"Mobile Retter" Ersthelfer per App zum Einsatz

Kreis Viersen · Mit der App "Mobile Retter" können professionelle Ersthelfer außerhalb ihrer Dienstzeiten freiwillig an Einsatzorten Hilfe leisten. Die SPD hat die App für den Kreis Viersen vorgeschlagen, der Fachausschuss soll nun beraten

 Erste Hilfe von Fachkundigen: Mithilfe einer App können "Mobile Retter" bereits vor Eintreffen der Einsatzkräfte bei Notfällen erste lebenserhaltende Maßnahmen einleiten. Im System können sich nur Freiwillige mit einer Qualifikation mit Medizin- oder Rettungswesen registrieren.

Erste Hilfe von Fachkundigen: Mithilfe einer App können "Mobile Retter" bereits vor Eintreffen der Einsatzkräfte bei Notfällen erste lebenserhaltende Maßnahmen einleiten. Im System können sich nur Freiwillige mit einer Qualifikation mit Medizin- oder Rettungswesen registrieren.

Foto: Malteser

Ist ein ausgebildeter Ersthelfer als "Mobiler Retter" in der Nähe eines Notfalls, könnte er noch vor Eintreffen der alarmierten Rettungskräfte mit lebensrettenden Maßnahmen beginnen - so die Grundidee hinter der App "Mobile Retter". Die Kreisfraktion der SPD hatte Anfang des Jahres angeregt, eine Nutzung der App im Kreis Viersen möglich zu machen. "Der Vorschlag hat nichts mit dem neuen Rettungswachenkonzept zu tun und steht mit dem Thema nicht im Zusammenhang", betont Hans Smolenaers, Vorsitzender der SPD-Kreisfraktion. Von der App könnten die Städte und Gemeinden im Kreis unabhängig von einem Strukturwechsel im Rettungsdienst profitieren.

Das Angebot ist beispielsweise an Ärzte, Mitarbeiter des Rettungsdienstes und der Feuerwehr oder Pflegekräfte gerichtet. Wenn ein Notruf in der Leitstelle der Einsatzkräfte eingeht, ermittelt der Mobile-Retter-Server der Leitstelle vollständig automatisiert den zum Einsatzort nächst verfügbaren professionellen Ersthelfer. Dieser wird per App benachrichtigt und kann vor Ort Erste Hilfe leisten.

Der Begriff "Ersthelfer" wird unterschiedlich gedeutet. Im alltäglichen Gebrauch sind damit meist Laienhelfer gemeint, wie Passanten, die Betroffenen in einem Notfall im Maße ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten Erste Hilfe leisten. Dazu gehören beispielsweise das Alarmieren der Rettungskräfte oder eine Herz-Lungen-Wiederbelebung.

In der professionellen Notfallrettung hingegen sind meist lokale, unterstützende Fachkräfte gemeint. Diese werden manchmal als Helfer vor Ort (HvO) bezeichnet und können qualifizierte Erste Hilfe leisten, die Lage im Gegensatz zu Laien fachlich beurteilen und die Zeit bis zum Eintreffen der Rettungskräfte mit den richtigen Maßnahmen überbrücken. Dadurch können die Chancen auf eine Genesung der Betroffenen erheblich gesteigert und das Risiko für Folgeschäden gesenkt werden.

Im Netzwerk der "Mobilen Retter" soll es um diesen Aspekt gehen: Medizinisch ausgebildete Leute sollen bei Notfällen in ihrer Nähe kompetente Ersthelfer sein können. "Dabei wollen wir in keinem Fall jemanden dazu verpflichten, außerhalb seiner Dienstzeiten zu arbeiten", sagt Smolenaers. Die App soll eine Möglichkeit für qualifizierte Kräfte sein, sich freiwillig als Ersthelfer für das System zur Verfügung zu stellen.

"Die CDU-Kreistagsfraktion steht dieser Idee offen gegenüber und hat deshalb im Kreistag zugestimmt, das Thema in den Fachausschuss zu verweisen, damit es dort beraten werden kann", sagt Peter Fischer, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion. Die nächste Sitzung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ordnung und Rettungswesen soll planmäßig am 20. Juni stattfinden. "Aus unserer Sicht müssen viele Fragen und Details geklärt werden." Dazu gehöre, welche Erfahrungen anderorts gemacht worden sind, aber auch, wie die rechtliche Lage für Ersthelfer ist und "wie sich die Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienst gestaltet", sagt Fischer. Auch Hans-Willy Troost, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Kreistag, fordert eine fachliche Analyse des Vorschlags: "Wir brauchen noch mehr Recherchen im Kreis dazu, eine fachliche Bewertung ist nötig." Zunächst stehe die FDP dem Thema "offen gegenüber".

Auch wenn das Konzept sich im Kreis als nützlich und umsetzbar erweisen sollte, gilt es noch zu klären, wie hoch die Lizenz-Kosten für die App sowie für zusätzliche Schulungen der Teilnehmer sein könnten. Pauschale Schätzungen seien nicht möglich, sagt Smolenaers. Zwischen 30.000 und 100.000 Euro würden die Kosten erfahrungsgemäß in anderen Kommunen liegen, die das System etabliert haben. Smolenaers: "Das hängt von vielen Faktoren ab, wie beispielsweise der Beteiligung oder dem Einsatzgebiet." Eine genauere Vorstellung von den Kosten für den Kreis Viersen könnte es erst nach einer fachlichen Beurteilung geben. "Vielleicht kommt auch eine Kostenbeteiligung des Landes infrage", sagt Jürgen Heinen (Grüne). Insgesamt habe die Fraktion den Vorschlag bislang positiv aufgenommen. Heinen: "Wir werden uns rege an der Diskussion beteiligen."

Ein Beispiel für die "Mobilen Retter" ist der Kreis Kleve. Im März 2017 wurde das Programm nach zwei Jahren Vorbereitung gestartet. Insgesamt 276 "Mobile Retter" unterstützen seitdem die Einsatzkräfte und absolvierten bis Ende des Jahres 108 Einsätze. Die Umsetzung wertet Landrat Wolfgang Spreen (CDU) als erfolgreich und sieht die "Mobilen Retter" als "einen weiteren wichtigen Baustein in der Notfallrettung".

Ein mobiles Netzwerk für schnelle Erste Hilfe

Wer Nur Freiwillige mit bestimmten Qualifikationen können "Mobile Retter" werden, beispielsweise Ärzte, Rettungsdienstmitarbeiter, Feuerwehrleute oder Gesundheits- und Krankenpfleger.

Wo Aktiv sind "Mobile Retter" in zehn Landkreisen und in einer kreisfreien Stadt.

Wann 2013 startete im Kreis Gütersloh das bundesweit erste Pilotprojekt.

(juz)
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