz. Dieses Potenzial möchte auch der Landrat heben. Es zeigt sich, dass der Kreis den Klimaschutz auf regionaler Ebene voranbringt, da er als Initiator, Motivator und Moderator für Kommunen wirkt, und insbesondere unsere Gemeinden profitieren von der Unterstützung des Kreises. Der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist es wichtig, die Kreisverwaltung auf diesem Wege zu bestärken und dafür zu werben, beim Thema Klimaschutz noch intensiver mit den Kommunen zusammenzuarbeiten. Dadurch können wir unserer Ansicht nach das Tempo beim Klimaschutz erhöhen und notwendige Investitionen auslösen. Auch der Kreis macht sich auf dem Weg und nimmt Geld in die Hand, um notwendige Maßnahmen auf dem Weg in die Klimaneutralität umzusetzen. Dies ist für uns an dieser Stelle nur ein erster Schritt und wird in den nächsten Jahren weiter ausgebaut werden müssen. In diesem Zusammenhang müssen wir uns immer wieder vergegenwärtigen, dass die Folgen des Klimawandels für die kommenden Jahrzehnte und Jahrhunderte zwar durch große Anstrengungen beim Klimaschutz gemindert werden können, der Klimawandel mit steigenden Temperaturen, Anstieg des Meeresspiegels und allen damit verbundenen Folgen jedoch nicht mehr zu verhindern ist.

Daher wird ebenso das Thema Klimafolgenanpassung ein essenzieller Baustein für einen zukunftsorientierten Kreis Viersen sein müssen. Extreme Wetterereignisse wie Starkregen, Hitze- oder Dürreperioden nehmen in Anzahl und Intensität zu. Für unseren Kreis gilt es daher, frühzeitig gezielte Maßnahmen zur Klimaanpassung zu treffen. Dies ist in einigen Fällen bereits geschehen, aber auch hier werden noch erheblich größere Anstrengungen von Nöten sein.

Erhebliche Anstrengungen sind unserer Ansicht nach noch im Bereich der Digitalisierung nötig. Die letzten beiden Jahre waren in vielen Fällen eine Triebfeder für die digitale Entwicklung: Flächendeckende Ausstattung mit mobilen Endgeräten, Arbeiten im Homeoffice, Sitzungen werden per Videokonferenz abgehalten. Dabei erkennen wir auch, dass nach dem ersten Schub die Digitalisierung der Kommunen vor immensen Herausforderungen steht. Bis Ende dieses Jahres sollen alle Verwaltungsleistungen digital zugänglich sein. Hier scheint die Aufgabe für Kreis und Kommunen noch unüberwindbar. Allein In Anbetracht des sich hieraus ergebenen Aufwands bei der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen wird klar: Die Digitalisierung ist eine Mammutaufgabe! An dieser Stelle hat sich auch die Kreisverwaltung mit ihrer Digitalisierungsstrategie auf den Weg gemacht. Diesen Weg werden wir aktiv begleiten und wünschen uns hier mutige Projekte, sowohl vom Kreis als auch von den Kommunen.

Meine Damen und Herren, meine letzte Haushaltsrede von vor fast genau einem Jahr endete mit dem Zitat aus der Antrittsrede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeiner: „Mut ist das Lebenselixier der Demokratie.“ Ein weiteres Pandemie-Jahr später möchte ich meine Haushaltsrede ergänzen um den Satz: „Und Vertrauen ist die Basis allen politischen Handelns.“ Aber aktuelle Erhebungen zeichnen in Bezug auf das Vertrauen der Menschen in unsere politischen Institutionen keine hoffnungsfrohen Bilder. Fast alle politischen Institutionen, vom Bundespräsidenten bis zur Gemeindevertretung, erleiden einen Vertrauensverlust.

Und wenn Vertrauen nun die Basis allen politischen Handelns ist, muss dies auch für uns alle hier Konsequenzen haben. Noch nie habe ich in meinem über 40-jährigen politischen Ehrenamt so oft das Wort „Staatsversagen“ gehört – wie in den letzten zwölf Monaten. Ja, die Pandemie mit ihrem immerwährenden Krisenmodus hat uns alle aufgezehrt. Die Bürgerinnen und Bürger, die Verwaltungen und nicht zuletzt unser kommunalpolitisches System. Dieses lebt eben in erheblichen Teilen vom öffentlichen Diskurs, der öffentlichen Beratung und dem gemeinsamen Ringen um die besten Entscheidungen. Dies alles über diese lange Zeit in den digitalen Raum zu verlagern, hat Konsequenzen. Auch wenn wir im letzten Sommer durchatmen konnten, sind besonders die entscheidenden Haushaltsberatungen in digitaler Form den Umständen entsprechend immer nur eindimensional und bleiben daher meiner Meinung nach nur das zweitbeste Mittel der Wahl. Dies sage ich an dieser Stelle mit aller Deutlichkeit, auch vor dem Hintergrund, dass meine Fraktion die digitale Transformation in der Kreisverwaltung hoch priorisiert.

Wie also gehen wir um mit dem Vertrauensverlust in unsere politischen Institutionen? Die Herausforderungen im Zuge der Ukraine-Krise, die Corona-Pandemie, und nicht zu vergessen die Unwetterkatastrophe vom Juli 2021 haben deutlich gemacht, was die Bürgerinnen und Bürger von ihren Vertreterinnen und Vertretern erwarten: Integrität, transparente Beteiligungs- und Entscheidungsverfahren, eine selbstkritische Fehlerkultur und einen Interessenausgleich zum Wohle der Allgemeinheit.

Meine Damen und Herren, die Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen bedankt sich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreisverwaltung für die stets vertrauensvolle Zusammenarbeit. Herrn Heil und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kämmerei danken wir für die Aufstellung des vorliegenden Haushaltsentwurfs.

In diesem Haushalt sehen wir die konsequente Fortsetzung einer stabilen, zukunftsorientierten und auf Langfristigkeit angelegten Politik, die damit einen Vertrauensanker bildet. Unserer Ansicht nach trägt der Haushalt 2022 somit dem Verlangen nach Verlässlichkeit und Vertrauen Rechnung. Wir stimmen daher dem vorliegenden Haushaltsplan zu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Der Autor ist Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

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