Tierschutz im Kreis Viersen „Fell & Federn“ darf wieder helfen – theoretisch

Kreis Viersen · Der Kreis Viersen hat ein Vierteljahr nach der Hausdurchsuchung das Verfahren gegen die ehrenamtliche Wildtierhilfe „Fell & Federn“ eingestellt. Warum Anna Pilz und ihr Team dennoch den Tieren aktuell nicht helfen dürfen.

 Anna Pilz von der Wildtierhilfe „Fell & Federn“ mit einen Jungigel. „Wir wollen einfach nur Tieren helfen.“

Anna Pilz von der Wildtierhilfe „Fell & Federn“ mit einen Jungigel. „Wir wollen einfach nur Tieren helfen.“

Foto: Knappe, Jörg (jkn)/Knappe, Jörg (knap)

Der Kreis Viersen hat das Verfahren gegen die ehrenamtliche Wildtierorganisation „Fell und Federn“ eingestellt. Die beim Kreis angesiedelte Untere Naturschutzbehörde hatte nach einer Strafanzeige wegen „unerlaubter Aufnahme von Wildtieren“ gegen die Tierschutzordganisation ermittelt und im März eine Hausdurchsuchung bei dem in Nettetal ansässigen Verein durchgeführt. Anna Pilz, die dort verletzte Wildtiere aufpäppelt, durfte in der Folge keine Wildtiere mehr aufnehmen. Wer ein verletztes Wildtier findet, muss sich seitdem an die Feuerwehr wenden. An dieser Regelung gab es scharfe Kritik, unter anderem vom Bund für Umwelt und Naturschutz Kreis Viersen. Vorwurf: Der Kreis kriminalisiere ehrenamtliche Helfer, den verletzten Tieren würde nicht geholfen, sie würden – wie beispielsweise eine verletzte Graugans – erschossen.

Nach einem Gespräch mit Anna Pilz erklärte Landrat Andreas Coenen (CDU) nun: „Die ehrenamtliche Arbeit engagierter Bürgerinnen und Bürger ist auf vielen Feldern eine wichtige Stütze. Ich schätze dieses Engagement sehr. Darum bin ich froh, dass wir einen Weg gefunden haben, wie die ehrenamtliche Tätigkeit der Wildtierhilfe rechtmäßig fortgesetzt werden kann.“ Gemeinsames Ziel sei es, unnötiges Leid von Tieren zu verhindern, so der Landrat. „Damit dies gewährleistet ist, sind bestimmte Fachkenntnisse und geeignete Unterbringungsmöglichkeit erforderlich. Der Kreis ist hier gerne behilflich.“

In dem Gespräch, das auf Vermittlung der grünen Kreistagsfraktion zustande kam, räumte der Landrat ein, dass die Hausdurchsuchung als „nicht verhältnismäßig“ anzusehen sei – und entschuldigte sich bei Pilz dafür.

„Wir freuen uns, dass es uns gelungen ist, Missverständnisse auf beiden Seiten auszuräumen, und dass nun alle Verfahren gegen Fell und Federn eingestellt wurden,“ erklärte Jürgen Heinen, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag nach dem Gespräch. „Die zwischenzeitliche ,Kriminalisierung’ der Ehrenamtler hat der Überprüfung der Fakten nicht standgehalten“, betonte er.

Gleichwohl: Glücklich sind die Grünen mit dem Ausgang des von ihnen vermittelten Gesprächs nicht. Denn Pilz und die anderen ehrenamtlichen Helfer dürfen ihre Arbeit weiterhin nicht ausüben. Anna Pilz muss zunächst laut Kreis einen Sachkundehinweis zum Betreiben einer Auffangstation erbringen. Eine Vorgabe, die sie derzeit gar nicht erfüllen kann, da der Kreis Viersen über keine entsprechend ausgebildete Person verfügt, die diesen Nachweis abnehmen könnte. Eine solche Person soll nun schnellstmöglich gefunden werden, sagte Coenen.

„Die Weiterführung der ehrenamtlichen Wildtierhilfe ist damit leider noch nicht sichergestellt“, bedauert Jens-Christian Winkler, grünes Kreistagsmitglied und Vorsitzender des Ausschusses für Verbraucherschutz. Während Mönchengladbach oder der benachbarte Kreis Heinsberg praktizierte Wildtierhilfe ganz einfach möglich machten und auf hohe, bürokratische Hürden verzichteten, mache der Kreis Viersen es schwer, sich ehrenamtlich in der Wildtierhilfe zu engagieren, bedauert Winkler. „Aktuell gibt es durch die Entscheidungen des Veterinäramtes und der Unteren Naturschutzbehörde große Lücken bei uns im Kreis in diesem Bereich des Tierschutzes. Seit der Schließung der Wildtierhilfe Nettetal gibt es so gut wie keine Alternativen.“ Auch die SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Eva Pascher-Bellmanns sieht keinen wirklichen Fortschritt in Sachen Wildtierwohl. „Denn nach wie vor gibt es keinen Ansprechpartner im Kreis Viersen für verletzte Wildtiere – und wie lange dieser Zustand anhält ist ungewiss.“ Der BUND spricht von einer „erneuten Hinhaltetechnik“ des Kreises und fragt, was mit anderen ehrenamtlichen Helfern ist, die sich ebenfalls im Wildtierbereich einbringen. Müssen sie alle nun eine Sachkundeprüfung ablegen, um in den Einsatz gehen zu dürfen? Antwort des Kreises: „Wer Wildtiere aufnehmen will, muss einen Sachkundenachweis zum Betreiben einer Auffangstation erbringen und die Tiere tierschutzkonform unterbringen.“ Jürgen Heinen sieht das kritisch: „Zuviel Paragraphenliebe steht hier dem so notwendigen wie dankenswerten Engagement der Menschen entgegen.“ Die Leidtragenden seien am Ende die Tiere. „Und das kann nicht im Sinne des Tier- und Naturschutzes sein.“

Und was sagt Anna Pilz? „Wir wollen einfach nur Tieren helfen. Ich möchte so schnell wie möglich den geforderten Sachkundenachweis ablegen und hoffe, dass dies möglich ist.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort