TV-Journalist aus Viersen Vom WDR-Vorabend in die RTL-Primetime

Interview | Viersen · Der Süchtelner Dieter Könnes („Könnes kämpft“) moderiert jetzt „Stern-TV am Sonntag“. Mit unserer Redaktion spricht er über investigativen Journalismus, die Sehnsucht nach Wahrheit – und sein Verhältnis zum WDR.

 „Es gibt eine Sehnsucht nach Wahrheit“, sagte Dieter Könnes beim Gespräch mit RP-Redaktionsleiter Martin Röse.

„Es gibt eine Sehnsucht nach Wahrheit“, sagte Dieter Könnes beim Gespräch mit RP-Redaktionsleiter Martin Röse.

Foto: Nadine Fischer

Viele Jahre kennt man Sie aus dem WDR-Fernsehen — vor allem mit der Sendung „Könnes kämpft“. Jetzt moderieren Sie den Stern-TV-Ableger „Stern-TV am Sonntag“. Wie kam es zum Wechsel zu RTL?

Könnes Naja, die Sendung „Könnes kämpft“ wurde nach rund 50 Folgen nicht mehr eigenständig weitergeführt. Es sind jetzt kürzere Epidsoden im Rahmen der WDR-Sendung „Servicezeit“. Das bedaure ich natürlich. Denn das ist ja ein investigatives Format, in dem wir vielen Missständen auf die Spur gekommen sind wie die Rheinische Post mit ihrem „Bürgermonitor“ und uns für die sogenannten kleinen Leute einsetzen. Mich haben die Leute auf dem Marktplatz ebenso angesprochen wie auf der Fête und gesagt: „Ich hab‘ da ein Problem, könnt ihr da nicht mal berichten.“

Sind Sie sauer auf den WDR?

Könnes Um ehrlich zu sein: Begeistert war ich am Anfang natürlich nicht. Heute kann ich sagen: Ich bin dem WDR dankbar. Denn wenn dort nicht die Entscheidung gefallen wäre, wäre ja ganz viel nicht passiert.

 Empfängt diesen Sonntag um 22.30 Uhr Star-Geiger David Garrett, der über Leistungsdruck spricht: der Viersener TV-Journalist Dieter Könnes.

Empfängt diesen Sonntag um 22.30 Uhr Star-Geiger David Garrett, der über Leistungsdruck spricht: der Viersener TV-Journalist Dieter Könnes.

Foto: Könnes

Zum Beispiel Ihr Wechsel zu RTL?!

Könnes Ach, der war mehr eine Folge dessen, was davor passiert ist. Ich hatte mehr Zeit, und als die Flutkatastrophe im Ahrtal kam, wollte ich natürlich, wie so viele andere auch, helfen. Mit meinen Möglichkeiten. Über die Menschen und ihre Probleme berichten. Die Verantwortlichen damit konfrontieren. Vernetzen. Oft sind die sozialen Medien ja ein Fluch, aber in dem Fall waren sie ein Segen. Bei Youtube wurden meine Berichte oft angeschaut, und als bei einer Hilfsaktion ein Lkw ausfiel, war nach einem Aufruf innerhalb von wenigen Minuten Ersatz gefunden. Vor allem aber ist mir dabei noch einmal aufgefallen, wie sehr ich das mag: Mit den Leuten sprechen, sie mit Menschen aus der Politik, aus der Verwaltung zusammenbringen, das Gespräch zu moderieren. Und das ist augenscheinlich auch RTL aufgefallen, die mich zum Casting einluden.

Wie haben Sie auf den Anruf reagiert?

Könnes Ich habe denen gesagt: „Notfalls komme ich auch zu Fuß.“ Denn mir war schnell klar: Das ist eine große Chance, mich beruflich noch mal weiter zu entwickeln. Vom WDR-Vorabend in die RTL-Primetime — das ist ja wie Oberliga und Bundesliga. Was aber noch viel wichtiger ist: Dass mir genau das liegt, was Stern-TV von den üblichen Polit-Talks der öffentlich-rechtlichen Sender unterscheidet: Hier sitzen nicht nur Politiker und wissenschaftliche Experten, hier sitzen auch die Betroffenen. Eine Diskussion über den Pflegenotstand gibt es bei Stern-TV nicht ohne Pflegefachkraft. Und so entstehen erfreulich erhellende, kontroverse Debatten.

Und das im viel geschmähten Privatfernsehen...

Könnes Ich glaube, dass die Grenzen zwischen dem Privatfernsehen und den öffentlich-rechtlichen Sendern fließender geworden sind. Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich halte den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für unverzichtbar. Man sieht das ja in Ländern, in denen es solch ein Angebot nicht gibt. Dennoch haben die deutschen Privatsender in den vergangenen Jahren journalistisch deutlich gewonnen. Nehmen Sie nur das „Team Wallraff“ bei RTL. Natürlich ein berühmter Name, aber eben auch handwerklich sehr gut gemachter Investigativ-Journalismus.

Und die Quote stimmte auch...

Könnes Der Bedarf an solchen Formaten ist da. Man sieht das in den sozialen Medien. Es gibt eine Sehnsucht nach Wahrheit.

Wie ist denn die Wahrheit: Geht auf Dauer beides: WDR und RTL?

Könnes Bis zum Herbst arbeite ich weiter für den WDR, danach nur noch für RTL.

Wann starteten die Vorbereitungen für „Stern-TV am Sonntag“?

Könnes Die Idee und erste Testsendungen gab es schon im Winter. In den vergangenen sechs Wochen wurde die Redaktion aufgebaut. Ein hochprofessionelles Team. Der einzige, der die Flatter bekommen hat, war ich. Bei der ersten Sendung habe ich meine Moderationskarten weichgeknetet. Zum Glück ist das nur engen Freunden aufgefallen.

Am Sonntag ist Landtagswahl in NRW. Wird die auch ein Thema bei „Stern-TV am Sonntag“?

Könnes Nein. Wir diskutieren über Leistungsdruck bei Jugendlichen, der Star-Geiger David Garrett ist zu Gast und wird erzählen, wie er in seiner Jugend stundenlang üben musste. Zweites Thema ist,  dass immer mehr Menschen von Armut betroffen sind. Da ist für die Landtagswahl kein Platz mehr.

Wie schaltet Dieter Könnes ab?

Könnes Ich wohne ja in Süchteln und streife gern mit meinem Hund oder zum Laufen über die Höhen. Danach bin ich stressfrei.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort