Kita in Viersen Bürgermeisterin fordert nach Tod eines Kindes Konsequenzen
Viersen · Nach dem mutmaßlichen Mord an der kleinen Greta plädiert Viersens Bürgermeisterin Sabine Anemüller dafür, neu über den Datenschutz nachzudenken. Habe eine Erzieherin ein psychisches Problem, müsse der Arbeitgeber das wissen.
Viersens Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) hat nach dem mutmaßlichen Mord an der dreijährigen Greta in der städtischen Kindertagesstätte am Steinkreis Konsequenzen gefordert und die geltenden Datenschutzregeln in Frage gestellt.
Wie die Polizei ermittelte, hatte die beschuldigte 25-jährige Erzieherin im vergangenen Jahr eine Straftat vorgetäuscht. Da sie bei den Ermittlungen geständig und nicht vorbestraft war, stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Der hinzugezogene Opferschutzbeauftragte empfahl der Erzieherin dringend, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen – ob sie das tat, ist derzeit ungeklärt. Sandra M. spricht nicht mit den Ermittlern.
„Als wir die Erzieherin eingestellt haben, war uns der Vorgang nicht bekannt“, erklärte Anemüller. „Er stand nicht im erweiterten Führungszeugnis, weil das Verfahren eingestellt wurde.“ Viersens Bürgermeisterin fordert, dass Arbeitgeber in sensiblen Bereichen wie Kindererziehung über psychische Probleme informiert werden müssen, wenn eine Behörde darüber Erkenntnisse hat. Anemüller: „Wir müssen über Fragen des Datenschutzes in sensiblen Bereichen neu nachdenken.“
Im Vorstellungsgespräch habe Sandra M. überzeugt, hieß es bei der Stadt. Dass das Zeugnis des vorherigen Arbeitgebers nicht vorlag, sei Routine – gerade bei einem nahtlosen Übergang. „Arbeitszeugnisse, die bekanntlich wohlwollend formuliert werden, haben nur eine sehr begrenzte Aussagekraft“, sagt die zuständige Beigeordnete Çigdem Bern. Das sieht auch die Vorsitzende des Deutschen Kita-Verbands so. Die Zeugnisse seien lediglich „Makulatur“, erklärte Waltraud Weegmann. „Darum sind für uns neben der abgeschlossenen Ausbildung und dem einwandfreien erweiterten Führungszeugnis der Eindruck im Vorstellungsgespräch und die Bewährung in der Probezeit die entscheidenden Faktoren“, erklärt Bern.
Warum hat die Stadt nicht bei vorherigen Arbeitgebern nachgefragt – Kostenpflichtiger Inhalt die Stadt Kempen hatte den befristeten Vertrag auslaufen lassen, in der Tönisvorster Kita wurde Sandra M. zum Ende der Probezeit gekündigt. „Der alte Arbeitgeber dürfte nur sagen, was er auch in ein Zeugnis schreiben würde“, erklärt die Viersener Beigeordnete. Arbeitsrechtlich seien solche Anrufe umstritten; der Bewerber müsse zustimmen. Bern: „Wenn in Kitas außerhalb der Trägerschaft der Stadt Viersen Anrufe bei anderen Arbeitgebern üblich sind, ist das sehr bedenklich. Die Stadt Viersen jedenfalls hält sich an Recht und Gesetz.“
Während Sandra M. im Vorstellungsgespräch überzeugte – sechs Bewerber traten an, drei wurden eingestellt –, waren ihre Leistungen in der Probezeit nicht gut. Sie habe wenig Eigeninitiative gezeigt, nicht aktiv den Kontakt zu den Eltern gesucht und den Kindern keine pädagogischen Angebote gemacht. Mit ihrer Kündigung sei Sandra M. einer Kündigung durch die Stadt zum Ende der Probezeit zuvorgekommen, erklärte Stadtsprecher Frank Schliffke. Beschwerden von Eltern habe es nicht gegeben.
Die Ermittlungsergebnisse haben die Bürgermeisterin tief getroffen. „Ich empfinde Entsetzen über den ungeheuerlichen Verdacht“, sagt Anemüller. Sie sei sprachlos, „dass sich bei der Betrachtung von heute aus Zusammenhänge zeigen und Vorfälle bekannt werden, von denen vorher keine Rede war“. Die Ermittler beschuldigen die 25-Jährige nicht nur des Mordes an Greta, sondern auch der Misshandlung einer Schutzbefohlenen in der Tönisvorster Kita. Zudem prüft die Mordkommission, ob Sandra M. auch in einer Krefelder und einer Kempener Kita Kinder misshandelte.