Niederkrüchten Elmpter feiern morgen Kirchturm-Geburtstag

Niederkrüchten · Der Turm der Pfarrkirche St. Laurentius musste in 400 Jahren viel aushalten: Mal schlug der Blitz ein, mal wehte ein Sturm die Spitze ab. Zum Ende des Krieges wäre der Turm beinahe gesprengt worden.

 Der Turm der Pfarrkirche St. Laurentius wurde vermutlich im Jahr 1615 vollendet. Das 400-jährige Bestehen des Turmes wird am Sonntag gefeiert.

Der Turm der Pfarrkirche St. Laurentius wurde vermutlich im Jahr 1615 vollendet. Das 400-jährige Bestehen des Turmes wird am Sonntag gefeiert.

Foto: Busch

Den Kopf in den Nacken gelegt schaut der Betrachter nach oben. Der Blick gleitet am Kirchturm entlang, höher und höher, über die Simse, vorbei an den Fenstern, in Richtung Himmel. Wir kennen heute viele hohe Bauwerke - Hochhäuser, Wassertürme, Windkrafträder. Doch wie imposant mag dieser Kirchturm vor 400 Jahren ausgesehen haben?

Im Jahr 1615 wurde der Turm der Kirche St. Laurentius in Elmpt vermutlich fertiggestellt. Genau weiß man das nicht. Historische Quellen berichten von Eisenankern, die im Turm angebracht waren und auf das Jahr 1611 verwiesen. Allerdings sei er wahrscheinlich erst 1615 vollendet worden. Das fand der Elmpter Dr. Karl-Heinz Achten bei seinen Recherchen zur Geschichte der Kirche heraus, und dies nahm die Pfarrgemeinde zum Anlass, jetzt nicht nur das Kirchweihfest zu feiern, sondern mit ihm auch das 400-jährige Bestehen des Turmes.

Im Laufe der Jahrhunderte hatten Kirchtürme viele Funktionen: Sie verbanden optisch Himmel und Erde miteinander, boten im Inneren Raum für ein stilles Gebet. Sie beherbergten die Glocken, die weithin nicht nur die Gläubigen zum Gottesdienst riefen, sondern auch die Stunde kündeten und den Menschen in der Umgebung anzeigten, dass jemand gestorben war. In Kriegszeiten brachten die Einwohner aus dem Umland ihre Wertsachen im Kirchturm in Sicherheit, und bei Sturm oder Feuer läuteten die Glocken Alarm.

Der vor 400 Jahren errichtete Elmpter Turm musste im Laufe der Zeit viel aushalten: 1870 und 1874 schlugen Blitze ein, 1889 wehte ein Sturm den Turmhelm herunter. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges wäre der Turm beinahe gesprengt worden: Wie Achten berichtet, sprengten deutsche Truppen bei ihrem Rückzug aus den Niederlanden Kirchtürme im Grenzgebiet - auf niederländischer wie auf deutscher Seite. Die alliierten Truppen sollten keine Beobachtungsposten in den Türmen einrichten können.

So wäre es fast auch in Elmpt geschehen. Achten erzählt, dass ein deutscher Feldwebel im Februar 1945 ein Haus sprengen wollte, in dem Wehrmachtskleidung lagerte. Die Kleidung sollte den Alliierten nicht in die Hände fallen. Achtens Tante Therese Derix und sein damals 16-jähriger Bruder Willi redeten so lange auf den Feldwebel ein, bis der von seinem Vorhaben abließ. Doch von dem Plan, den Kirchturm sprengen zu wollen, konnten sie ihn nicht abbringen. Der Feldwebel ging zum Pfarrer, und der hatte mehr Glück: In der Diskussion gelang es Pfarrer Theodor Trecker, den Feldwebel von seinem Plan abzubringen. Der Turm wurde nicht gesprengt, und Trecker führte zum Dank eine Prozession ein, die noch heute die Gläubigen einmal im Jahr zur Kapelle in Overhetfeld führt.

Die Kirche St. Laurentius selbst ist deutlich älter als ihr heutiger Turm. Sie wurde vermutlich im 15. Jahrhundert gebaut, das lässt sich aus der Jahreszahl 1441 auf einer Glocke schließen. Bei Grabungen wurden Reste von zwei älteren Kirchen entdeckt. Die erste wurde wohl im 9. oder 10. Jahrhundert errichtet. Dafür spricht nicht nur das gefundene Baumaterial, sondern auch das Patronat: Der Heilige Laurentius gelangte im 10. Jahrhundert zu großer Beliebtheit - hatte doch Otto I. im Jahr 955 am Laurentius-Tag, am 10. August, die Ungarn geschlagen, die für Verwüstungen gesorgt hatten. So manche Kirche wurde daraufhin Laurentius gewidmet, erläutert Achten. Weitere Laurentius-Kirchen gibt es beispielsweise in Grefrath und in Odenkirchen.

Der Kirchturm steht nun im Zentrum des Kirchweihfestes, das in Elmpt am Sonntag, 15. November, gefeiert wird. Urban Federer, Abt des Klosters Einsiedeln, ist erstmals zu Gast. Das Pontifikalamt in St. Laurentius beginnt um 10 Uhr, mitgestaltet wird es vom Musikverein Cäcilia Overhetfeld. Beim Basar des Lepra-Strickkreises im Pfarrheim können Besucher im Anschluss mit dem Abt ins Gespräch kommen.

(RP)
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