Familienleben in Schwalmtal Britta Lange erzählt, was eine Kinderdorf-Mutter erlebt

Schwalmtal · Familienmanagerin, Helferin im Alltag, Trösterin, Gute-Nacht-Geschichten-Vorleserin und vieles mehr: Als Mutter im Kinderdorf-Bathenien in Schwalmtal-Waldniel hat Britta Lange viel zu tun, was jede Mutter und jeder Vater kennt. Aber es gibt noch mehr.

 Britta Lange mit den Kindern aus ihrer Familie im Bethanien Kinder- und Jugenddorf. Sie ist glücklich mit dieser Aufgabe, auch wenn sie manche Herausforderung beinhalte. Dabei hilft auch Katharina Albers (r.). 
  Foto: Kinderdorf

Britta Lange mit den Kindern aus ihrer Familie im Bethanien Kinder- und Jugenddorf. Sie ist glücklich mit dieser Aufgabe, auch wenn sie manche Herausforderung beinhalte. Dabei hilft auch Katharina Albers (r.). Foto: Kinderdorf

Foto: Kinderdorf

Britta Lange (40) ist seit 2017 Kinderdorf-Mutter in Waldniel, kümmert sich dort um fünf Kinder. Doch jetzt hat sie ein Problem: Sie sucht ein neues Haus als Außenwohngruppe. Sie braucht 200 Quadratmeter, drei Bäder, fünf Kinder-, ein Schlaf- und ein Besucherzimmer sowie eine große Küche und ein großes Esszimmer. Doch es fehlen bezahlbare, geeignete Objekte.

Wie Britta Lange Kinderdorf-Mutter wurde: „Man muss einen pädagogischen Hintergrund haben“, erzählt sie. Sie begann eine Ausbildung zur Erzieherin, machte 2020 ihre Prüfung. Am 1. März 2021 startete Lange ihr neues Leben mit einer eigenen Familie im Kinderdorf: fünf Kinder im Alter zwischen drei und sieben Jahre gehören dazu. Bei drei Kindern hatte sie viel Zeit, sie kennenzulernen, bei den beiden anderen waren die Abstände bis zum Einzug kürzer. „Die Kinder bleiben in der Regel in der Familie, bis sie 18 Jahre alt sind“, erzählt sie. Es  gehe um eine langfristige Perspektive. Kinderdorf-Mütter sind für ihre Schützlinge emotionale Bezugsperson, aber auch pädagogische Fachkräfte, die in einem Team zusammenarbeiten. Zwei Vollzeitkräfte, ein junger Mann mit 20 Stunden und eine Hauswirtschaftskraft unterstützen Britta Lange.

„Es ist absolut so, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich könnte mir gar nicht mehr vorstellen, ohne die Bande zu leben“, erzählt die Waldnielerin. Dennoch freut sie sich auch auf einen Urlaub, auch wenn es ein komisches Gefühl sei. 30 Tage Urlaub stehen ihr im Jahr zu, die sie allein nehmen soll. Pro Monat gibt es ein freies Wochenende. „Ich gehe donnerstags aus dem Haus und bin samstagabends vor dem Zubettgehen der Kinder wieder da. Den Sonntag möchte ich dann mit den Kindern verbringen“, so die Kinderdorf-Mutter.

Der Übergang zwischen Beruf und richtiger Familie sei fließend. Jedes der Kinder bringe eigene Probleme mit, manche seien traumatisiert; deshalb seien die Regenerationsphasen wichtig. Wer Interesse an der Tätigkeit als Kinderdorf-Mutter oder -Vater hat, soll sich im Kinderdorf melden, ob als Single oder als Paar. Man solle nicht naiv an die Aufgabe herangehen. Die Anwartschaft dauert ein Jahr, dann hospitiert die zukünftige Kinderdorfmutter in diversen Gruppen. Es dauert ein bis drei Jahre, bis man dann selbst eine Gruppe gründet.

Für Britta Lange ebenfalls wichtig: der Kontakt zu ihrer Familie. „Da gehören auch die Nichte und der Neffe mit dazu. Sie kommen auch mal zu Besuch“, beschreibt sie. In der Kinderdorf-Familie übernehmen auch ihre Eltern die Rolle der Großeltern, etwa an Feiern wie Ostern oder Muttertag oder zu anderen Anlässen. „Alles wie in einer ganz normalen Familie“, sagt Lange.

Im Alltag entscheidet sie auch selbst, bleibt aber mit den Vorgesetzten, der Erziehungsleitung, in ständigem Kontakt. Wenn die Kinder einen Vormund haben, wird dieser auch eingeladen. Entscheidungen wie etwa eine anstehende OP werden mit dem Vormund abgesprochen. Auch der Kontakt mit den leiblichen Eltern der Kinder bleibt, findet aber an einem neutralen Ort statt. Die Geschwister dürfen jedoch ins Haus. „Da gibt es tolle Kontakte“, weiß Lange.

Die Kinder nennen sie Britta. „Ich bin nicht die Mama. Das finde ich auch wichtig, dass die Kinder dies wissen, dass ihre Mama auch ihre Mama bleibt“, sagt sie. Es sei wichtig, den Kontakt mit der Herkunftsfamilie zu pflegen, wenn die Eltern es wünschen. Schwierige Situationen werden erst einmal im Team geklärt. Jede Kinderdorf-Mutter hat dabei eine Unterstützung, die dann auch mal sage: ,Ich glaube, du solltest mal eine Runde spazieren gehen‘. Das sei jedoch noch nicht vorgekommen. „Das ist so toll an Bethanien, dass sich das Dorf untereinander hilft. Auch die Schwestern aus dem Convent springen ein“, sagt Britta Lange dankbar und zitiert ein afrikanisches Sprichwort: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen.“

 Britta Lange hat ihre Entscheidung nie bereut: „Ich bin glücklich.“ sagt sie „Man schließt die Kinder ins Herz. Man gibt sein Leben nicht auf, man bekommt so viel zurück.“ Birgit Sroka

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