Niederkrüchten Geschichten aus der guten alten Zeit

Niederkrüchten · In seinem neuen Jahrbuch lässt der Elmpter Klängerklub Originale, Bräuche und Geschichten von früher wieder aufleben. Es sorgt beim Lesen für heitere Momente und hält nebenbei die heimische Mundart lebendig

Nikolaus Houben war ein Pionier. Er war der erste Siedler am Meinweg, der Grenzregion zwischen Oberkrüchten und Herkenbosch. Am 1. April 1881 ließ er sich dort nieder - seine Frau Kornelia, sechs Kinder und eine Ziege im Gefolge. Als "Kloas van der Meenweäch" ging er in die Heimatgeschichte ein. Zuerst lebte dieser Kloas mit seiner Familie in einer Art Holzbude, ehe er für 30 Mark ein Stück Land gegenüber dem heutigen Café "Zum deutschen Eck" kaufte und ein Steinhaus errichtete. Das Wirtshaus und das Lebensmittelgeschäft, das er dort betrieb, liefen gut. Das lag auch daran, dass der Meinweg eine beliebte Schmuggelroute war. Um 1890 erlaubte der preußische Zoll dann die zollfreie Einfuhr überschaubarer Mengen von Mehl, Zucker und anderen Waren. Das löste am gottverlassenen Meinweg sogar einen kleinen Boom aus. Mit Kind und Kegel zogen die Leute regelmäßig zur Einkaufstour über die grüne Grenze.

Karl-Heinz Achten lässt dieses kleine Stück Heimatgeschichte um den wackeren Kloas im neuesten Jahrbuch des Elmpter Klängerklubs wieder aufleben. "Verschäije Schtökker en Älempter Plott" heißt das nun bereits zum 19. Mal erschienene und von Herbert Markus liebevoll illustrierte Werk. Es ist komplett in heimischer Mundart verfasst und erinnert an Menschen, Bräuche und Geschichten aus der "guten alten Zeit".

Die Autoren - Karl-Heinz Achten, Mathias Sieben, Anni Küskens, Trude Götz, Wilhelm In der Smitten und der inzwischen leider verstorbene Hubert Ramakers - erzählen aus dem prallen Leben. Anni Küskens berichtet von beschwerlichen Waschtagen in Nachkriegszeiten, als die Wäsche noch von Hand gewaschen wurde. Mit einem Holzknüppel (plattdeutscher Fachbegriff: "Persil-Knöppel") wurde zum Beispiel die heiße Wäsche aus dem Kessel geholt. Derselbe Knüppel diente übrigens bei der Hausschlachtung im Winter zum Rühren der Blutwurst.

Kein Auge bleibt auch trocken bei Wilhelm In der Smittens Geschichte über "De Bütt", in der die vielköpfige Familie samstags immer ein Vollbad nahm - nacheinander und im gleichen Wasser, versteht sich. Zwischen den einzelnen Badegästen wurde lediglich mit einem Stieltopf der gröbste Dreck von der Wasseroberfläche abgeschöpft. Zum Schluss machte dann auch noch der Hund einen - meist unfreiwilligen - Abstecher in die Bütt. Das inzwischen naturtrübe Badewasser wurde schließlich im Garten ausgeschüttet, wo es als vortreffliches Düngemittel den Porree gedeihen ließ.

Was der Hahn auf dem Kirchturm zu suchen hat; wie die armen Leute, die sich kein Pferd leisten konnten, Hunde als Arbeitstiere einspannten; wie es zur Waldbeeren-Zeit und an St. Martin zuging; wie man in der Nachkriegszeit, als Tabak Mangelware war, getrocknete Brombeer-, Buchen- oder Kirschblätter rauchte - das und vieles mehr ist im Klänger-Jahrbuch nachzulesen. Dafür muss man übrigens nicht perfekt Plattdeutsch sprechen können: Schwierige oder weniger gebräuchliche Vokabeln sind ins Hochdeutsche übersetzt. Und es empfiehlt sich, die Geschichten murmelnd vor sich hin zu lesen - dann erschließt sich manches von selbst, denn Mundart ist eben Mund-Art und keine Schriftsprache.

(jo-s)
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