Billard-WM in Viersen Dreiband-Billard - "Doch nicht so einfach"

Viersen · Ab Donnerstag ist die Elite des Dreiband-Billards wieder in Viersen zu Gast, um den Mannschafts-Weltmeister zu ermitteln. Ein Selbstversuch in der Festhalle soll helfen, die Leistungen der Ausnahmekönner besser einschätzen zu können.

 Unter Anleitung von Bundestrainer Wolfgang Zenkner gelingt RP-Redakteur David Beineke der Eröffnungsstoß beim Dreiband-Billard. Die Profis Dustin Jäschke, Martin Horn, Ronny Lindemann und Stefan Galla (v.l.) schauen zu.

Unter Anleitung von Bundestrainer Wolfgang Zenkner gelingt RP-Redakteur David Beineke der Eröffnungsstoß beim Dreiband-Billard. Die Profis Dustin Jäschke, Martin Horn, Ronny Lindemann und Stefan Galla (v.l.) schauen zu.

Foto: Busch

Ortstermin Festhalle Viersen. Wolfgang Zenkner, Bundestrainer der Dreibandspieler, erwartet mich schon im Ernst-Klusen-Saal. Denn während im großen Saal noch für den morgigen Beginn der Mannschafts-Weltmeistershaft aufgebaut wird, steht dort schon ein spielbereiter Carambolage-Tisch. Schließlich brauchen die deutschen Billard-Profis noch die eine oder andere Trainingseinheit, denn sie sind bei ihrem "Heimspiel" schon so etwas wie ein natürlicher Medaillenkandidat. Jetzt können sie aber erst mal nicht an den Tisch, denn ich habe Zenkner gebeten, mich in einem Crashkurs in die Geheimnisse des Dreiband-Billards einzuweisen. Außerdem möchte ich mal ausprobieren, ob es wirklich so schwer ist, eine Carambolage mit zwischengeschalteten drei Bandenberührungen hinzubekommen.

Schließlich hat fast jeder schon mal Fußball gespielt und kann in etwa einschätzen, was es heißt, im Vollsprint über den Platz zu rennen und dann noch aufs Tor zu schießen. In Sachen Tennis und Tischtennis vermag ich auch aus eigenen Versuchen zu beurteilen, was für außergewöhnliche Leistungen die besten der Welt vollbringen. Aber beim Dreiband-Billard? Zunächst zeigt mir Zenkner, wie die Bälle bei der Eröffnung jeder Partie liegen müssen: die beiden Spielbälle (gelb und weiß) im unteren Bereich des Tisches auf zwei markierten Punkten exakt 18,25 Zentimeter auseinander, der rote Ball weit oben Richtung anderes Ende des Tisches. Dann macht Zenkner einen Stoß vor. Sieht gar nicht so schwer aus. Doch als ich mir dann einen Queue schnappen möchte, verpasst mir Zenkner erst mal einen Dämpfer. "Wir versuchen erst mal etwas Leichteres", sagt er und platziert die Bälle so, dass ich es möglichst einfach habe. Als ich dann zum Stoß ansetze, meint er: "Gut, sie haben nicht zum ersten Mal einen Queue in der Hand." Stimmt, ich hatte das Glück, in der Nähe einer Jugendeinrichtung der Arbeiterwohlfahrt aufzuwachsen, wo ich so manchen Nachmittag mit Poolbillard verbracht habe, ein paar Stöße konnte ich dort auch an einem Carambolage-Tisch machen. Im Vergleich zu dem WM-Tisch in der Festhalle war der aber winzig klein. Das Profigerät misst stolze 1,42 mal 2,84 Meter. Dazu ist der Tisch noch ganz frisch bezogen, hat nagelneue Banden und ist auch noch beheizt. Außerdem sind die Bälle fast neu. "Das hat alles Einfluss auf den Stoß. Je neuer das Material, desto kürzer ist der Ausfallwinkel", verrät die deutsche Nachwuchshoffnung Dustin Jäschke, der auch trainieren möchte. Doch er wartet geduldig. Zenkner erklärt mir, welchen Effet (Rotation) ich meinem Spielball mitgeben soll und wo ich die erste Kugel anspielen muss, damit eine Carambolage über drei Banden zustande kommt. Und auch wenn ich nach dem Stoß und dem ersten Kontakt der Bälle das Gefühl habe, als hätte ich zu wenig Kraft hineingelegt, entwickelt der Spielball auf dem beheizten Tuch genug Tempo und es kommt zur erfolgreichen Carambolage - gleich im ersten Versuch.

 Dustin Jäschke (l.) zeigt, wie die Bälle unter den Stößen leiden. Das kann ihren Weg auf dem Tisch beeinflussen.

Dustin Jäschke (l.) zeigt, wie die Bälle unter den Stößen leiden. Das kann ihren Weg auf dem Tisch beeinflussen.

Foto: Busch

Zeit also, die nächste Stufe zu erklimmen. Zenkner legt die Bälle auf die Eröffnungsposition und verdeutlicht die Unterschiede zur ersten Aufgabe. Jetzt soll ich mit Rechtseffet spielen, den Spielball beim Stoß also rechtsaußen treffen, und den roten Ball nicht zu knapp auf der linken Seite treffen. Das mache ich, doch beim ersten Versuch verpasst der Spielball sein Ziel knapp. Beim zweiten Anlauf klappt's - ein gutes Gefühl. "Gar nicht so schwer", sage ich in einem Anflug von Leichtsinn. Denn gerade bei diesem Präzisionssport kommt es auf Konstanz an und die fehlt bei mir völlig. Die Versuche drei, vier und fünf gehen total daneben. Einmal treffe ich den Spielball zu tief, einmal die rote Kugel zu voll und das nächste Mal stoße ich zu ruckartig. "Doch nicht so einfach", sagt Zenk-ner, "das sind alles Stellschrauben, die Einfluss auf den Erfolg eines Stoßes haben." Ganz abgesehen von Faktoren wie dem Zustand des Tuchs, der Banden und der Bälle. Hinzu kommt, dass es ja erst richtig schwer wird, wenn die Kugeln nicht vorher auf festen Positionen platziert werden. Spaß hat der Selbsttest dennoch gemacht. Vor allem kann ich jetzt besser beurteilen, welche außergewöhnlichen Kunststücke die Profis auf den Tischen vollbringen. Und weil ich nicht schuld sein will, dass die Deutschen bei der WM ihre Leistung nicht bringen, lasse ich sie dann doch an den Tisch.

(RP)
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