Hausarztzentrum Brüggen Gesundheitszentren gegen Hausärztemangel

Grenzland · Der Brüggener Arzt Johann Heinrich Arens sieht die medizinische Grundversorgung im Grenzland bedroht — denn Hausärzte seien zu alt, der Nachwuchs fehle. Seine Lösung besteht für ihn aus drei Bausteinen.

 Der Brüggener Mediziner Johann Friedrich Arens hofft auf lokale Lösungen gegen den Ärztemangel.

Der Brüggener Mediziner Johann Friedrich Arens hofft auf lokale Lösungen gegen den Ärztemangel.

Foto: Knappe, Jšrg (jkn)

Die Region leidet unter einem erheblichen Ärztemangel. Das sagt der Brüggener Mediziner Johann Heinrich Arens vom Hausarztzentrum Brüggen. „Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Ärzte sinkt immer weiter“, sagt er. Alleine im kommenden Jahr sollen laut Arens weitere acht Ärzte im Grenzland wegfallen. Das Kernproblem sei die Überalterung der Hausärzte: „In Schwalmtal sind beispielsweise von neun Ärzten nur drei unter 60 Jahren“, sagt er. Deshalb werden im kommenden Jahr im Westkreis Viersen – Brüggen, Schwalmtal, Niederkrüchten, Nettetal und Viersen – 18 Ärzte fehlen, so der Mediziner. Die medizinische Grundversorgung, „die ein Mensch per Gesetz verdient“, sei in Gefahr, aber niemand wolle diese Versorgung übernehmen.

Seit einiger Zeit kämpft Arens bereits gegen diese Situation an. Jüngst durch die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in Waldniel, das unter seiner Federführung aufgebaut wurde. Im MVZ sollen medizinische und nicht-medizinische Kräfte sowie Mitarbeiter sozialer Dienste gemeinschaftlich die Bedürfnisse der Patienten in den Blick nehmen – über die Krankheit hinaus.

Das MVZ soll aber mehr sein, als einfach nur ein Zusammenschluss von Ärzten. Es soll sich zum Gesundheitszentrum entwickeln, das „eine umfassende Grundversorgung der Bevölkerung in der Region gewährleistet und eine bessere Versorgung chronisch kranker Menschen aus einer Hand ermöglicht“. Das sind die Anforderungen, die die Robert-Bosch-Stiftung an Initiativen stellt, die „patientenorientiertes Zentrum zur Primär- und Langzeitversorgung“ (PORT) werden wollen. Den Weg dorthin unterstützt die Stiftung mit ihrem Förderprogramm „supPort“. Bundesweit wurden dafür acht Initiativen ausgewählt – unter anderem das Hausarztzentrum in Brüggen gehörte dazu. In diesen Institutionen sieht Arens eine der drei Säulen, „um dem Ärztedefizit in der Region entgegenzutreten“. Für Häusärzte sei so ein Zentrum im Grunde eine gute Sache. „Viele Ärzte möchten nämlich gar keine eigene Praxis mehr“, sagt Arens.

Denn dort würde meist bis zu 50 Stunden die Woche gearbeitet. Wenn die Ärzte angestellt seien, könnten sie sich die Arbeitszeiten flexibler gestalten – was besonders für Eltern attraktiv sei. Doch bislang sehe es nicht gut aus. „Im Kreis Viersen gibt es keine Krankenhäuser oder Kommunen, die an der Gründungs eines hausärztlichen medizinischen Versorgungszentrums interessiert sind“, sagt Arens. „In Waldniel gab es mehrere Versuche zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen, die aber nicht in einem Konzept gemündet sind.“

Als Hauptproblem für die Überalterung sieht er die Aufteilung der Gemeinden und Städte des Kreises Viersen in Mittelbereiche. „Ärzte dürfen nur in ihrem eigenen Mittelbereich tätig werden. Wenn man einmal in einem Bereich ist, kann man nicht einfach hin und her wechseln“, so Arens. So fehle die Flexibilität. Er nennt ein Beispiel: „Ein Ultraschallgerät in Brüggen muss wie der Arzt, der es benutzt, im Vorfeld gemeldet sein. Ist dieser Arzt aber am Tag krank, dürfte ein Ersatzmann aus Schwalmtal keinen Ultraschall durchführen.“

Gleiches gelte, wenn in Schwalmtal ein Arzt ausfalle. Dann könne Arens nicht jemanden aus Brüggen als Ersatz abstellen. „Dann müsste ich den theoretisch illegal einsetzen“, sagt der Mediziner und lacht. Früher hätten die Mittelbereiche vielleicht Sinn gemacht, aber „heute ist das nicht mehr so“. Sein Lösungsvorschlag sind weitere MVZ, die aber mittelbereichsübergreifend agieren dürfen. „Dafür sind wir auch mit den Bürgermeistern der Gemeinden in Kontakt“, so Arens.

Der zweite Baustein seines Konzeptes ist die Delegation ärztlicher Leistungen durch die Einbindung von arztersetzenden Praxisassistenten oder Krankenpflegern. Diese könnten Hausbesuche mit übernehmen. „Bestimmte Heimbesuche könnten beispielsweise von ausgebildeten Schwestern übernommen werden.“ So spare man im Alltag enorm Zeit. „Für viele Dinge braucht man keinen Arzt.“ Er verweist auf das Model in Großbritannien. „Da ist es völlig normal, dass Schwestern auch Wunden nähen“, sagt Arens.

Dritte Säule ist die Vernetzung. „Die Zeit ist reif, kommunale Gesundheitszentren aufzubauen“, betont Arens. Wenn diese sich dann beispielsweise eng mit den Sozialdiensten oder Physiotherapeuten vernetzen würden, entstünde eine wichtige Verzahnung. „So was brauchen Ärzte ja auch für ihr Behandlungskonzept.“ Man wisse sofort, wie es mit den Patienten wo weitergehen kann. So könne eine angemessene Versorgung gewährleistet werden.

Für den Medizinier ist wichtig: „Es muss lokale Lösungen geben, die kommen nicht einfach von oben.“ Arens betont: „Es ist höchste Eisenbahn. Die hausärztliche Versorgung altert uns quasi weg.“

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