Rezension Sinfoniekonzert: Publikum außer Rand und Band

Viersen · Mit Pfeifen, Trampeln und rhythmischem Klatschen belohnte das Publikum die glücklich strahlenden Musiker

Glanzvoller als mit diesem Ausnahme-Sinfoniekonzert hätte die Konzertsaison in der Festhalle nicht zu Ende gehen können. Das WDR- Sinfonieorchester Köln, schon seit Jahren willkommener Gast in Viersen, war diesmal mit einem Gastdirigenten angereist, dem gebürtigen Griechen Constantinos Carydis, der an ersten Opernhäusern und mit renommierten Orchestern arbeitet.

Der nervig und wendig wirkende Orchesterleiter, der grundsätzlich ohne Taktstock dirigiert, versteht es meisterlich, mit ganz unkonventionellen, aber äußerst effektiven Bewegungen, die musikalischen Abläufe mit zu vollziehen und so seine Musiker zu reich differenziertem, dynamisch und agogisch bis aufs Äußerste ausgereiztem, klanggesättigtem Spiel zu ermuntern. Die WDR-Musiker waren kaum wiederzuerkennen, so blühend und spannungsgeladen in allen Orchestergruppen hatte man das an sich schon erstklassige Orchester selten gehört.

Das betraf sowohl die frühe, so genannte „kleine“ g-Moll Sinfonie KV 183, in der der erst 17-jährige Wolfgang Amadeus Mozart seinen Zeitgenossen mit weit in die Zukunft weisenden, für die damalige Zeit gewagten Harmonien so manches Rätsel aufgab, als auch die letzte, die 1788 entstandene „Jupiter-Sinfonie“ C-Dur, KV 551, das sinfonische Vermächtnis des gereiften Komponisten. Winzige Verzögerungen oder plötzliches Innehalten – das alles aber ganz organisch – ließen beim Zuhörer die vermeintlich gut bekannte Mozart - Musik wieder neu erleben.

Carydis spürte mit Einfühlungsvermögen jeder kompositorischen Nuance nach und trug seine Musiker wahrlich auf Händen. Sie lohnten es ihm mit seidigem, ganz homogenem Spiel der Streicher, mit (Natur)-Trompeten, die niemals kicksten, mit warmem Hörnerklang und Holzbläsersoli vom Feinsten. Hier ist kaum zu entscheiden, wer mehr zu loben ist – die Soloflöte, die beiden brillanten Oboen, die klangschönen Klarinetten oder das immer anpassungsbereite, tonschöne Fagott.

Dazu passte die ebenso mit Superlativen zu bewertende Leistung des Solooboisten des Orchesters, Manuel Bilz. Auch er widmete sich einem Spätwerk, dem Oboenkonzert

D-Dur, das Richard Strauss 1945, vier Jahre vor seinem Tod, schrieb und in dem er lichte Farben bevorzugte, die nicht selten an seine Lieder und an den „Rosenkavalier“ erinnern.

Manuel Bilz, der neben seiner Tätigkeit im WDR-Orchester auch als Solist und Kammermusiker tätig ist, verfügt – neben brillant-unauffälliger Technik – über einen weitausschwingenden, warmen und runden Oboenton, der die Stimmung gerade des Strauss‘chen Konzertes großartig traf - von den Kollegen und dem Dirigenten wurde er  sorgsam begleitet.

Das Publikum applaudierte voller Begeisterung, und der Oboist spielte zum Dank eine der Solo-Metamorphosen von Benjamin Britten.

Doch der Jubel am Schluss des Konzertes stellte alles in den Schatten. Mit Pfeifen, Trampeln und rhythmischem Klatschen belohnte das Publikum die glücklich strahlenden Gäste.

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