Niederkrüchten Gemeinsam klar sehen

Niederkrüchten · Der Kreuzbund bietet Suchtkranken und Angehörigen Hilfe in 1600 Gruppen. Eine davon besteht seit 25 Jahren in Niederkrüchten. Kreuzbündler unterstützen sich gegenseitig auf dem Weg in ein zufriedenes Leben ohne Suchtmittel.

"Lustig werden, auch wenn man nichts trinkt, das muss man lernen." Bernd Michels beobachtet ein Oktoberfest heute mit anderen Augen. Seit 14 Monaten ist er jetzt trocken. "Das Blödeste ist, wenn andere meinen, du bist die Spaßbremse, weil du nichts trinkst." Bei seinem Alkoholkonsum, der irgendwann ein ernstes Problem darstellte, hörte der Spaß auf. Bernd Michels hat gelernt, nach Entzug und Therapie wieder ein zufriedenes Leben ohne das Suchtmittel zu führen – beim Kreuzbund. Heute leitet er die Gruppe Niederkrüchten, die vor 25 Jahren ins Leben gerufen wurde.

Nachsorge nach Therapie wichtig

Johann Meurer mag gar keinen Alkohol. Sein Problem war die Spielsucht, aus deren Fängen er sich befreien konnte. Im Mai 1985 hat der Rheydter mit sieben anderen Abhängigen auf Vermittlung des Niederkrüchtener Pastors die Ortsgruppe gegründet. "Ich war der erste Spieler, der in der Diözese erfolgreich eine Therapie gemacht und den Kreuzbund besucht hat." Ob Spiel, Alkohol oder Medikamente – die Sucht ist die Gleiche. Und die Gefahr der Rückfälle bleibt. Meurer erinnert an die Mahnung aus der Klinik: "Ihr seid nicht geheilt, die Nachsorge ist wichtig." Manche meinen, zwei, drei Jahre Abstinenz seien genug. "Es gibt welche, die raffen das. Aber ich habe auch erlebt, dass jemand fünf Jahre trocken war, die Gruppe nicht mehr besuchte und dann rückfällig wurde." Bernd Michels pflichtet ihm bei: "Untersuchungen haben nachgewiesen, dass von allen, die nach einer Therapie regelmäßig eine Selbsthilfegruppe besuchen, 80 Prozent trocken bleiben."

Der Kreuzbund unter dem Dach des Caritasverbandes hat deutschlandweit rund 14 000 Mitglieder, im Diözesanverband Aachen 350 Mitglieder und Gäste, in Niederkrüchten sind es neun Mitglieder und vier Gäste. "Wir sind ein katholischer Verbund, aber niemand ist an die Konfession gebunden", betont Dieter Heimhold. Er schätzt die Möglichkeit zur Selbstfindung in der Gruppe. "Das kontrollierte Trinken ist eine Testphase. Da merkt man, ob man das kann. Wer abhängig ist, kann das nicht", stellt er klar.

Ein Gruppenabend beginnt mit einer Erzählrunde: Wie war die Woche? Da stellt sich heraus, dass alle ähnliche Probleme bewegen. Die Neuen – sie sollten an diesem Tag nichts getrunken haben – fassen Mut: Die anderen haben den Weg aus der Sucht auch geschafft. Im Gegenzug werden die "alten Hasen" durch Neue auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, sagt Johannes Meurer: "Die sehen dann, wo sie mal waren." Gegenseitig unterstützen sich alle dabei, ohne Suchtmittel zufrieden zu leben.

(RP)
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