Viersen Für Zivis gibt es keinen Ersatz

Viersen · Mit dem Aussetzen der Wehrpflicht verlieren die sozialen Träger viele Mitarbeiter. Der geplante Bundesfreiwilligendienst ist noch keine Alternative. Im Kreis Viersen gibt es noch keine Bewerber.

Kreis Viersen Der Zivildienst ist ein Auslaufmodell. Die letzten Waffenverweigerer quittieren in den kommenden Wochen ihren Dienst. Sie hinterlassen Lücken, die kaum zu schließen sind. "Die Arbeit der Zivis ist nicht zu ersetzen. Wir hatten insgesamt 40 Stellen. Auch wenn nicht immer alle besetzt waren, müssen wir jetzt im Einzelnen schauen, wie wir das auffangen", sagt Peter Babinetz.

Der Geschäftsführer der Caritas Viersen/Kempen sieht im Bundesfreiwilligendienst keine Alternative. "Da gibt es noch keine Strukturen und das Programm ist noch nicht ausreichend bekannt. Bei uns hat sich zumindest noch niemand gemeldet."

Mit anderen Dingen beschäftigt

Konkrete Anfragen hat auch der Malteser Hilfsdienst bisher nicht bekommen. "Abiturienten und Schulabgänger sind derzeit noch mit anderen Dingen beschäftigt", sagt Willi Pollmanns.

Der Leiter des Malteser Hilfsdienstes glaubt nicht an einen Erfolg des Modells. "Es ist in den Köpfen noch nicht angekommen und wer eine Lehrstelle oder einen Studienplatz bekommt, denkt nicht über ein soziales Engagement nach." Bei älteren Interessenten gebe es dagegen noch eine Reihe ungeklärter Fragen. "Bei geringfügig Beschäftigten ist die steuerliche Einstufung des Taschengeldes ungeklärt, bei Hartz IV-Empfängern wird es auf den Regelsatz angerechnet und macht den Einsatz für diese Gruppe unattraktiv", betont Pollmanns.

Babinetz ist sich dagegen sicher, künftig auch Bewerber für den Bundesfreiwilligendienst zu bekommen, rechnet aber mit einem Konkurrenzkampf der sozialen Träger. "Sie werden um die Leute ringen." Das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle wird entscheidend sein, vermutet Bernd Bedronka. Der Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt im Kreis Viersen ist zuversichtlich, für anspruchsvolle Aufgaben beispielsweise bei der Betreuung von Behinderten oder Psychisch-Kranken Freiwillige zu finden. "Doch einen einfachen Fahrdienst wird keiner machen."

Das Essen auf Rädern ist daher nach dem Wegfall des Zivildienstes gefährdet. "Wir werden zunächst versuchen, Mini-Jobber dafür zu gewinnen, doch wenn wir es nicht mehr bezahlen können, fällt dieses Angebot weg." Bei den hauswirtschaftlichen Dienstleistungen der Awo sind ebenfalls bereits Einschränkungen geplant. Andere Angebote könnten für die Betroffenen deutlich teurer werden. Die Caritas rechnet allein in der Geschäftsstelle mit Mehrkosten von mehreren tausend Euro.

"Wir brauchen drei geringfügig Beschäftigte, um einen Zivildienstleistenden zu ersetzen. Wie sich das auf unsere übrigen Einrichtungen auswirken wird, ist noch nicht abzusehen", so Babinetz. Der Malteser Hilfsdienst berechnet für die Zustellung des mobilen Mittagstisches bereits bis zu 40 Prozent mehr. "Die Entwicklung beobachten wir mit Sorge, weitere Einsparungen sind kaum möglich. Mit ehrenamtlichen Kräften sind solche Angebote nicht aufrecht zu erhalten, da sie nicht ganztägig zur Verfügung stehen", sagt Pollmanns. Ihm werden die Zivildienstleistenden sehr fehlen. FRAGE DES TAGES

(RP)
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