Corona im Kreis Viersen Corona: Für die Kommunen wird’s teuer
Die Kämmerer erwarten starke Einbrüche bei der Gewerbesteuer, zugleich steigen die Ausgaben deutlich an. Um den Haushaltsausgleich zu retten, wird in vielen Kommunen ein Griff in die Rücklage unvermeidlich sein.
Der Tag, an dem in den Städten und Gemeinden die Träume zerplatzen werden, ist nicht mehr fern: Am 15. Mai müssen die Unternehmen wieder ihre Gewerbesteuer-Vorauszahlungen überweisen. Vor einem Jahr konnte Nettetals Kämmerer Norbert Müller fast 3,7 Millionen Euro verbuchen. In Niederkrüchten flossen am 15. Mai 2019 rund 660.000 Euro in die Gemeindekasse. Viersens Kämmerer Christian Kanzler sah rund elf Millionen Euro auf dem städtischen Konto – ein außergewöhnlich hoher Wert, wie er betont. Im Schnitt der vergangenen fünf Jahre waren es aber immer noch rund 9,4 Millionen Euro.
Sicher ist, da sind sich die Kämmerer einig: Die Corona-Krise kommt auch die Kommunen teuer zu stehen. „Aktuell rechnet die Stadt Viersen mit rund 8,1 Millionen Euro Gewerbesteuervorauszahlungen zum 15. Mai“, sagt Canzler. Mehr als 120 Viersener Unternehmen haben krisenbedingt ihre Vorauszahlungen herabgesetzt. Sie rechnen mit deutlich geringeren Gewinnen. Und: „26 Firmen haben aktuell einen Antrag auf Stundung von Gewerbesteuerzahlungen mit einem gesamten Volumen von rund 426.000 Euro gestellt“, berichtet Viersens Kämmerer.
Ursprünglich sah die Viersener Haushaltsplanung für dieses Jahr mal einen Überschuss von 1,3 Millionen Euro vor. Jetzt kalkuliert Canzler mit Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer von 1,6 Millionen Euro. „Ein Haushaltsausgleich ist damit – im Moment – formell nicht gegeben.“
Zumal ja nicht nur die Einnahmen sinken, sondern auch die Ausgaben steigen. Die Kommunen beteiligen sich wie das Land NRW an der Rückerstattung der Elternbeiträge für die Kitas und OGS-Betreuung im April – „dadurch entsteht in Viersen ein Minderertrag von knapp 281.000 Euro“, berichtet die zuständige Beigeordnete Çigdem Bern. Die Hälfte davon, gut 140.000 Euro, bleibt bei der Stadt hängen, wenn der Rat einer entsprechenden Regelung zustimmt. Und: Die Städte und Gemeinden haben wegen der Corona-Krise auch weitere Kosten: „Für Desinfektion, Schutzausrüstung oder die Einrichtung von Heimarbeitsplätzen“, zählt Kämmerer Christian Canzler auf. „Die Kosten können zurzeit jedoch noch nicht abgeschätzt werden.“ Unklar sei, ob die aus der Bewältigung der Corona-Krise resultierenden zusätzlichen Belastungen in den Budgets der Fachbereiche aufgefangen werden können oder zu außer- und überplanmäßigen Bedarfen führen.
Die Stadt Nettetal hat wegen Corona 100 verschlüsselte USB-Sticks beschafft, um einen gesicherten Datentransfer zu gewährleisten. „Auch die mobilen Möglichkeiten, mit Tablets und Smartphones zu arbeiten, wurden wesentlich ausgebaut“, berichtet Nettetals Kämmerer Norbert Müller. Er ist zuversichtlich, dass die auch nach der Corona-Krise in der Verwaltung gewinnbringend eingesetzt werden können. Und weil für Mitte des Jahres ohnehin eine Homeoffice-Offensive in der Nettetaler Verwaltung geplant war, hat die Stadt kurzfristig früher als geplant die entsprechenden Kapazitäten erhöht – „auch wenn die neuen Server noch nicht geliefert wurden“, berichtet Müller. „Sobald diese geliefert sind, kann hier die jetzige Kapazität noch weiter ausgebaut werden.“ Die Kosten dafür waren bereits im Haushalt 2020 berücksichtigt.
Problematisch stellte sich in der Seenstadt die Situation bei den Endgeräten dar. „Da keine Notebooks auf dem Markt verfügbar waren, haben einige Schulen mit vorhandenen Notebooks ausgeholfen, die wieder an die Schulen zurückgeführt werden müssen“, so Müller. „Für diese Unterstützung sind wir den Schulen sehr dankbar.“ Insgesamt rechnet er „coronabedingten“ IT-Kosten von 150.000 Euro. Da trifft es sich schlecht, dass 82 Unternehmen ihre Gewerbesteuer-Vorauszahlungen herabsetzen werden. Mehr als eine Million Euro mache das aus, sagt Müller. Hinzu kommen Stundungsanträge mit einem Volumen von mehr als einer Viertelmillion Euro. „Wir hatten für 2020 einen originären Haushaltsausgleich geplant“, sagt Müller. „Dieser wird nicht möglich sein.“ Um in der Ergebnisrechnung doch noch eine schwarze Null schreiben zu können, wird er die Ausgleichrücklage schröpfen müssen.
In derselben Situation steckt auch Marie-Luise Schrievers, Kämmerin der Gemeinde Niederkrüchten. „Es ist ganz klar, dass ein tatsächlicher Haushaltsausgleich 2020 durch die coronabedingten Einflüsse nicht mehr möglich sein wird“, sagt sie. „Insgesamt gehe ich in meiner ersten vorläufigen Prognose von einem Haushaltsdefizit von rund 1,4 Millionen Euro aus – statt der geplanten schwarzen Null.“ In der ist einkalkuliert, dass die Gewerbesteuereinnahmen um rund 600.000 Euro schrumpfen werden, dass es zu Mehrkosten bei Ordnungsamt und Notbetreuung kommt. Rund 20.000 Euro hat die Gemeinde in zusätzliche IT-Ausstattung investiert, um die Verwaltung arbeitsfähig zu halten. Schrievers ist sich sicher: „Die Bewältigung der Covid-Krise wird sich auch in den kommenden Haushaltsjahren immens auswirken.“