Serie - Mein Jahr in China Damit die Kinder wenigstens nicht frieren

Viersen · Leon Zehner arbeitet ein Jahr als freiwilliger Helfer in der Entwicklungshilfe in der Provinz Yunnan. Der 18-Jährige aus Amern ist gerade zum ersten Mal in die Bergdörfer gefahren, um die Kinder dort mit warmer Kleidung zu versorgen.

 Warm eingepackt in eine Winterjacke: Viele Kinder in den Bergdörfern um Lanping besitzen nur alte, dünne Kleidung. Die Freiwilligen sind drei Dörfer angefahren und haben warme Kleidung an die Bedürftigen verteilt.

Warm eingepackt in eine Winterjacke: Viele Kinder in den Bergdörfern um Lanping besitzen nur alte, dünne Kleidung. Die Freiwilligen sind drei Dörfer angefahren und haben warme Kleidung an die Bedürftigen verteilt.

Foto: Leon Zehner

6.30 Uhr früh am Himalaya. Wir sechs Freiwilligen stehen vor der Wohnung eines Mitfreiwilligen. Wir sind aufgeregt wie Erstklässler, die gleich ihre erste Unterrichtsstunde haben. Uns sechs Lanping-Freiwilligen steht die erste Kleiderverteilung bevor. Zielort unserer Aktion soll das abgeschiedene Bergdorf Yingpan sein, in dem viele Menschen mit nur unzureichender Kleidung in dem rauen Klima leben müssen.

Um etwa sieben Uhr morgens fährt der Transporter vor. Alles, was wir mitnehmen wollen, passt hinein: 4200 Kleidungsstücke, 130 Bettgarnituren, 150 Schuhpaare, über 200 Zahnbürsten und Vaseline. Wir machen uns auf den Weg Richtung Liancheng, unserem ersten von drei Zielen. In zwei Räumen breiten wir die Kinderkleidung getrennt für Jungen und Mädchen aus. Schon wenig später nehmen wir die ersten Schüler an die Hand und führen sie zu unseren Räumen. Durch ein Punktesystem ist festgelegt, wie viele Kleidungsstücke die Schüler mitnehmen dürfen.

Bei dürftig gekleideten Schülern achten wir darauf, dass sie das bekommen, was sie brauchen. Ansonsten gehen wir auch auf Wünsche der Schüler ein. Mit einer Markierung auf der Hand der Schüler, können wir feststellen, wer schon Kleidung bekommen hat. Nach der Verteilung lassen wir den Tag mit den Lehrern ruhig zu Ende gehen.

Am nächsten Morgen stehen wir früh auf, um zu unserem zweiten Ziel, Lagushan, zu fahren. Lagushan liegt höher als Liancheng und ist somit kälter. Beim ersten Kontakt mit den Schülern fällt uns auf, dass die Schule bedürftiger ist als die vorherige.

Während der Verteilung werden wir unterstützt von den Lehrern. Aber sie wollen den Kindern manchmal Kleidung geben, die wir für unzureichend und zu dünn halten. Da Alter in China eine wichtige Rolle spielt, besitzen wir gegenüber alten Menschen kaum Autorität. Dadurch ziehen wir bei manchen Diskussionen den Kürzeren. Dennoch lassen wir uns nicht unterkriegen und bestehen bei schlecht gekleideten Schülern darauf, ihnen dicke, warme Kleidung zu geben.

 Leon Zehner im Kleider-Berg. Rund 4200 Anziehsachen wurden verteilt.

Leon Zehner im Kleider-Berg. Rund 4200 Anziehsachen wurden verteilt.

Foto: Zehner, Leon

Nachdem die Kinder mit Kleidung versorgt wurden, möchten wir die Einwohner Lagushans mit Kleidung versorgen. Viele von ihnen haben katastrophal dünne, alte Sachen angesichts des kalten Wetters. Manche sind so arm, dass wir ihnen mehr Kleidung geben, als sie eigentlich nehmen dürfen. An diesem Tag kommt nur ein kleiner Teil der Einwohner Lagushans, da sich der Ort über eine große Fläche erstreckt. Mit dem Schulleiter vereinbaren wir, dass er den restlichen Teil mit dem Dorfvorsteher an die anderen Einwohner bringt.

Nach einer Nacht an der Grundschule, fahren wir am Tag darauf nach Songbai. Die meisten Kinder dort besitzen keine Zahnbürste. Deshalb möchten wir ihnen Zahnbürsten schenken und ihnen zeigen, wie man Zähne putzt. Dafür haben wir ein Theaterstück vorbereitet, in dem den Kindern deutlich wird, dass Süßigkeiten schlecht für die Zähne ist.

Nach den drei Tagen sind wir erschöpft. Es war schön zu sehen, wie man Kindern und Erwachsenen mit einer kleinen Hilfe ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann. Bei unserem ersten Treffen nach der Aktion stellen wir aber auch fest, dass das Projekt nur akut hilft. Der einzige, nachhaltige Weg aus der Misere der Menschen ist Bildung. Unsere Möglichkeiten sind nur begrenzt, die Probleme vor Ort leider nicht.

Bis zum nächsten Mal - zàijiàn!

(RP)
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