Corona in Viersen Harry wartet in Mexiko

Dülken · Von Dülken aus unterrichtet Gunter Fischer Schüler in Mexiko und gibt Lehrerfortbildungen in dem lateinamerikanischen Land. Der ehemalige Schulleiter vom Clara-Schumann-Gymnasium verweilt nur notgedrungen in seiner Heimatstadt.

 Gunter Fischer unterrichtet von zu Hause in Dülken aus per Video- und Zoomkonferenz seine Schüler, versorgt sie mit Lernmaterial, bereitet Unterricht vor und führt Lehrerfortbildungen durch.

Gunter Fischer unterrichtet von zu Hause in Dülken aus per Video- und Zoomkonferenz seine Schüler, versorgt sie mit Lernmaterial, bereitet Unterricht vor und führt Lehrerfortbildungen durch.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Lehrerversammlung von 2 bis 4 Uhr nachts. Unterricht, der um 20.05 Uhr beginnt und sich in die Abendstunden zieht. 23 Uhr als Start einer Fortbildung für Lehrer. Die Arbeitszeiten von Gunter Fischer muten ein wenig merkwürdig an. Zumindest wenn man sie unter dem Gesichtspunkt der mitteleuropäischen Sommerzeit betrachtet. Für Mexiko hingegen sind es ganz normale Zeiten. 23 Uhr in Dülken entspricht 16 Uhr in Puebla. Und dort wäre Fischer eigentlich auch.

Der ehemalige Schulleiter vom Clara-Schumann-Gymnasium, der seit knapp zwei Jahren in Rente ist, unterrichtet in Puebla an der deutschen Schule, dem Colegio Humboldt. Zudem bildet er dort Lehrer aus, denn der Dülkener ist Moderator in der Lehrerfortbildung betreffend die regionale Fortbildung für das deutsche Schulwesen in Mexiko. Die Verbindung zu Mexiko bestand schon zu seiner Zeit als Schulleiter. Fischer wurde nach seiner Pensionierung angesprochen, ob er sich weiter einbringen wollte und entschied sich, für zwei Jahre nach Mexiko zu gehen.

Am 29. Januar gab er morgens in seiner Funktion als Vertretungslehrer noch eine Stunde Mathematik am Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasium in Viersen. Am gleichen Nachmittag saß er im Flieger nach Mexiko, wo er die Wohnung eines nach Hause gereisten Kollegen im Gegenzug für seine Borussia Mönchengladbach Dauerkarte übernehmen konnte. Im Colegio Humboldt war Fischer von der digitalen Ausstattung der deutschen Schule begeistert. „Dort wird Digitalisierung gelebt. Das Blended Learning läuft hervorragend. Man kann Klassen ganz anders unterrichten und das Lernen der Schüler noch besser fördern“, berichtet Fischer, der Mathematik in der Mittel- und Oberstufe unterrichtet. Er lebte sich schnell ein und erhielt sogar Familienzuwachs. Harry zog bei ihm ein. Ein Straßenhund, den eine Kollegin als Welpe aufgegriffen hatte und der ein neues Zuhause bei Fischer fand. Sprachlich gab es für den 67-Jährigen keine Probleme. Durch viele VHS-Kurse in Viersen hatte er sein Spanisch optimiert. Doch dann kam aufgrund von Corona alles anders als gedacht.

Am 18. März wurde die Schule in Pueblo geschlossen. „Das war an für sich kein Problem, da grundsätzlich viel digital gearbeitet wurde. Wir haben die Arbeit einfach komplett digital weiter umgesetzt“, sagt Fischer. Doch die medizinische Situation in Mexiko verschärfte sich. „Wenn man aus der Ferne auf Deutschland schaut, dann weiß man erst einmal, wie gut das Gesundheitssystem daheim aufgestellt ist und wie gut die Maßnahmen sind, die in Deutschland laufen“, bemerkt Fischer. Für ihn war ein Punkt in Mexiko erreicht, an dem er sich nicht mehr gut aufgehoben fühlte. Fischer beschloss, zunächst einmal nach Dülken zurück zu kehren.

Der Rückflug mit Temperatur messen, bevor es überhaupt in den Hauptbereich des Flughafens ging, den Fragen nach Husten und Schüttelfrost, dem erneuten Temperatur messen vor Eintritt ins Flugzeug und der Flug selber, bei dem gerade einmal knapp 50 Menschen im Flieger saßen sowie der leere Flughafen in Amsterdam bei der Ankunft – Fischer bezeichnet die gesamte Rückreise als gespenstisch. Wieder daheim meldete er sich sofort beim Gesundheitsamt, worauf er prompt die Verfügung erhielt, sich 14 Tage in häusliche Quarantäne zu begeben und jeden Tag zweimal Fieber zu messen. Langeweile kennt Fischer indes nicht. Er unterrichtet per Video- und Zoomkonferenz seine Schüler, versorgt sie mit Lernmaterial, bereitet Unterricht vor und führt Lehrerfortbildungen durch.

Das einzige, was ihm in Dülken fehlt, ist Harry. Der junge Rüde sollte eigentlich mit. Alles war vorbereitet, aber dann untersagte die Fluggesellschaft die Mitnahmen des Hundes. Harry lebt jetzt bei Freunden in Mexiko und freut sich, wenn er seinen Besitzer wiedersehen wird. Denn zurück nach Mexiko will Fischer auf jeden Fall. Die Frage ist nur wann. Das Colegio Humboldt ist bis zum 1. Juni definitiv geschlossen. 

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