Viersen Das Haus der vielen Kreise

Viersen · Ein repräsentatives Wohnhaus dient seit 80 Jahren den Menschen dem fröhlichen Beisammensein. 25 Jahre war dort das Standesamt, heute arbeitet dort ein Verlag, der sich um die Kultur in Viersen kümmert.

 Die Villa Corty an der Bahnhofstraße 36 in Viersen kann beim Tag der offenen Denkmals am 11. September besichtigt werden.

Die Villa Corty an der Bahnhofstraße 36 in Viersen kann beim Tag der offenen Denkmals am 11. September besichtigt werden.

Foto: BUSCH

Viele Viersener kennen das repräsentative Gebäude an der Bahnhofstraße gegenüber dem alten Rathaus auch von innen, denn sie haben dort ihre Ehe begonnen. Im 1883 von dem Textilunternehmer Ewald Corty errichteten Wohnhaus, das sich in die Häuserzeile einfügt und dennoch ein Einzelhaus ist, war bis vor einigen Jahren das Standesamt der Stadt Viersen beheimatet.

Architekt war Wilhelm Weigelt, der auch die Fassade des alten Rathauses neu gestaltete. Nach dem Tode von Ewald Corty 1923 erwarb Walter Kaiser, der Sohn des Kommerzienrates Josef Kaiser, das Gebäude. Er nahm in den Folgejahren einige Umbauten vor, ließ einen Teil des Daches zur Dachterrasse ausbauen und errichtete eine Durchfahrt.

Verein kaufte Haus

1932 kaufte der "Verein Erholung", heutige "Gesellschaft Erholung", das Haus. Der Verein, zur "geselligen Erholung" gegründet, führte in dem Haus ein Gesellschaftslokal für seine — ausschließlich männlichen — Mitglieder.

Er veranstaltete Karnevals- und Kostümfeste, lud zu Vorträgen und Diskussionen ein. 1939 wurde eine Kegelbahn beantragt, die aber erst 1951 gebaut wurde. Von November 1972 bis 1997 hatte die Stadt Viersen das erste Obergeschoss für das Standesamt gemietet, anschließend zog dort die Gesellschaft für Stadtentwicklung ein.

Seit einem Jahr ist die Firma Iris Kater Verlag & Medien dort ansässig. Die Inhaberin pflegt die Räume liebevoll und hat auch die Renovierung ganz im Sinne von Denkmalpflegerin Ellen Westerhoff und des 1. Vorsitzenden der Gesellschaft Erholung, Reinhard Busch, vorgenommen. Sie wird zum Tag des offenen Denkmals auch ihre Räume gerne den Besuchern zeigen.

Wer die Außentreppe hinaufgeht, entdeckt über dem Eingang das Emblem des Erbauers, die verschlungenen Buchstaben E und C, und bewundert zunächst den dekorativen Mosaikboden im großzügig angelegten Windfang. Dann führen Kreise den Besucher in alle Zimmer und in die oberen Geschosse: Wir wissen nicht, ob der Bauherr oder der Architekt die Idee hatte.

Aber das Symbol des Kreises ist überall zu finden: in den Stuck-Ornamenten der Raumdecken, an den Treppen, an allen Fensterrahmen und den Türfüllungen. Kreise aus Stuck oder ins Holz geschnitzt, innen und auch außen an der Fassade, wo sie in den Architraven genauso vorkommen wie in den Simsen.

Das Gebäude ist in vielen Teilen noch weitgehend original erhalten, ein ganz besonderes Schmuckstück ist das offene Treppenhaus, das den Blick vom Foyer bis in das Dachgeschoss lenkt. Reich verzierte Stuckdecken und vor allem das aufwändige gusseiserne Geländer sind wertvolle Überbleibsel aus einer Zeit des Reichtums. Das Gebäude ist Teil der nach dem Stadtbauplan von 1860 errichteten Bauflucht und bildet mit den Nachbarhäusern ein Ensemble, das wesentlich die Bahnhofstraße prägt.

(flo)
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