CDU zum Haushalt Viersen „Ein Kompromiss, der für uns vertretbar ist“

Viersen · In seiner Haushaltsrede erklärt der CDU-Fraktionsvorsitzende Stephan Sillekens, warum die Christdemokraten so lange um die Steuererhöhungen gerungen haben. Wir dokumentieren seine Rede im Wortlaut.

 Stephan Sillekens, Fraktionsvorsitzender der CDU.

Stephan Sillekens, Fraktionsvorsitzender der CDU.

Foto: Knappe, Joerg (jkn)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, meine sehr verehrten Zuhörerinnen und -hörer,

„Das Haushaltsrecht ist das älteste und vornehmste Vorrecht parlamentarischer Gremien, sozusagen einer der Kernpunkte demokratischer Strukturen.“ Mit diesen Worten leitete der, heute muss ich sagen, ehemalige Erste Beigeordnete und damaliger Interimskämmerer Dr. Paul Schrömbges am 25. September des vergangenen Jahres die Einbringung des Haushaltes 2019 ein, den wir heute abschließend zu beraten haben. Mehr als ein halbes Jahr hat sich der Rat Zeit genommen, diesen Haushalt zu beraten, deutlich länger als dies geplant war und deutlich länger, als es auch in Viersen üblich ist. Dies alleine zeigt schon, dass diese Beratungen von einigen Besonderheiten geprägt waren.

Dass der Haushalt von insgesamt drei Kämmerern begleitet worden ist, ist dabei nur eine von mehreren Besonderheiten, wenn auch vielleicht eine der kurioseren. Was diesen Haushalt aber prägt, ist eine klare Prioritätensetzung: oberstes Thema ist der Ausstieg aus der Haushaltssicherung.

Wir haben diesen Weg 2018 hier begonnen, weil wir uns im vergangenen Jahr mehrheitlich einig waren, dass die Fesseln der Haushaltssicherung die Bewegungsfreiheit des Rates über Gebühr einengen. Ich darf hier noch einmal Dr. Schrömbges zitieren: „Seit 1995, seit Sparrunden den städtischen Haushalt bestimmen, ist dieses Recht zur kommunalen Selbstbestimmung erheblich eingeschränkt.“ Darum galt und gilt der Erreichung dieses Ziels des Verlassens der Haushaltssicherung unsere volle Aufmerksamkeit.

Dafür ist es essentiell, den 2018 Haushalt nicht nur mit einer Null zu planen, sondern ihn auch mit einer schwarzen Null abzuschließen. Umso schockierender war für uns die Nachricht aus dem November, dass dies wahrscheinlich, Stand November, nicht erreicht würde, - und noch schockierender, die anscheinende Tatenlosigkeit, mit der die Verwaltung dies hinnahm. Es sollte doch nicht etwa so sein, dass es in einigen Bereichen der Kämmerei noch nicht angekommen war, dass dieses Ziel für uns die höchste Priorität hatte? Oder sollte das Nichterreichen dieses Zieles einigen Mitarbeitern gar gerade recht sein?

Heute wissen wir, dass dieses Ziel wahrscheinlich erreicht wird, und das ist gut so. Das Vertrauen in das Verwaltungshandeln hat diese Aktion aus dem November zumindest bei uns nicht gestärkt.

Eine weitere Voraussetzung zum Verlassen der Haushaltssicherung ist, den Haushalt 2019 mit einer schwarzen Null zu planen. Dazu war der Weg der Finanzverwaltung schnell klar:

Erstens: mehr sparen geht nicht, zweitens: also müssen Steuern und Gebühren erhöht werden.

Zu beiden Prämissen machte meine Fraktion eine klare Ansage: Wer nicht kämpft, hat schon verloren.

Auch hier entspann sich in den vergangenen Monaten ein zähes Ringen. Immer dann, wenn es zu deutlichen Verbesserungen im Bereich der Einnahmen kam stand fast zeitgleich auch eine vermeintliche Verschlechterung bereit, diese zu kompensieren.

Von Beginn an hat die Kämmerei bei der Erstellung des Haushaltes 2019, so nannte sie es, im verantwortbaren Rahmen Optimismus walten lassen. Fast einer Salamitaktik gleich kassierte sie diesen Optimismus der Einbringungszeit wieder ein und erneut bewahrheitet sich, was wir schon aus der Schulzeit wissen: Die Zahlenjongleure sind im Grunde ihres Herzens auf Sicherheit orientierte Menschen, sie neigen eher dazu die Risiken hoch zu bewerten und fühlen sich dabei gänzlich unwohl mit Risiken zu leben. Es ist nur natürlich, wenn derart gestrickte Menschen dazu neigen, jede Gelegenheit zu nutzen, die Sicherheit zu erhöhen und lieber einen größeren Schluck aus der Steuer- und Gebührenflasche zu nehmen als die vielleicht optimistischer gestimmte Menschen täten. Grundsätzlich ist dies für eine Fraktion, die auf finanzpolitische Solidität setzt, auch sehr zu begrüßen, man darf allerdings dabei zwei Dinge nicht vergessen:

Erstens: Auch in der Haushaltspolitik gibt es keine absolute Sicherheit. Wer die Differenz zwischen Plan und Ist-Ergebnissen unserer Haushalte der vergangenen Jahre betrachtet, der kommt zu dem Ergebnis, dass auch das größte Bemühen um sichere Zahlen in den vergangenen Jahren nicht zu Punktlandungen bei den Ergebnissen geführt hat. Die Abweichungen zwischen Plan und Ergebnis in den letzten drei Jahren betrugen zwischen drei und zehn Millionen Euro, übrigens - Gott sei Dank, in dieser Zeit immer zugunsten der Stadtkasse.

Zweitens: Am Ende muss das Ganze der steuer- und gebührenzahlende Bürger (und auch sein weibliches Pendant) dieser Stadt aus seinen und ihren sauer verdientem Geld bezahlen. Der Griff in seine und ihre Geldbörse muss also im Sinne der Politik auf ein Mindestmaß begrenzt bleiben. Für uns Christdemokraten ist dabei der Gedanke der Subsidiarität ein wertvoller Leitgedanke und alleine schon deshalb wollen wir die finanzielle Leistungsfähigkeit unserer Einwohner und Gewerbebetriebe. Nur wer selbst leistungsfähig ist, kann Leistungen selbst erbringen, die anderenfalls die Gemeinschaft, - oft teurer -, für ihn und sie erbringen müsste. Und genau hier liegt der Grund für uns, um die Höhe der Gebühren- und Steuern so intensiv zu ringen, wie wir dies getan haben. Die jetzt am Ende dieser harten Diskussion, gemeinsam mit der SPD vorgeschlagene Lösung, ist für uns ein gangbarer Weg, weil wir sorgfältig abgewogen haben und einen Kompromiss gefunden haben, der für uns vertretbar ist. Und dabei sind wir uns durchaus im Klaren, dass ein verabschiedeter Haushalt durchaus bereits ein Wert an sich ist, den man nicht zu gering schätzen sollte.

Dabei sehen wir durchaus die Schwierigkeiten, die dieser Kompromiss bietet. Ja dieser Kompromiss ist eine Belastung für die Gewerbebetriebe, an dieser Erkenntnis führt kein Weg vorbei. Und dieser Schritt tut uns besonders weh, weil wir wissen, dass im vergangenen Jahr, ausweislich der Ausführungen des Kreiskämmerers in seiner Einbringungsrede für den Kreishaushalt, der Zuwachs der Wirtschaftskraft in unserer Stadt am geringsten ausgeprägt war im Verhältnis zu den anderen Kreiskommunen. Ja, dies ist auf Dauer ein klarer Nachteil für unsere Stadt und die Erhöhung der Gewerbesteuer ist sicherlich kein gutes Argument, dies in Zukunft schnell ändern zu können. Unser Gewerbesteuersatz liegt in Zukunft an zweithöchster Stelle im Kreis, dies steht im eklatanten Widerspruch zur schwachen Entwicklung der Wirtschaft in unserer Stadt und dies ist und bleibt nicht nur eine, sondern die Herausforderung für die Wirtschaftsförderung. Aber um es auch klar zu sagen, die Steuereinnahmen aus dem Bereich der Gewerbesteuer sinken in unserer Stadt, nur mit der Erhöhung bleiben sie auf dem Niveau des Vorjahres.

Erfreulicher für uns ist die Tatsache, dass wir die Erhöhung der Grundsteuer deutlich begrenzen können. Immerhin bleiben so 400.000 Euro mehr in den Taschen der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt.

Ich will an dieser Stelle ausdrücklich erklären, dass wir in diesem Ringen auch von den anderen Fraktionen uns unterstützt fühlten. Diejenigen von Ihnen, die früh klar hatten, wir unterstützen den Verwaltungsvorschlag, haben uns herausgefordert nach Alternativen zu suchen. Diejenigen, denen unser Weg nicht weit genug und konsequent genug ist, waren stets kritisches Korrektiv für uns. Man kann in diesem Ringen durchaus zu berechtigten anderen Ergebnissen kommen, je nachdem zu welchen Prioritätensetzungen man kommt. Aber manchmal muss man auch einen Schritt in der Diskussion aufeinander zu tun, wenn man insgesamt an ein Ziel gelangen will. Ich appelliere deshalb auch heute an alle Fraktionen, diesen Schritt auf dem Weg aus dem Haushaltssicherungskonzept gemeinsam zu gehen, die Diskussion ist keineswegs beendet, das heute ist nur ein notwendiger Zwischenschritt.

Ich will das zweite Kapitel meiner Rede ebenfalls mit einem Zitat aus der Einbringungsrede von Dr. Schrömbges beginnen: „Im Haushaltsplan 2019 und im Finanzplanungszeitraum bis 2022 sind gleichwohl eine Reihe von Maßnahmen, die von Rat und Verwaltung für wünschenswert und notwendig gehalten werden, nicht enthalten.“ Und er zählt konkret auf die Umsetzung der Baumaßnahmen für den Zweitstandort der Primusschule, den Ausbau des Kita und OGS-Bereiches und auch das Thema der Brückensanierung. Ein Lieblingsthema, das uns hier seit langer Zeit beschäftigt, die Sanierung der Schultoiletten, ist ebenfalls erwähnt. Hier haben wir zumindest jetzt schon mal ein Konzept, das beschlossen ist, und das eine Zeitperspektive darstellt. Hoffen wir mal nicht, dass es diesem Konzept so geht, wie dem Konzept zum Umbau der Bahnhofstraße, Insider wissen jetzt was ich damit meine.

Ja, er hatte recht. Dieser Haushalt ist kein Grund, zufrieden nach Hause zu gehen und zu behaupten, wir hätten etwas gekonnt. Dieser Haushalt ist ein Zwischenschritt auf einem Weg, den wir im vergangenen Jahr beschritten haben, mehr nicht. Übrigens, die Liste der Projekte, die in diesem Haushalt keine Erwähnung finden, ist lang, wesentlich länger als die Liste aus der Einbringungsrede vermuten lässt. Deshalb war uns wichtig, dass in dem heute zur Abstimmung stehenden Vorschlag der Fraktionen von SPD und CDU auch ein kleiner Akzent zu sehen ist, der unseren Willen betont, die Investitionen in einen der Schlüsselbereiche unserer Stadt in Zukunft gezielter in den Blick zu nehmen. Alle, die jetzt einwenden, mit dem wenigen Geld werden wir nicht viel bewegen können, halte ich entgegen, dass auch die längste Reise mit dem ersten Schritt beginnt und wenn es ein noch so kleiner Schritt ist.

Die Frage der Investitionen deckt aber noch eine andere Frage auf, derer wir uns in den kommenden Monaten vor der Aufstellung des nächsten Haushaltes, die in diesen Tagen beginnt und vor seiner Verabschiedung als hoffentlich erster Haushalt der Nachhaushaltssicherungsära widmen müssen: wir halten wir es mit dem Kreditdeckel?

Es ist sicherlich richtig, die, - wie es der Volksmund so schön sagt, Groschen zusammenhalten zu wollen. Gleichzeitig machen uns aber die Notwendigkeiten in Investitionen in die städtische Infrastruktur immer wieder deutlich, dass die Frage des Investitionsdeckels, den wir uns freiwillig in der Zeit der Haushaltssicherung gegeben haben um nachhaltig zu wirtschaften, neu diskutiert werden muss. Ist Nachhaltigkeit nicht auch die Frage des Werte-Erhaltes unseres Vermögens? Macht es Sinn, wenn wir sehenden Auges immer nur jene notwendig erachteten Maßnahmen anpacken können, für die uns gerade ein Programm aus Berlin, Brüssel oder Düsseldorf Geld ins Haus bringt? Diese Fragen stehen heute nicht auf der Entscheidungsliste, aber mit dem Verlassen der Haushaltssicherung verlangen sie eine Antwort.

Es macht aber auch deutlich, die finanziellen Mittel sind jetzt nicht plötzlich mehr geworden. Wenn es uns gelingt, mit diesem Haushaltsplan aus der Sicherung herauszukommen, fängt die Arbeit erst an, wird es womöglich erst richtig schwierig. Denn auch weiterhin gilt, nur Kängurus können mit einem leeren Beutel große Sprünge machen. Deshalb müssen wir an einer Verbreiterung der Einnahmebasis weiter arbeiten und besonders willkommen sind dabei die Dinge, die das Wort Steuererhöhung dabei nicht gebrauchen.

Dies alles zeigt, dieser Haushalt ist notwendig und somit auch eine sichere Mehrheit für ihn, das ist der Grund, warum wir unsere Mittel dafür einsetzen, diesen Haushalt auf den Weg zu bringen. Deshalb unser gemeinsamer Antrag mit der SPD zu diesem Haushalt. Das heißt nicht, dass wir seine Schwächen nicht sehen, das heißt nicht, dass wir uns nicht auch andere Akzente vorstellen können, aber dies ist heute nicht die Frage. Die kommen ab morgen, und wir freuen uns darauf, nach Antworten zu suchen.

Am Ende einer Haushaltsrede steht immer jener Part, der zu recht immer dort steht: der Dank an all jene, die den Haushalt erstellt und für uns beratungsfähig gemacht haben und die dafür viel investiert haben. Leider ereilt heute dieser Dank nicht alle, die ihn verdient haben, zum einen, weil nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier sind, zum anderen, weil Menschen an ihm mitgewirkt haben, die heute nicht mehr in Diensten der Stadt stehen, aber auch Ihnen, namentlich Herrn Dahmen und Herrn Dr. Schrömbges, will ich danken und Sie lieber Herr Canzler dahingehend einstimmen, dass die Arbeit der Kämmerer in Viersen geschätzt wird, auch wenn unsere Art dies zu zeigen manchmal mich an das bayerische Motto erinnert: nicht geschimpft ist gelobt genug.

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