Brüggen Eine Mühle bewahrt die Erinnerungen

Brüggen · In der Brachter Mühle und Nebengebäuden sammelt der Trägerverein all die Dinge, die man in der Landwirtschaft noch bis in die 1960er-Jahre brauchte. Bevor große Trecker und Erntemaschinen aufkamen, erledigte man vieles von Hand

 Der Trägerverein Brachter Mühle öffnet das historische Gebäude regelmäßig für Besucher. Auch können Brautpaare in der Mühle heiraten - das Gebäude dient als Außenstelle des Brüggener Standesamts.

Der Trägerverein Brachter Mühle öffnet das historische Gebäude regelmäßig für Besucher. Auch können Brautpaare in der Mühle heiraten - das Gebäude dient als Außenstelle des Brüggener Standesamts.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Wer heute von vergangenen Zeiten träumt, vom idyllischen Leben auf dem Land, der wird an diese Zeit vermutlich keine Erinnerung haben. Denn früher war keineswegs alles besser, betont Wilfried Gerhards. Das Landleben war für die Menschen mit harter körperlicher Arbeit verbunden. Davon zeugen all die Gerätschaften, die der Trägerverein Brachter Mühle in der Mühle und den Nebengebäuden sammelt. Wilfried Gerhards, stellvertretender Geschäftsführer des Vereins und versiert im Umgang mit Werkzeug, kümmert sich um die Geräte, treibt ihnen den Holzwurm aus und setzt sie instand.

 Kälberhuf an die Schlinge binden, kurbeln - so kommt das Tier auf die Welt.

Kälberhuf an die Schlinge binden, kurbeln - so kommt das Tier auf die Welt.

Foto: Busch Franz-Heinrich sen.

Als man die Feldarbeit noch von Hand erledigte, waren die Äcker kleiner als heute. "Die Höfe hier in der Umgebung hatten eine Durchschnittsgröße von maximal vier Morgen, also 10.000 Quadratmeter", erklärt Gerhards. "Das ist das, was man von Hand bestellen kann." Was der Bauer brauchte, um seine Felder zu bestellen, ist in der Mühle zu sehen: Eggen gibt es da, die ein Mensch ziehen kann - die alten Modelle haben ein Holzrad, die neueren schon ein Rad aus Eisen. Ausgestellt sind Karren, auf denen Rüben oder Kartoffeln transportiert wurden, und ein Leiterwagen, auf den man mit der Gabel schwungvoll das Heu warf. Vor den Wagen wurden Pferd oder Ochse gespannt - ihre Zuggeschirre hängen sorgsam aufgereiht an einer Wand. Darunter ist auch ein besonders kleines Geschirr für eine Ziege, die man vor einen kleinen Karren spannte.

 Wilfried Gerhards zeigt Zuggeschirre für Ochsen, Pferde und Ziegen.

Wilfried Gerhards zeigt Zuggeschirre für Ochsen, Pferde und Ziegen.

Foto: Busch Franz-Heinrich sen.

Dreschflegel gibt es in leichter und schwerer Ausfertigung, frühe Kartoffelsortierer und Rübenschnitzler, Werkzeug für die Holzbearbeitung wie Hobel, Hammer und Säge, und einen Ofen für die Küken-Aufzucht. Ebenfalls zu sehen sind zwei Strohschneider - einer aus dem 18. Jahrhundert, einer aus den 1960er-Jahren. Daneben steht eine Wannmühle, in der das Getreide von Verunreinigungen befreit wurde: Man gibt das Getreide hinein und dreht eine Kurbel, die in der Mühle ein Rad mit Flügeln in Gang setzt. Durch den so erzeugten Luftstrom trennt sich die Spreu vom Weizen - leichte Teile fliegen eben weiter als schwere.

 In der Scheune neben der Mühle stehen Wagen und Karren.

In der Scheune neben der Mühle stehen Wagen und Karren.

Foto: Busch Franz-Heinrich sen.

Ein großer Kochkessel, gestiftet von einer Familie aus Boerholz, diente zum Kochen des Viehfutters. Er wurde auch zur Herstellung von Panhas ("Tüüt") benutzt. Auf dem Hof stellte man auch Butter selbst her. Ein altes Butterfass ist ebenso zu sehen wie eine Miele Buttermaschine, die als "die beste" aller Buttermaschinen angepriesen wurde. Sie stammt aus dem Jahr 1898, eine Brachter Familie gab das Stück an das Museum. Viele Gerätschaften waren bis vor wenigen Jahrzehnten noch in Gebrauch. Auch die Karren wurden nach dem Zweiten Weltkrieg noch verwendet, "man musste ja nehmen, was man hatte", sagt Gerhards.

Die Firma Schouren, heute noch in Bracht mit einem Renault-Autohaus vertreten, ist seit über 100 Jahren in Bracht ansässig. Der Tischlermeister Wilhelm Schouren führte im 19. Jahrhundert eine Werkstatt für Landmaschinen an der Altkevelaerstraße. Ein Teil der frühen Maschinen, die in der Mühle zu sehen sind, wurden bei Schouren gefertigt. Entsprechend ist auch die erste Werkstatt Schourens in der Mühle nachgestellt - inklusive Bandsäge und Schraubenbox. Daneben stehen Obstpresse und Honigschleuder, eine Kastriermaschine für Ferkel und ein "Geburtshelfer" für Kühe: Um dem Kälbchen auf die Welt zu helfen, wurde eine Schlinge an den Kälberfuß gebunden, sobald dieser ans Licht kam. Dann drehte man eine Kurbel, um das Kälbchen aus dem Leib der Mutter zu ziehen.

Info Am Samstag, 22. April, räumen Freiwillige ab 11 Uhr die Mühle an der Brüggener Straße 13 und das Außengelände auf, Helfer sind willkommen. Geöffnet ist an Mühlentagen, der nächste Mühlentag ist am Sonntag, 7. Mai, ab 12 Uhr. www.brachter-muehle.de.

(RP)
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