Schwalmtal Geheimrezept: Mit rheinischem Humor 107 Jahre alt werden

Schwalmtal · Gertrud Klüfers feiert am 3. Januar im Altenheim St. Michael ihren Geburtstag. Noch mit 99 Jahren fuhr sie mit dem Rad in den Ort

 Gertrud Klüfers, geborene Peters, wird am Dienstag 107 Jahre alt.

Gertrud Klüfers, geborene Peters, wird am Dienstag 107 Jahre alt.

Foto: Busch

Zum Geburtstag wünscht sich Gertrud Klüfers, geborene Peters, nichts. "Was soll man sich denn mit 107 Jahren noch wünschen?", fragt die Schwalmtalerin und schmunzelt. Am Dienstag, 3. Januar, feiert sie ihren Geburtstag im Altenheim St. Michael in Waldniel. Wer kommt, der kommt - um mit ihr anzustoßen auf das neue Lebensjahr. Geboren in Jüchen, zog sie als Kleinkind mit den Eltern und Geschwistern nach Hehler. Der Vater stammte aus der "weißen Stadt" Thorn in den Niederlanden, seine Frau aus der Nähe von Jüchen. Er war Fuhrunternehmer, fuhr mit Pferd und Wagen regelmäßig nach Mönchengladbach. Elf Kinder bekam das Paar, Tochter Gertrud war das zweitjüngste Kind. "Viel zum Spielen gab es nicht, ich hatte auch keine Puppe", erinnert sie sich. "Wir waren ja arme Leute." Mittags wurde ein Topf auf den Tisch gestellt, "und das wurde gegessen. ,Mag ich nicht' gab es nicht", erinnert sie sich. Daheim passten die älteren Geschwister auf die jüngeren auf.

Als Kind erlebte sie den Ersten Weltkrieg. Sie erinnert sich noch an das Kriegsende 1918, als die Männer von der Front zurückkehrten und die Kinder ihnen entgegenliefen. Den Zweiten Weltkrieg erlebte sie als verheiratete Frau, ihren Mann Josef, der aus Mönchengladbach stammte, hatte sie in Waldniel kennengelernt. Sie erlebte die Evakuierung und kam mit der Tochter auf einem Bauernhof im Sauerland unter. "Das war eine schöne Zeit", erzählt Gertrud Klüfers. Auch später führte der Urlaub sie immer wieder ins Sauerland. Aus dem Bauernhof war eine Pension geworden, und mit acht, manchmal zehn befreunden Frauen fuhr sie gern dorthin.

Zum Alltag gehörte viel Arbeit. Gertrud Klüfers nähte Hosen, zunächst in einem Betrieb in Mönchengladbach, später in Heimarbeit. Mit der Straßenbahn fuhr sie von Hehler nach Gladbach. "Um sechs Uhr morgens stand ich in der Tür und wartete auf die Straßenbahn. Man konnte bis Hostert gucken. Und wenn die Bahn durch Hostert kam, liefen wir los."

In Mußestunden las sie gern und viel, das tut sie auch heute noch. 1964 trat sie der St.-Matthias-Bruderschaft bei und pilgerte regelmäßig nach Trier. 1966 starb Ehemann Josef. Als Seniorin besuchte sie die Altenstube in Hehler und fuhr viel mit dem Rad - noch im Alter von 99 Jahren war sie mit dem Rad oft in Schwalmtal unterwegs. Bis 2015 lebte sie auch noch in der eigenen Wohnung. Nach einem Sturz jedoch musste sie ins Altenheim ziehen. "Ich bin hier zufrieden", sagt sie. Zu ihrer Familie gehören neben der Tochter zwei Enkel sowie inzwischen auch zwei Urenkelkinder.

Die Seniorin freut sich über Ausflüge. Vor einigen Tagen ging es zum Markt und zur Kirche. Dort steht die Krippe, dort konnten die Besucher kleine Schwimmkerzen zu Wasser lassen, "das war so schön", sagt sie. Ein Rezept fürs Altwerden hat sie nicht - auch wenn jeder das von ihr wissen wolle. Sie habe doch nichts Besonderes getan, erklärt sie zwinkernd, sie sei eben nie krank gewesen. Dafür aber immer fröhlich. Alt werden könne man eben am besten "mit rheinischem Humor".

(biro)
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