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Todesfälle in Brüggen-Bracht Behördenstreit nach Krebsskandal

Krefeld/Mönchengladbach · Verdacht auf Mord oder fahrlässige Tötung? Über diese Frage sind Staatsanwaltschaft und Polizei nach den Todesfällen im Krebszentrum Brüggen-Bracht zerstritten - und zeigen sich gegenseitig an.

 Das Krebszentrum Brüggen-Bracht auf einem Archivbild.

Das Krebszentrum Brüggen-Bracht auf einem Archivbild.

Foto: Busch

Die Ermittlungen zu den rätselhaften Todesfällen in einem alternativen Krebszentrum in Brüggen-Bracht im Juli vergangenen Jahres haben einen heftigen Streit unter den Ermittlern ausgelöst. Die Mönchengladbacher Kriminalpolizei ist bereits seit Oktober 2016 nicht mehr mit dem Fall betraut, seitdem liegen die Ermittlungen allein bei der Krefelder Staatsanwaltschaft. Das erfuhr unsere Redaktion aus unterrichteten Kreisen. Beide Behörden bestätigten dies auf Nachfrage.

Heftige Auseinandersetzungen

Die Ermittler lieferten sich nach Informationen unserer Redaktion heftige Auseinandersetzungen, unter anderem wegen des Tatvorwurfs. Die gegenseitigen Vorwürfe gingen sogar so weit, dass die Behörden gegenseitig Strafanzeigen erstatteten. Axel Stahl, Sprecher der Krefelder Staatsanwaltschaft, bestätigte, dass es eine Anzeige gegen "einen einzelnen Angehörigen der Ermittlungsgruppe" wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses gibt. Im Gegenzug zeigte die Gladbacher Polizei die Krefelder Staatsanwaltschaft wegen Verleumdung an. Ein Insider sagt: "Das ist einmalig, so etwas habe ich noch nicht erlebt."

Der Fall hatte im Sommer vergangenen Jahres in Deutschland und den Niederlanden für großes Aufsehen gesorgt: In dem umstrittenen Krebszentrum hatten sich zahlreiche Patienten, vor allem aus den Niederlanden, behandeln lassen. Nachdem Ende Juli 2016 eine Belgierin sowie eine Frau und ein Mann aus den Niederlanden kurz nach einer Behandlung mit dem nicht als Arzneimittel zugelassenen Wirkstoff 3-Bromopyruvat (3-BP) in dem Krebszentrum gestorben waren, leitete die Krefelder Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung gegen den Heilpraktiker und betreiber des Zentrums ein. Zunächst war sogar von 70 Verdachtsfällen die Rede. Mitte August dementierte die Staatsanwaltschaft diese Zahl. Es werde weiter in drei Fällen wegen fahrlässiger Tötung und in zwei Fällen wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt, hieß es.

"Das bedauern wir"

Was die Öffentlichkeit nicht wusste: Zwischen den ermittelnden Behörden war es zur Konfrontation gekommen. Die Mönchengladbacher Kriminalpolizei wollte wegen des Anfangsverdachts auf Mord ermitteln, um umfangreiche Ermittlungs- und Überwachungsmethoden einsetzen zu können. Dies lehnte die Staatsanwaltschaft Krefeld aber ab mit der Begründung, es sei noch gar nicht erwiesen, ob es einen Zusammenhang zwischen den Todesfällen und dem Wirkstoff 3-BP gegeben habe. In der Folge wurde die 20-köpfige Sonderkommission "Brom" nicht mehr gebraucht. "Seit Herbst 2016 greift die Krefelder Staatsanwaltschaft nicht mehr auf die Mitarbeit Mönchengladbacher Ermittler zurück. Das bedauern wir", sagt Wolfgang Röthgens, Sprecher der Mönchengladbacher Polizei. Die Ermittlungskommission ruhe seitdem, könne aber jederzeit wieder einsteigen.

Ob es dazu kommt, ist aber fraglich. Die Staatsanwaltschaft will "naturwissenschaftliche Ergebnisse" abwarten. Der Fortgang der Ermittlungen hänge im Wesentlichen von den Auswertungen der Gerichtsmedizin ab, sagte Sprecher Axel Stahl. "Auch nach der Obduktion der Patienten können wir noch nicht sagen, ob 3-BP ursächlich für ihren Tod war, und es ist nicht klar, ob man das jemals sagen kann." Der von der Polizei aufgestellten Arbeitshypothese, es könnte sich möglicherweise um vorsätzliche Tötung handeln, "konnten wir uns nicht anschließen", sagte Stahl.

Weder das Justiz- noch das Innenministerium wollten sich auf Anfrage zu dem Streit der Behörden äußern.

(RP)
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