Brüggen Galgenfrist für Damwild-Zaun

Brüggen · Wissenschaftler wollen den Nutzen der Tiere für den Naturschutz im früheren Depot erforschen. Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) ist bereit, ihnen die Zeit einzuräumen. Mindestens so lange bleibt auch der Zaun stehen.

 Der Zaun um das frühere Depot wird vorerst nicht beseitigt. Wissenschaftler untersuchen naturschutzfachlich den Nutzwert von Damwild.

Der Zaun um das frühere Depot wird vorerst nicht beseitigt. Wissenschaftler untersuchen naturschutzfachlich den Nutzwert von Damwild.

Foto: Busch

NRW-Umweltminister Johannes Remmel wird Wissenschaftlern voraussichtlich vier bis fünf Jahre Zeit für weitere Untersuchungen im Naturschutzgebiet Brachter Wald einräumen. Im Mittelpunkt steht der Nutzen von Damwild für Naturschutz. Remmels Erlass, dass bis April 2013 der Bestand auf 100 Exemplare heruntergeschossen und der Zaun beseitigt werden muss, dürfte in Kürze ausgesetzt werden.

Landwirte, Jäger, Naturschützer und Politiker füllten den Kultursaal in der Brüggener Burg noch über den letzten Platz hinaus, als Bürgermeister Gerhard Gottwald den Minister begrüßte. Remmel war auf Anregung der Grünen im Brüggener Rat gekommen, weil sich seit 2007 die Diskussion um das Damwild, die Bejagung und den Zaun zugespitzt hat. Jäger distanzieren sich von der behördlich verordneten Abschlachtung der Tiere und üben harsche Kritik an der Hege und Jagd im Gelände.

Gemüsebauern fürchten, dass sich Damhirsche über ihre Sonderkulturen hermachen, wenn der Zaun geöffnet wird. Schadensersatzansprüche haben sie nicht. Natur- und Tierschützer sind hin- und hergerissen zwischen ihren Anliegen, die der Erlass vor eine Zerreißprobe gestellt hat.

Doch die aufgeladene Stimmung entspannte sich schnell. Dr. Ansgar Reichmann von der Biologischen Station Krickenbecker Seen und Dr. Michael Petrak, Leiter der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung, berichteten in verständlicher Form, dass sie dem Damwild im Ex-Depot hohen Stellenwert beimessen. Die Tiere garantierten nicht nur die wertvollen Heideflächen, sondern trügen entscheidend zum ungewöhnlich hohen ökologischen Standard des Waldes bei. Letzteres bisher nicht wissenschaftlich untersucht worden. Dafür brauche man etwa vier bis fünf Jahre Zeit.

Remmel schloss sich dem Vorschlag an, ließ sich aber nicht von Zuhörern darauf festnageln, den Erlass sofort aus der Welt zu schaffen. Die erkennbare Bereitschaft des Ministers, die nach seinen Angaben für ihn "neuen Erkenntnisse" der Wissenschaftler, aber auch die Sorgen der Bauern und Jäger ernst zu nehmen, stieß auf Zustimmung. "Herr Minister, Sie werden mir immer sympathischer", stellte Brüggens Ortslandwirt Heinz-Willi Terporten unter Beifall fest.

Remmels Bitte um eine "Gemeinschaftsanstrengung aller vor Ort, den Juwel Brachter Wald" zu erhalten und fördern, fiel auf fruchtbaren Boden. Daniel van den Broek (UBW) schlug vor, die umfangreichen Informationen zum Naturschutzgebiet einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln. Er habe den Eindruck, dass Unkenntnis und Missverständnisse sinnlose Spannungen ausgelöst hätten. Seine Idee: "Unser Dorf forscht".

(RP/rl)
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