Viersen "Goldwaschanlage" im Dülkener Keller

Viersen · Zwei Frauen und ein zwei Monate altes Baby atmeten an der Rheindahlener Straße gefährlichen gelben Qualm ein.

 Da die unmittelbare Gefahrenlage nicht bekannt war, sperrte die Polizei am Donnerstagabend den Bereich um die Rheindahlener Straße kurzfristig ab.

Da die unmittelbare Gefahrenlage nicht bekannt war, sperrte die Polizei am Donnerstagabend den Bereich um die Rheindahlener Straße kurzfristig ab.

Foto: Ahlen

Donnerstagabend, kurz nach 17.30 Uhr: Dichter gelber übelriechender Qualm dringt aus einem Kellerfenster an der Rheindahlener Straße im Viersener Stadtteil Dülken. Eine 23-jährige Mutter, die mit ihrem zwei Monate alten Baby unterwegs ist, sowie eine 46-jährige Dülkenerin atmen die Dämpfe ein, ihnen wird übel. Die Feuerwehr ist schnell vor Ort. Genauso schnell ist klar, dass es kein Brand ist, der die Dämpfe verursacht hat, sondern eine unkontrollierte chemische Reaktion.

Den Feuerwehrleuten gelingt es zunächst nicht, den Anwohner, zu dessen Wohnung der Kellerraum gehört, anzutreffen. Im Keller befindet sich augenscheinlich ein kleines Labor. Währenddessen behandelt der Rettungsdienst die beiden Frauen und das Baby. Alle drei können nach ambulanter Behandlung wieder entlassen werden.

Zeitgleich rückt die Polizei an und sperrt den Ort des Geschehens zunächst weiträumig ab, da nicht klar ist, was in diesem Labor eigentlich hergestellt wird. Als der Wohnungsinhaber, ein 62-Jähriger aus Dülken, schließlich doch auftaucht, untersuchen Kräfte der Polizei und Spezialisten der Feuerwehr den Inhalt des Kellerraums. Der 62-Jährige, der in dem Haus gemeinsam mit seinem 23-jährigen Sohn lebt, erklärt, er gewinne dort Gold aus schrottreifen Elektronikplatinen. Und zwar mit Hilfe verschiedener Chemikalien.

Nach dem ersten Augenschein der Experten, so ein Polizeisprecher, erscheint es möglich, dass die Apparaturen so genutzt wurden. Allerdings ermitteln die Spezialisten noch. Außerdem überprüfen die Ermittler, ob der Betrieb einer solchen Einrichtung für einen Privatmann in einem Wohnhaus erlaubt ist, ob der Betreiber möglicherweise Sorgfaltspflichten verletzt hat. Sicher ist ihm bislang eine Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung der Passanten.

 Aus dem Kellerfenster eines Hauses an der Rheindahlener Straße soll gelber Qualm gekommen sein.

Aus dem Kellerfenster eines Hauses an der Rheindahlener Straße soll gelber Qualm gekommen sein.

Foto: Gju

Alle gefundenen Chemikalien sind frei verkäuflich erhältlich. Im Internet gibt es zudem eine Vielzahl von - sich teilweise deutlich widersprechenden - Anleitungen für diese Art der Goldgewinnung. Sicher ist, dass dazu sogenanntes "Königswasser" benötigt wird, das seinen Namen erhielt, weil es in der Lage ist, die "königlichen" Edelmetalle Gold und Platin aus Verbindungen zu lösen. Königswasser ist eine in einem bestimmten Verhältnis hergestellte Mischung aus konzentrierter Salz- und Salpetersäure. In einschlägigen Foren wird aber selbst von "Fans" solcher Methoden ein finanzieller Erfolg abgestritten.

Die Polizei warnt: Auch wenn Chemikalien im Verkauf frei zugänglich sind, ist ein unsachgemäßer oder nachlässiger Umgang immer mit Risiken verbunden. Im privaten Bereich seien dafür erforderliche Sicherheitsvorkehrungen meist nicht oder nur schwer realisierbar. "Das laienhafte Hantieren mit Chemikalien ist gefährlich und birgt Gesundheitsrisiken", betont der Polizeisprecher. Der vorliegende Fall mache zudem deutlich, dass die Gesundheitsgefahr nicht die einzige sei. Schnell kommt auch der Verdacht auf, dass man eine Straftat begangen habe.

Für eine fahrlässige Körperverletzung drohen immerhin eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.

(hah)
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