Corona-Krise im Kreis Viersen Andrang bei Viersens Friseuren

Viersen · Seit Montag dürfen die Friseure in ihren Salons wieder waschen, schneiden, färben und föhnen. Sie müssen allerdings einige Auflagen erfüllen. Auch für die Kunden gibt’s besondere Regeln.

 Friseurmeisterin Julia Joosten trägt bei Arbeit in ihrem Salon „Julias Haarstudio“ Mundschutz und Handschuhe. Die Kunden tragen ebenfalls Mundschutz und bekommen Einmalumhänge.

Friseurmeisterin Julia Joosten trägt bei Arbeit in ihrem Salon „Julias Haarstudio“ Mundschutz und Handschuhe. Die Kunden tragen ebenfalls Mundschutz und bekommen Einmalumhänge.

Foto: Nadine Fischer

Vier Männer stehen am Montagmittag draußen vor einem Herrensalon in der Viersener Innenstadt. Sie halten Abstand, tragen Mundschutz, warten, bis Kunden hinaus kommen und sie einzeln hinein dürfen. Manche Kunden haben einen Termin, andere sind da, um einen zu vereinbaren. Der Inhaber des Friseursalons ist im Stress. „Ich freue mich nicht, dass wir wieder auf haben“, sagt er. Zumindest nicht unter den aktuellen Bedingungen, denn: „Die Hygieneanforderungen, die wir einhalten sollen, sind viel zu hoch“, kritisiert er. Ein paar hundert Meter entfernt, in einem anderen Salon, steht Friseurmeisterin Julia Joosten. „Wir haben schon sehr hohe Auflagen, manchmal kommt man sich vor wie ein Arzt“, erzählt die 35-Jährige. Ob sie froh ist, dass sie ihr Geschäft wieder öffnen kann? „Jein“, sagt sie. „Als Unternehmerin bin ich natürlich froh, ich hatte ja in den vergangenen Wochen keine Einnahmen. Aber ich weiß nicht, ob das nicht alles zu früh ist. Weil wir  so nah am Menschen arbeiten.“

Nach rund sechs Wochen coronabedingter Zwangspause dürfen Friseure seit Montag in ihren Salons wieder Kunden bedienen. Wie viele ihrer Viersener Kollegen hat Joosten ihr Geschäft normalerweise erst ab dienstags geöffnet, doch jetzt wird sie vorerst auch für die Montage Termine annehmen. „Der Andrang ist groß“, sagt sie. Bis Ende Mai sei sie schon fast ausgebucht. Auch Friseurmeister Daniel Jacobs, Leiter der Viersener Filiale der Kette Hair-Express berichtet: „Die Nachfrage ist riesig.“ Bei Hair-Express gibt’s eigentlich vor allem spontan Haarschnitte ohne Termin – das ist derzeit nicht möglich. „Das ist eine Umstellung“, erzählt der 29-Jährige. Der ganze Ablauf müsse sich noch einspielen, ergänzt er, aber Hair-Express habe dafür Hygiene-Protokolle erarbeitet. Auch Joosten, die seit elf Jahren selbstständig als Friseurin arbeitet, sagt  mit Blick auf die neuen Hygienevorschriften: „Das muss sich alles noch einspielen.“

Joostens Lebensgefährte hat für den Tresen in ihrem Salon einen Spuckschutz gebaut, zwischen zwei Kundenplätzen steht ebenfalls so eine Trennwand. Um die nötigen Mindestabstände einzuhalten, sind zwei Plätze in der Mitte mit Flatterband abgesperrt. Klebeband auf dem Boden grenzt die Plätze zusätzlich optisch voneinander ab. Vier Kunden dürften ihre Mitarbeiterin Sigrid Sievers und sie hinein lassen, „wir versuchen es aber erstmal mit zwei“, sagt Joosten.

Wer den Laden betritt, muss sich die Hände desinfizieren und einen Mundschutz tragen. Joosten und Sievers tragen ebenfalls Mundschutz, außerdem Einmalhandschuhe. Jeder Kunde bekommt einen frischen transparenten Einmal-Umhang und muss ein Kontaktformular ausfüllen – damit im Notfall Infektionsketten besser verfolgt werden können. Bevor Joosten einen neuen Kunden bittet, Platz zu nehmen, muss sie den Frisierstuhl mit einem Desinfektionsmittel reinigen, außerdem ihre Arbeitsgeräte säubern – also zum Beispiel Kämme entfetten. Wichtig auch: Bevor sie schneidet oder färbt, muss sie dem Kunden die Haare waschen. „Die Farbe tragen wir eigentlich aufs trockene Haar auf. Jetzt müssen wir vorher waschen und trocknen“, sagt Joosten. Wegen des höhreren Wasserbrauchs rechnet sie mit steigenden Nebenkosten, Einwegumhänge, Handschuhe und Desinfektionsmittel sorgen für weitere Zusatzkosten. „Ich habe allein 50 Euro für Klebeband ausgegeben“, ergänzt die 35-Jährige. Und auch, wenn der Kundenandrang derzeit groß ist: „Wir können ja nicht so viel abarbeiten wie früher.“ Nicht zuletzt deshalb hat Joosten ihre Preise leicht erhöht, ebenso wie zum Beispiel auch Hair-Express.

 Den Spuckschutz am Tresen hat Joostens Lebensgefährte für sie gebaut, daneben steht ein Spender mit Desinfektionsmittel für die Hände.

Den Spuckschutz am Tresen hat Joostens Lebensgefährte für sie gebaut, daneben steht ein Spender mit Desinfektionsmittel für die Hände.

Foto: Nadine Fischer
 Jeder von Joostens Kunden muss einen Kontaktbogen ausfüllen.

Jeder von Joostens Kunden muss einen Kontaktbogen ausfüllen.

Foto: Nadine Fischer

In einer Zeitschrift blättern und am Cappuccino nippen, während die frische Haarfarbe einwirkt – auf Annehmlichkeiten wie diese müssen die Kunden in den Salons derzeit verzichten. „Bis jetzt spielen alle ganz gut mit. Die Leute sind auch sehr diszipliniert“, sagt Joosten. „Hier ist alles tip top“, bekräftigt eine Kundin, die sich gerade von Friseurin Sievers neues Blond auf den Schopf pinseln lässt. Trotz Mundschutz, Desinfektionsmittel und allgegenwärtigem Absperrband lässt sie sich den nach elf Wochen jetzt längst überfälligen Friseurbesuch nicht vermiesen und betont zufrieden: „Ich bin voll entspannt.“

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