Frauenkabarett Chansons und Östrogene

Viersen · 300 Besucher genossen im ausverkauften Bürgerhaus Dülken den Auftritt der „Sisters of Comedy“. Wer ohne wasserfeste Wimperntusche den Auftritten der sieben Künstlerinnen beiwohnte, war verloren.

 Silvia Brécko ließ Edith Piaf, Marlene Dietrich und Marilyn Monroe wiederauferstehen.

Silvia Brécko ließ Edith Piaf, Marlene Dietrich und Marilyn Monroe wiederauferstehen.

Foto: Knappe, Joerg (jkn)

Was tun die Macher der Viersener Kleinkunstbühne „Varieté Freigeist“, Ralf und Claudia Weber, wenn sie  eine besonders außergewöhnliche Show anbieten können? Für ein Event mit geballter weiblicher Künstlerkraft, für das die Bühne an der Rintgerstraße einfach zu klein und zu eng ist? Claudia Weber zögerte kein bisschen, als sie angesprochen wurde, ob sie die „Sisters of Comedy“ – eine Comedy-Show von Frauen, mit Frauen und für Frauen – in Viersen auftreten lassen würde.

Unter dem Motto „Nachgelacht“ gab es am Montagabend anlässlich der Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren zeitgleich an 28 verschiedenen Spielorten bundesweit Aufführungen mit 136 Künstlerinnen, die sich als „Sisters of Comedy“ zusammengetan haben, um daran zu erinnern, dass Frauennetzwerke etwas bewegen, verändern und helfen können.

Das Konzept sieht vor, drei Euro pro Ticket an eine Frauenhilfsorganisation zu spenden, und neben Städte wie Berlin, Hamburg, München, Köln, Würzburg oder Dresden reihte sich Viersen ein in die Kette der exklusiven Spielorte der „Sisters-of-Comedy-Veranstaltungen“. Über den Spenden-Erlös der Viersener Aufführung freut sich die Beratungsstelle des Viersener Frauenzentrums.

Das Dülkener Bürgerhaus bot die nötigen Kapazitäten, die Tickets waren schnell verkauft, mehr als 300 Menschen kamen. Ein Potpourri aus geistreicher, bissiger Satire, Dauerlacher, Witzekrachern, Gesang, Parodie, Clownerie und Pantomime ließen drei Stunden wie im Flug vergehen und entführten die Besucher in die kurzweilige Welt diverser Showbusiness-Genres.

Durch das Programm führten die Damen des Duos „Die Puderdose“, die auch mit Einlagen aus ihrem eigenen, lustigen frech-frivolem Programm, auch zum Thema „Männergesundheit“ (großartig die Performance der „notgeilen Nagerin“, die zuletzt an ihrer eigenen Überdosis Östrogen stirbt) zu Lachtränenfluss verhalfen. Sängerin und Comedien Sylvia Brécko entführte mit Chansons aus ihrem Programm „Mythos“ in die glamouröse Zeit der Diven Edith Piaf, Marlene Dietrich, Marilyn Monroe und Sophia Loren. Ihre Performance spickte sie mit Anekdoten aus den Leben der berühmten Grandes Dames.

Für feine und bissige Satire sorgte die Kölner Autorin und Kabarettistin Ruth Schiffer mit Ausführungen zu ihren jahrelangen Recherchen über den Klerus und dessen Fachkompetenz in Frauen-, Sexual- und Seelenwanderungs-Fragen und warum sie eine ungerechte „Kloschüsselverteilung“ zwischen Männern und Frauen erkennt, und die daraus resultierende „Klo-Schikane“, die Frauen ein halbes Leben lang in Schlangen vor Klos warten lässt, anprangerte.

Entzückend auch der Auftritt der Newcomer von Jennifer Buschmann und Janina Tzonas, die als „Die Rebbellas“ mit ihrer Mischung aus Performance und Gesang eine gute Musikcomedy über das harte Los von Künstlern präsentierten und ein Heim für verarmte Künstler (Broken Artist Home) gründen wollen. Die beiden Youngster nahmen sich in feinstem „Denglisch“ gegenseitig auf die Schippe – auch Zuhörer ohne Englischkenntnisse hatten viel Spaß.

Als letzter Act trat Kabarettistin und Pantomimen-Künstlerin Katalyn Bohn auf, die aberwitzige, urkomische und begnadete Performances von Youtube-Bloggern und der Geschichte vom Aufstieg und Untergang der Menschheit hinlegte, die niemanden im Saal ohne Bauchmuskelkater nach Hause gehen ließ. Wer ohne wasserfeste Wimperntusche kam, war verloren.

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