Schwalmtal Der Aufstand von unten

Schwalmtal · Schwalmtals Politiker wollen der Finanzmisere in den Kommunen nicht länger tatenlos zusehen. Alle Fraktionen suchen den Schulterschluss mit anderen Gemeinden, um Bund und Land zum Handeln zu zwingen.

Eigentlich hätten die Fraktionschefs in der vergangenen Woche im Haupt- und Finanzausschuss ihre Haushaltsreden halten müssen. Heute Abend entscheidet der Rat der Gemeinde Schwalmtal über den Haushalt 2010. Eigentlich. Denn auf ihre Haushaltsreden haben alle Fraktionen erstmals einmütig verzichtet. Allgemeiner Tenor: Es gebe nichts mehr, über das es sich zu streiten lohne. Mit einem Haushaltsdefizit von gut 4,8 Millionen Euro (Tendenz steigend) sei das Ende der Fahnenstange erreicht. Heute Abend wollen die Politiker aller Fraktionen den Haushalt durchwinken – und sich dann an die Arbeit machen. Das Ziel: gemeinsam und ohne parteipolitische Querelen den Schulterschluss mit anderen Gemeinden suchen, um Bund und Land zum Handeln zu zwingen.

Man wolle nicht nur die Schuld für die Finanzmisere bei Bund und Land suchen, stellte CDU-Fraktionsvorsitzender Lothar Höckendorf gestern morgen im Pressegespräch klar. "Aber die Gemeinde hat ihre Hausaufgaben gemacht. Wir haben in den vergangenen Jahren unser Vermögen verkauft, rund 30 Stellen in der Verwaltung nicht neu besetzt und so die Personalkosten aufs Minimum reduziert. Alle freiwilligen Ausgaben sind stark eingeschränkt worden. Aber die Pflichtaufgaben übersteigen unsere Einnahmen deutlich. Ohne Hilfe von Bund und Land werden wir das Defizit nie abbauen können."

Das Land müsse "genauer hinschauen, wer welche Lasten trägt", fordert auch Grünen-Chef Jürgen Heinen. "Wir können unseren verfassungsgemäßen Auftrag nicht mehr erfüllen – aus finanziellen Gründen. Es muss endlich was passieren." Er wünsche sich "den Aufstand der Lokalpolitiker", um Land und Bund zur Zusammenarbeit zu bewegen. Vor allem die Soziallasten brechen der Gemeinde den Hals: "Diese Ausgaben werden noch weiter steigen, denn die Leute werden älter. Das können wir auf kommunaler Ebene nicht allein schultern", sagt Höckendorf. Letztlich gehörten alle Sozialleistungen auf den Prüfstand, alle Ausgaben, alle Einrichtungen im Ort. Heinen gab dagegen zu bedenken: "Bevor wir über Sozialleistungen diskutieren, muss man fragen, ob man sich den Luxus so großer Verwaltungsapparate auf Kreis- und Bezirksebene überhaupt noch leisten kann."

Dr. Hermann-Josef Welters (SPD) fordert ein "geschlossenes Vorgehen aller Fraktionen und des Bürgermeisters im Austausch mit den Ältestenräten aus Brüggen und Niederkrüchten." Dort wolle man nun ansetzen, um "Synergien auszuloten", wie es FDP-Chef Hans-Dieter Heinrichs nennt. Man wolle, gemeinsam mit den Nachbargemeinden, "Druck aufbauen, so dass die Finanzausstattung der Kommunen neu berechnet werden muss", kündigt Höckendorf an, und die Verwaltungen beauftragen, nach Möglichkeiten kommunaler Zusammenarbeit zu suchen. Dafür wollen die Schwalmtaler Politiker nun den Kontakt zu den Fraktionen im Grenzland – und darüber hinaus.

(RP)
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