Vereine in Niederkrüchten „Man will als Blinder am Leben teilhaben“

Der Blindenwassersportverein hat sein Vereinsheim am Hariksee. Der Austausch, die Natur und das Beisammensein sind den Mitgliedern wichtig.

 Daniela dos Santos, Antonio dos Santos, Stephanie Peiffer und Charles Gutowski (v.l.) genießen gerne die frische Luft und die Ruhe am Hariksee.

Daniela dos Santos, Antonio dos Santos, Stephanie Peiffer und Charles Gutowski (v.l.) genießen gerne die frische Luft und die Ruhe am Hariksee.

Foto: Birgit Sroka

Charles Gutowski  war selbstständig als Immobilienkaufmann tätig. Eine Operation ließ den Mönchengladbacher vor elf Jahren erblinden. „Ich bin selbst noch mit dem Auto zum Krankenhaus gefahren. Man sagte mir zwar, dass es vorkomme, dass bei dieser Operation etwas passieren könne, aber das wäre dort noch nie geschehen“, sagt der 66-Jährige. „Ich gehöre zu den drei Prozent der Patienten, wo genau das vorgekommen ist. Als ich aus der Narkose erwacht bin, war ich blind“, ergänzt er. Durch viel Zuwendung aus der Familie und liebe Menschen, die er am Hariksee im Blindenwassersportverein kennenlernen durfte, hat Gutowski den Schicksalsschlag gut verkraftet.

Der Austausch, die Natur und das gemütliche Beisammensein sind den Mitgliedern des Blindenwassersportvereins wichtig. Beim monatlichen Treffen immer am letzten Sonntag im Monat – von April bis Oktober – ist das Vereinsheim am Hariksee von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

Charles „Charlie“ Gutowski ist mittlerweile zweiter Vorsitzender des Vereins. „Auf dem Gelände haben der Austausch zwischen den Sehbehinderten, die sportliche Betätigung, die Gesellschaft und Hilfsbereitschaft eine hohe Bedeutung“, sagt er. „Ich hatte als Jugendlicher ein Paddelboot am Hariksee und hätte nie gedacht, dass ich als Blinder hier hin wieder zurückkehre. Man will als Blinder auf jeden Fall am Leben teilhaben. Man hat die Möglichkeit aufzugeben oder weiterzumachen mit dem, was das Leben lebenswert macht. Darum ist der Verein für uns so wichtig.“

Gutowski lernte den Verein durch Antonio dos Santos kennen. Bei dos Santos wurde bereits im Alter von 25 Jahren festgestellt, dass er am Grünen Star leidet. Diese Augenerkrankungen bleibt meist lange Zeit unbemerkt. Auch wenn man dieses Glaukom bei dem 61-jährigen Niederkrüchtener früh feststellte, erblindete er nach 24 Augenoperationen komplett. „Im August 2000 bin ich das letzte Mal Auto gefahren. Dann war es vorbei damit. Seit 2004 arbeite ich als Blindentelefonist in der Telefonzentrale des Landschaftsverbands Rheinland. Ich habe dafür eine besondere Ausbildung erhalten, und die Telefonanlage wurde umgestellt, damit ein Blinder sie bedienen kann“, beschreibt er. Gerne nutzt er in Begleitung das Paddelboot auf dem Hariksee. Seit 2005 ist er bereits Mitglied im Blindenwassersportverein und Beisitzer im Vorstand.

Bei Stephanie Peiffer begann bereits im Alter von 20 Jahren ganz langsam, eine erbliche Augenerkrankung ihr Leben zu beeinträchtigen. „Vor 15 Jahren hat sich das soweit entwickelt, dass ich auf Hilfsmittel wie eine elektrische Leselupe und ein Bildschirmlesegerät angewiesen war“, sagt die 60-Jährige. Ihr PC spricht mit ihr, Fahrradfahren geht jetzt nur noch auf einem Tandem. In der Essener Augenklinik wurde sie auf den Sehbehindertenverein aufmerksam gemacht. „Ich bin dann erst einmal für ein Stündchen hier an den Hariksee gekommen. Ich dachte, hier sitzen alle mehr oder weniger depressiv, aber das ist gar nicht so. Hier sind fröhliche Menschen, und es ist sehr gemütlich“, betont Peiffer. Aus einer Stunde wurde ein ganzer Tag, und sie gehörte dann zu den letzten, die am Tagesende „rausgekehrt wurden“, berichtet sich lachend.

Der Blindenwassersportverein hat das Gelände gemietet und unterhält es auch. Fast alle Mitglieder sind auch Mitglieder des Blinden- und Sehbehindertenvereins Mönchengladbach und Viersen. Das Problem: Der Altersdurchschnitt ist mittlerweile recht hoch. „Uns fehlen die jungen Leute, die bereit sind, mit den Blinden und Sehbehinderten aufs Wasser zu gehen“, beklagt Daniela dos Santos, Tochter von Antonio. Möchten die Mitglieder die vorhandenen Boote nutzen, sollte ein sehender Mensch dabei sein.

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