Flucht in Mönchengladbach Der Sexualtäter entkam am Alten Markt

Viersen/Mönchengladbach · Eltern, Lehrer und Anwohner im Kreis Viersen beklagen, dass sie zu spät über die Flucht des Sexualstraftäters informiert worden sind. Der 53-Jährige, der nun bundesweit gesucht wird, verschwand bei einer Fahrradtour in Mönchengladbach.

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Foto: dapd

Erst durch einen Kollegen im Lehrerzimmer erfuhr der Leiter der Süchtelner Brüder-Grimm-Schule, Oliver Bossmans, dass ein Sexualstraftäter aus der forensischen Klinik geflohen ist, die knapp 500 Meter entfernt von seiner Grundschule liegt. "Und auch mein Kollege hat es nur zufällig in der Zeitung gelesen", sagt Bossmans. Weder die Polizei noch andere öffentliche Behörden hätten ihm Bescheid gegeben, dass der Mann bereits seit Sonntag flüchtig ist. "Es ist schlimm, dass gerade wir als Schule tagelang nicht informiert werden, zumal es sich um einen Mann handelt, der ein Kind missbraucht haben soll."

So wie Bossmann erging es gestern Morgen vielen Menschen im Kreis Viersen. Weder Schulen noch Kindergärten wussten Bescheid, dass am Sonntagnachmittag bei einem Freigang in Mönchengladbach ein 53 Jahre alter Mann entkommen ist, der 1991 in Hagen ein Kind im Grundschulalter sexuell missbraucht hat und dafür verurteilt worden ist. Laut Polizei hatte er das Kind auf der Straße angesprochen, es dann unter einem Vorwand zum Mitkommen überredet und schließlich missbraucht.

In den 1980er Jahren hatte er sich bereits an einem anderen Kind vergangen. Das Gericht ordnete für den Wiederholungstäter 1991 die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Seit 2002 ist er Patient im Maßregelvollzug in der forensischen Klinik in Süchteln. "Je länger er auf freiem Fuß ist, desto größer wird die Gefahr, dass er rückfällig werden könnte, also sich wieder an einem Kind vergehen könnte", sagte ein Sprecher des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), zu dem die Klinik gehört. In der Einrichtung werden derzeit 151 Personen stationär behandelt — davon 43 wegen sexuellen Missbrauchs.

Wenige Stunden pro Woche Freiheit

Seit 2005 darf der 53-Jährige in Begleitung von mindestens einem Pfleger die Klinik für ein paar Stunden in der Woche verlassen. Der Ausgang ist Teil des Maßregelvollzugsgesetzes NRW. "Diese Lockerungen sind Belastungsproben für den Patienten. Dadurch wird er wieder Schritt für Schritt an ein mögliches Leben in Freiheit gewöhnt", sagt der LVR-Sprecher. Einen Fluchtversuch habe der Mann zuvor noch nicht unternommen. "Einen genauen Tag oder eine bestimmte Uhrzeit für den Freigang gibt es nicht. Das wird individuell entschieden", sagt der LVR-Sprecher. So auch am vergangenen Sonntagnachmittag. Nach Informationen unserer Zeitung fuhren der 53-Jährige, ein weiterer Patient und eine Pflegerin mit dem Fahrrad nach Mönchengladbach in die Innenstadt, um das schöne Wetter zu genießen. Es war warm, und die Sonne schien. Am Marktplatz in Mönchengladbach hängte der Sexualstraftäter seine Pflegerin ab und flüchtete. Das war gegen 16.30 Uhr. Erst drei Tage später veröffentlichte die Polizei eine Pressemitteilung.

Besonders Eltern im Kreis Viersen sind nun um ihre Kinder besorgt. "Wir leben ja schon viele Jahren neben dieser Klinik", sagt Carola Altenschmidt, Mutter einer sieben Jahre alten Tochter. "Aber ich wusste nicht, dass dort Männer einsitzen, die Kinder missbraucht haben. Das macht einem Angst, zumal sie ja Freigang haben." An der Brüder-Grimm-Grundschule gibt es auch deswegen ein Sicherheitstraining, das für die 300 Schüler verpflichtend ist. Das Programm heißt "Mein Körper gehört mir". "Darin wird den Kindern gezeigt, wie sie sich verhalten sollen, wenn sie von einem Fremden angesprochen werden", sagt Schulleiter Oliver Bossmans. "Über den flüchtigen Straftäter werden wir mit den Kindern in aller Ruhe reden."

(RP/felt/csi/EW)
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