Feuer in Viersen Staatsanwalt: „Das war versuchter Mord“

Viersen · Ein 35-jähriger Süchtelner setzte seine Wohnung in einem zweistöckigen Haus in Brand. Die Polizei geht davon aus: um seinen gehbehinderten Nachbarn zu töten. Guido Nölkes war zufällig in der Nähe und rettete dem Mann das Leben.

Brand in Viersen-Süchteln – Ersthelfer rettet behindertem Bewohner das Leben
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Brand in Süchteln – Ersthelfer rettet behindertem Bewohner das Leben

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Foto: Günter Jungmann

Nach dem Brand eines Wohn- und Geschäftshauses an der Hochstraße in Viersen-Süchteln ermittelt die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung gegen einen 35-jährigen Hausbewohner. Der Mann befinde sich auf der Flucht, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mit. Er soll das Feuer gezielt in seiner Dachgeschosswohnung gelegt haben. Die Fahndung nach dem 35-Jährigen läuft. „Er ist zur Festnahme ausgeschrieben“, erklärte der Sprecher. Die Polizei Mönchengladbach bildete am Freitag als Kriminalhauptstelle gemeinsam mit der Polizei Viersen eine Mordkommission.

 Als die Feuerwehr eintraf, schlugen Flammen aus den geborstenen Fenstern.

Als die Feuerwehr eintraf, schlugen Flammen aus den geborstenen Fenstern.

Foto: Günter Jungmann

Am Donnerstagabend war das Wohn- und Geschäftshaus in Brand geraten. Dabei wurde ein gehbehinderter 58-jähriger Mann verletzt und zur Vorsorge ins Krankenhaus gebracht. Er hatte eine Rauchgasvergiftung erlitten. Die Feuerwehr war mit einem Großaufgebot vor Ort. Mehr als 60 haupt- und ehrenamtliche Wehrleute waren im Einsatz. Rund 20 Ehrenamtler besetzten ihre Wache und sorgten zusätzlich für den sogenannten Grundschutz.

Es waren zwei Feuerwehrleute in ihrer Freizeit, die dem 58-Jährigen wohl das Leben gerettet haben. „Wir saßen einige Häuser weiter im Piano, als die Leute sagten ,Da drüben brennt’s“, berichtet Guido Nölkes. Der erfahrene Feuerwehrmann – seit mehr als 30 Jahren ist er Beamter – sah die massive Rauchsäule, die aus der Dachgeschosswohnung zog, alarmierte die Kollegen in der Leitstelle und klingelte an allen Schellen des Drei-Parteien-Hauses. „Als niemand öffnete, habe ich die Tür aufgetreten“, berichtet der 53-Jährige. Nölkes lief ins Haus, fand im Dachgeschoss hinter einer offenen Wohnungstür den gehbehinderten Mann im beißenden Rauch. „Er saß da mitten im Feuer.“ Gemeinsam schafften sie es nach draußen, bevor die hölzernen Zwischendecken einstürzten. „Eine oder zwei Minuten später – und der Mann wäre verstorben“, sagt Nölkes. Ein Rettungswagen bringt den Gehbehinderten mit einer Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus.

 „Als keiner öffnete, habe ich die Tür aufgetreten.“ Guido Nölkes (53) war zufällig in der Nähe und holte den gehbehinderten Bewohner aus dem brennenden Dachgeschoss.

„Als keiner öffnete, habe ich die Tür aufgetreten.“ Guido Nölkes (53) war zufällig in der Nähe und holte den gehbehinderten Bewohner aus dem brennenden Dachgeschoss.

Foto: Martin Röse

Die Leitstelle entsendet die Kräfte der hauptamtlichen Wache, den Löschzug Süchteln einschließlich der Löschgruppe Hagenbroich, die Einsatzleitwagen-Gruppe und Kräfte des Rettungsdienstes aus Viersen und Tönisvorst zur Brandstelle.

Beim Eintreffen der Einsatzkräfte steht das Dachgeschoss bereits in hellen Flammen. Zwei Trupps unter Atemschutz suchen im Gebäude nach weiteren Menschen. Der Verdacht, dass sich noch ein Bewohner im Haus befindet, bestätigt sich nicht. Der zunächst als vermisst geltende Mann hatte das Haus ebenfalls bereits verlassen. „Vor Ort wurde von diesen Feuerwehrmännern festgestellt, dass der Hauptbrandherd in der Wohnung des späteren Tatverdächtigen lag“, erklärt später ein Polizeisprecher.

 Der gerettete Bewohner wurde vom Rettungsdienst ins Krankenhaus gebracht.

Der gerettete Bewohner wurde vom Rettungsdienst ins Krankenhaus gebracht.

Foto: Günter Jungmann

Die Feuerwehr löscht sowohl von der Hochstraße aus mit Unterstützung durch zwei Drehleitern als auch vom Innenhof her. Zugang bekommt sie durch ein Haus am Westring. Um ausreichend Wehrleute zur Verfügung zu haben, die unter Atemschutz arbeiten können, wird der Löschzug Viersen nachalarmiert. Auch Kräfte aus Dülken werden hinzugezogen. Die Arbeit der Wehr konzentriert sich zunächst darauf, ein Übergreifen der Flammen auf die Nachbarhäuser zu verhindern.

Die Löscharbeiten gestalten sich sehr schwierig, weil das Feuer unter dem Dach nur mühsam zu erreichen ist und immer wieder neu aufflammt. Etwa eine Stunde nach dem Alarm stürzen im Haus erste Zwischendecken ein, was die Bekämpfung des Brandes zusätzlich erschwert.

Die Polizei, die mit zahlreichen Kräften am Ort ist, sperrt zunächst die Verbindung Düsseldorfer Straße–Ostring. Nachdem mehr und mehr nachalarmierte Feuerwehrkräfte mit ihren Fahrzeugen eintreffen, muss auch der Westring in diesem Bereich geschlossen werden.

Nach Mitternacht ist das Feuer unter Kontrolle. Die Ausbreitung auf weitere Häuser droht nicht mehr. Um weitere Glutnester löschen zu können, decken die Einsatzkräfte das Dach großflächig ab. Gegen 1.45 Uhr werden die Löscharbeiten beendet.

Die Feuerwehr richtet eine Brandwache ein. Die NEW stellt Strom, Gas und Wasser in dem Haus ab. Der Bauhof rückt an, um den betroffenen Bereich mit einem Bauzaun zu sichern. Polizisten bringen rot-weißes Flatterband an. „Polizeiabsperrung“ steht darauf. Gegen 2.45 Uhr wird der Straßenverkehr im Kreuzungsbereich wieder freigegeben.

Der verletzte Hausbewohner wird derweil im St.-Irmgardis-Krankenhaus behandelt. Weitere Verletzte gibt es nicht. Die Ermittlungen zur Brandursache übernimmt die Kriminalpolizei. Schnell zeichnet sich ab, dass das Feuer vorsätzlich gelegt wurde.  Auch am Freitag ist noch nicht klar, ob das Gebäude erhalten werden kann oder als Totalschaden zu werten ist. Der Dachstuhl mit zwei Wohnungen ist vollständig ausgebrannt. Der entstandene Sachschaden ist nach Angaben der Polizei „sehr hoch“.

(RP)
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