Ostern in Viersen Ostergrüße aus dem Fenster

Viersen · Die Viersener Fotografin Ute Gabriel arbeitet trotz Kontaktverbot. Ihre ausgefallene Idee: Sie fotografiert Menschen in den Fenstern ihres Zuhauses. Auf diese Art sind ungewöhnliche Ostergrüße entstanden.

 Ute Gabriel (links) fotografiert ihre Kunden jetzt von der Straße aus. Im Fenster (v.l.): Simone Thiede, Cilli Lindner, Franz Werkes, Kerstin Lindner.

Ute Gabriel (links) fotografiert ihre Kunden jetzt von der Straße aus. Im Fenster (v.l.): Simone Thiede, Cilli Lindner, Franz Werkes, Kerstin Lindner.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

„Kann ein jeder von euch mit den Händen einmal ein Herz formen?“ – die Frage von Ute Gabriel fliegt zum offenen Fenster im ersten Stock an der Dülkener Straße 66d in Viersen. In die vier Frauen am Fenster, die drei Generationen der Familie Lindner bilden, kommt Bewegung. „Greta, Arme bitte lang machen und mir das Herz zeigen. Die anderen bitte die Herzen ein bisschen tiefer halten, sonst habt ihr sie vorm Gesicht“, kommt die nächste Order von unten.

Sekunden später ist alles perfekt. Gabriel lobt und lässt den Kameraauslöser klicken. Es folgen Fotos, bei denen die vier aus dem Fenster winken und auf denen sie einen Kuss über die Handflächen in Richtung der Kamera pusten. Schließlich sind alle Fotos gemacht. „Das war ein richtiger Lichtblick in diesen Zeiten. Es ist eine tolle Idee und wir werden unseren Ostergruß durch die gesamte Verwandtschaft schicken“, sagt Cilli Lindner. Dass dieser Gruß für ein Lächeln sorgen wird, da sind sich Cilli Lindner, ihre beiden Töchter Kerstin Lindner und Simone Thiede samt wiederum ihrer Tochter Greta sicher.

Beendet ist die Fotosession an der Dülkener Straße aber noch nicht. Die vier nutzen die Chance für ein weiteres Foto für ihre Firma Theo Lüpertz Büro- und Schulbedarf. Dafür geht es ins Erdgeschoss, in dem die Büroräume liegen. Fenster auf und Gabriel macht die nächsten Fotos von der Straße aus. „Mit dem Foto zeigen wir auf Facebook, dass wir arbeiten und all unsere Produkte geordert werden können und wir sie dann verschicken“, sagt Kerstin Lindner.

Damit nutzen die vier die Idee von Gabriel gleich doppelt. Die Viersener Fotografin bietet nämlich seit Ende März eine ganz besondere Art der Fotografie an. Die 45-Jährige macht Fensterfotos. Garantiert kontaktlos und trotzdem etwas ganz Besonderes. In den ersten Tagen, nachdem sie ihr Fotostudio schließen musste, habe sie in einer Art Schockstarre verbracht, erinnert sich Gabriel. „Alles brach weg. Die Hochzeiten, die Feiern, Kita-Fotos. Ich habe mich nur gefragt, was willst du jetzt machen, um Geld zu verdienen und die laufenden Kosten zu decken“, sagt die gelernte Fotografin.

Auch als es dann hieß, Fotografen dürften in ihren Studios mit Abstand fotografieren, war dies kein wirklicher Lichtblick für die 45-Jährige. Im Studio mit Abstand fotografieren funktioniert in ihren Augen nicht. Das hemmt die Kreativität. „Man zupft hier mal eine Haarsträhne zurecht, richtet etwas an der Bekleidung oder bringt jemanden in eine entsprechend positive Haltung für ein optimales Foto. Da ist nichts mit Abstand halten. Da ist man spontan am Menschen dran“, sagt Gabriel.

Nichtsdestotrotz wollte sie arbeiten und Menschen auch die Möglichkeit geben, dieses geschichtsträchtige Ereignis, das später einmal ein Zeitdokument werden wird, festzuhalten. Ihr kam die Idee der Fensterfotos. „Zumal ein solches Foto auch ein wunderschöner Ostergruß ist. Viele Familien können Ostern aufgrund der Corona-Auflagen nicht zusammen kommen und ein fröhliches Foto ist ein lieber Gruß aus der Ferne“, bemerkt Gabriel, die vielen auch unter ihrem Spitznamen Üt bekannt ist.

Über Facebook informierte sie am 28. März erstmals über ihr neues Angebot. Was anfangs ruhig anlief, sprach sich schnell herum. Bis zu den Feiertagen machte Gabriel allein 35 Oster-Shootings, wobei sie sich nicht nur auf Viersen beschränkt, sondern auch über die Grenzen der Kreisstadt mit ihrer Fotoausrüstung unterwegs ist. „Mir macht es viel Spaß, wenn ich sehe, welche Freude die Menschen bei einem solchen Fototermin haben. Das macht auch mir Freude“, erzählt die Viersenerin. Viele Menschen, die sie in den Fenstern fotografiert, haben auch Wunschfotos mit ihren eigenen Requisiten. Sehr beliebt sind Seifenblasen, die zu Dutzenden aus einem Fenster gepustet werden. Es kann aber auch das vom Enkel gezeigte selbstgemalte Bild sein, das der Oma per Grußkarte zugeschickt werden soll oder die Torte, die jemand gebacken hat und die eigentlich zusammen gegessen werden sollte.

Alles läuft dabei komplett kontaktlos ab. Die Fotografin wird über ihre Homepage oder E-Mail-Adresse kontaktiert, macht einen Termin aus, reist an, bleibt auf der Straße für ihre Arbeit stehen und schickt das fertige Produkt als Datei an den jeweiligen Auftraggeber. Der kann ganz in Ruhe seine Bilder selber ausdrucken oder einen entsprechenden Auftrag zum Ausdrucken erteilen. Gabriel bietet ihr Angebot auch nach Ostern weiter an und das nicht nur mit dem Hinblick auf den kommenden Muttertag. „Es ist ein Stück Geschichte, das ich derzeit fotografiere und ich trage einen Teil dazu bei, dass es später einmal abrufbar ist“, sagt Gabriel.

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