Niederkrüchten/Roermond Gedenken an Krieg als Mahnung für Zukunft

Niederkrüchten/Roermond · Der Lüsekamp soll Teil einer europäischen Route mit Gedenkstätten werden. Dort richtete die Wehrmacht 14 Männer im Dezember 1944 hin

 Niederkrüchtens Bürgermeister Kalle Wassong beim Gedenken für Zwangsarbeiter und 14 Männer, die vor dem Arbeitsdienst fliehen wollten.

Niederkrüchtens Bürgermeister Kalle Wassong beim Gedenken für Zwangsarbeiter und 14 Männer, die vor dem Arbeitsdienst fliehen wollten.

Foto: hah

Jedes Jahr am 30. Dezember erinnert das "Comité voettocht 30 december" an zwei Ereignisse von 1944. An jenem 30. Dezember wurden fast 3.000 Menschen aus Roermond wie Vieh aus der Stadt in Richtung des Dülkener Bahnhofs getrieben. Von dort aus gelangten sie in die Zwangsarbeit. Viele sahen ihre Heimat nie wieder. Außerdem hatte die Wehrmacht 14 Männer, die sich nicht zu diesem Arbeitsdienst melden wollten, in der eiskalten Nacht vom 26. auf den 27. Dezember im Lüsekamp erschossen. Zuvor mussten die Todgeweihten noch ihr eigenes Grab schaufeln.

Seit die Gemeinde Niederkrüchten im September 1996 einen Gedenkstein an dieses Geschehen im Lüsekamp errichtet hat, erinnern sich Niederländer und Deutsche jedes Jahr gemeinsam.

Dass die Menschen in Niederkrüchten und Roermond Seite an Seite unterwegs seien, dafür gebe es viele Beispiele in Form von grenzüberschreitenden Projekten. Eins davon ist die Liberation Route. Aus einer ursprünglich niederländischen Idee ist inzwischen ein europaweites Projekt geworden, Gedenkstätten für die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs liegen in acht Ländern an dieser Route.

Und der Lüsekamp soll Teil dieser Route werden, damit mehr Menschen davon erfahren, was dort in der Dezembernacht 1944 geschehen ist.

"Es geht dabei um die Geschichte der einfachen Menschen", sagt Sabina van Cruchten-Huyskens. "Darum, wie sie erlebt haben, was geschah." Sie kennt die Erzählungen ihrer Familie - der Oma, die ein Kind bei einem Bombenangriff verlor, vom Vater, der mit 14 Jahren bei diesem Angriff schwer verletzt wurde, vom Opa, der nach dem Krieg ein Gedicht mit 600 Strophen schrieb, damit das Grauen nicht in Vergessenheit gerät.

"Gedenken ist das Teilen dessen, was uns verbindet", sagte Victor Cillekens, der Vorsitzende des Comités. Als "Zeichen der Versöhnung über Grenzen hinaus" bezeichnete Niederkrüchtens Bürgermeister Kalle Wassong das Gedenken. "Der Stein soll uns Erinnerung und Mahnung sein, auch, dass es nie wieder dazu kommt." Er sprach von der "bitteren Gegenwart", vom Leid, das die Menschen auch im 21. Jahrhundert noch ertragen müssen. Von Berlin, von Ankara, Aleppo, Frankreich und Belgien. 65 Millionen Menschen seien weltweit auf der Flucht. Angesichts dessen stelle sich die Frage: "Was können wir, was müssen wir tun?", so Wassong. Jeder Einsatz, jeder Beitrag zähle, und sei er vermeintlich noch so klein. Frieden und die Achtung der Menschenwürde zu erreichen, sei kein zu hohes Ziel. Seite an Seite könne man darauf zugehen.

"Wir sollten uns immer wieder die Hand reichen", sagte auch die Roemonder Bürgermeisterin Rianne Donders-De Leest. Es gehe darum, die Toten zu ehren und die Lebenden zu mahne. "Freiheit ist ein Geschenk - Freiheit müssen wir tun und Freiheit müssen wir sein", sagte sie.

(hah)
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