Viersen Der Retter ist da!

Viersen · "Der Retter ist da" heißt es im Weihnachtslied "Stille Nacht". Doch wer rettet uns heute aus der Not? Wir stellen Menschen vor, die sich für andere einsetzen: so wie Stefan Weber von der Feuerwehr Viersen.

 Stefan Weber ist Feuerwehrmann und Rettungsassistent in Viersen. Er kann also Brände löschen und Patienten medizinisch versorgen.

Stefan Weber ist Feuerwehrmann und Rettungsassistent in Viersen. Er kann also Brände löschen und Patienten medizinisch versorgen.

Foto: Busch

Manche Leute stellen sich einen Feuerwehrmann vor wie einen Helden aus dem Actionfilm. Ein Mann wie ein Baum, der auf einem Arm ein schreiendes Baby, auf dem anderen dessen bewusstlose Großmutter aus den Flammen trägt, während hinter ihm die letzten Reste des Hauses einstürzen. Dann reanimiert er die Großmutter, wickelt das Kind, und alle leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage.

Hat das irgendetwas mit der Wirklichkeit zu tun?

Stefan Weber ist Hauptbrandmeister und einer von etwa 60 Rettungsassistenten in der Feuerwache Viersen. Die Beschreibung "ein Mann wie ein Baum" passt schon mal zu ihm. 1,95 Meter ist er groß, muskulös. Man traut ihm zu, Babys, Großmütter und andere Menschen aus brennenden Häusern zu tragen. Zu seinem Alltag gehört das allerdings nicht. Und vor allem das letzte, das glückliche Ende, erlebt Weber selten. "Wenn die Feuerwehr und der Rettungsdienst auftauchen, kann es eigentlich nicht gut werden. Denn irgendetwas ist ja passiert, dass wir gerufen wurden", sagt Webers Chef, der Leiter der Feuerwehr Viersen, Frank Kersbaum.

Rettungsdienst bedeutet, manchmal innerhalb von einer Schicht sieben Patienten mit einem Herzinfarkt zu versorgen. Einen Schlaganfall innerhalb von Sekunden zu erkennen, dann richtig zu entscheiden. Beruhigend zu wirken, obwohl Eile geboten ist.

Geplant hatte Weber seine Berufswahl so nicht: Eigentlich hatte er eine Ausbildung zum Elektriker gemacht. Daneben war er begeistert in der freiwilligen Feuerwehr und bewarb sich um eine Ausbildung. 1996 wurde er angenommen und gab seine Arbeit als Elektriker nach sieben Jahren auf, obwohl er auch damit zufrieden war. Später bildete er sich weiter zum Rettungsassistenten. Das ist 14 Jahre her.

Nun hat Weber zweimal pro Woche für je 24 Stunden Schicht und inzwischen Hunderte von Patienten behandelt. Empfindet er die Arbeit als Routine? "Wenn wir sieben Herzinfarkte in einer Schicht versorgen, kann sich das wie ein Abarbeiten anfühlen. Trotzdem ist jeder Einsatz wieder neu."

Bei jedem Patienten muss der Rettungsassistent prüfen, ob alles so ist, wie es scheint. Hatte der Mann, der bewusstlos auf dem Boden liegt, einen Schlaganfall, wie seine Frau vermutet? Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Notruf des Patienten und den Medikamenten auf seinem Nachttisch? Sind die dunklen Flecken an der Wand wirklich so alt, wie Angehörige behaupten, oder ist dies ein Schauplatz von häuslicher Gewalt? Während die Aufgabe von Weber und seinen Kollegen früher darin bestand, Patienten so schnell wie möglich ins Krankenhaus zu bringen, lautet das Motto heute "stay and play": Die Rettungsassistenten und Notärzte untersuchen die Patienten, geben ihnen Medikamente und leiten die ersten Maßnahmen ein. Erst dann geht es ins Krankenhaus. Auch deshalb müssen sie sich schnell umfassend informieren.

Die Information endet meist, wenn Weber zurück in der Feuerwache in der Gerberstraße ist. Kurz spricht er noch mit seinen Kollegen über den Einsatz, widmet sich dann aber der nächsten Aufgabe. "Für uns mag der Herzinfarkt normal sein. Für die Betroffenen ist es eine Katastrophe. Wenn Sie das immer an sich ranlassen, können Sie den Job nicht lange machen."

Obwohl er das glückliche Ende, wie es Filme aus Hollywood zeigen, eher nicht erlebt, findet er seine Arbeit sinnvoll. "Jedem Patienten, den wir behandeln, geht es besser als ohne unsere Hilfe. Wenn man das so sieht, gibt es auch ein Happy End", überlegt Weber.

Und das Baby?

Bisher hat Weber keins aus den Flammen gerettet. Aber immerhin hat er schon 15 Mal dabei geholfen, Kinder auf die Welt zu bringen.

Das ist doch schon mal was.

(RP)
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