Viersen Ein Ausweg aus der Alkoholsucht

Viersen · Das "Käffchen am Steinkreis" lud zur ersten Lesung in seine Räumlichkeiten ein. Für die Autorin Sabine Hermanns war es zugleich das erste Mal, dass sie Ausschnitte aus ihrem autobiografischen Werk "Der blaue Faden" vortrug.

 Erste Lesung im "Käffchen am Steinkreis": Sabine Hermanns liest aus ihrem Roman " Der blaue Faden".

Erste Lesung im "Käffchen am Steinkreis": Sabine Hermanns liest aus ihrem Roman " Der blaue Faden".

Foto: Busch

Die Aufregung ist Sabine Hermanns zwar nicht anzusehen, aber sie ist da. "Es ist mein erstes Buch, es ist meine erste Lesung. Ich bin ganz schön aufgeregt und hoffe, dass sich das gleich legt", verrät sie. Doch bevor die Willicher Autorin zu ihrem Erstlingswerk greift, erzählt sie ein bisschen zur Entstehungsgeschichte. Denn das Buch "Der blaue Faden" ist nicht irgendein Phantasiewerk, sondern ein autobiografischer Roman. Auf 350 Seiten erzählt Hermanns über ihr Leben als Alkoholikerin. Und es war eine unglückliche Liebe, die sie bei einem Seminar zur Suchtkrankenhelferin-Ausbildung, zu Papier und Stift greifen ließ.

"Ich konnte nicht schlafen und habe mir eines Nachts den Frust von der Seele geschrieben", berichtet sie. Diese vier Seiten flossen in ihre Seminarabschlussarbeit ein und die Seminarleiterin machte den Vorschlag, sie solle doch mehr verfassen.

Anderthalb Jahre vergingen. Mal mit Schreibpausen, dann wieder Zeiten intensiven Schreibens. Letztendlich war "Der blaue Faden" — eine Anspielung auf "blau sein" und den "roten Faden", der sich durch ihre Lebensgeschichte zieht — fertig. "Durch Mona im Buch erzähle ich meine eigene Suchtgeschichte. Monas Gefühle sind meine", betont Hermanns.

Nach der kurzen Einführung greift die Autorin zum Buch und nimmt die Zuhörer, die dicht an dicht im "Käffchen" sitzen, mit auf ihre Lebensreise, die an einem Morgen kurz nach Weihnachten beginnt, als Mona mit Erleichterung die Abreise ihres Mannes auf eine Geschäftsreise erlebt. Hermanns beschreibt eindrucksvoll Monas Gefühlswelt und auf den ersten wenigen Seiten wird klar, wie es in ihr aussieht und wie ihre Umwelt sie wahrnimmt. Mona ist Alkoholikerin, aber noch nicht einmal ihre beste Freundin ahnt etwas oder will es vielleicht nicht wahrhaben. Dann ein Sprung, den das Buch ist auf zwei Ebenen geschrieben. Mona erinnert sich an einschneidende Erlebnisse aus ihrer Kindheit.

Bei der Lesung gelingt Hermanns dieser Unterschied zwischen der kleinen und großen Mona hervorragend, da Agnes Berg, die Tochter einer Freundin, die Textpassagen der jungen Mona vorliest. Es ist ergreifend zu hören, wie sich Mona als knapp Vierjährige um die Zuneigung der Mutter bemüht, die nur noch Augen für den kleinen Bruder hat, ihn allzeit lobend hervorhebt und Mona herabsetzt. Der erste Kontakt zum Alkohol in Form von Altbier und Apfelkorn bei einer Party im Vereinsheim des Tennisclubs, der erste Freund, das Kennenlernen des Ehemannes — Schritt für Schritt erfährt der Leser mehr über Monas Vergangenheit, während sich zeitgleich ihre Gegenwart zuspitzt. Mona nähert sich einem völligen Zusammenbruch. Sie liegt im Bett, trinkt und übergibt sich. Sie ist völlig desolat. Vor den Augen der Zuhörer entsteht das Bild einer Alkoholikerin. Das es aber einen Ausweg gibt, spiegelt Hermanns wieder, auch wenn die Lesung kurz vor Monas Zusammenbruch, aufhört.

"Ich möchte mit dem Buch anderen Suchtkranken Mut machen und zeigen, dass es auch einen Weg aus der Sucht heraus gibt", betont Hermanns zum Abschluss. Sie selber ist das beste Beispiel dafür.

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(tref)
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