Villa V in Viersen Bauhaus-Lesung in der Bauhaus-Villa

Viersen · Andreas Hillger stellte seinen Bauhaus-Roman „Gläserne Zeit“ in der Villa V vor.

 Autor Andreas Hillger las in der Villa V aus seinem Bauhaus-Roman „Gläserne Zeit“.

Autor Andreas Hillger las in der Villa V aus seinem Bauhaus-Roman „Gläserne Zeit“.

Foto: David Ortmann

Als Andreas Hillger den Bauhaus-Roman „Gläserne Zeit“ schrieb, war die Bücherwelt noch nicht erfasst vom gegenwärtigen Hype des Jubiläumsjahres. Er habe sich damals gewundert, dass nicht auch andere das Thema für sich entdeckt hätten, berichtete der Autor im Garten der Villa V an der Burgstraße. Dort stellte Hillger seine Geschichte um drei junge Protagonisten im Dessau der 1920er-Jahre vor.

Es ist die Zeit eines Aufbruchs, eines neuen Bauens und Lebens. Die Villa V als eines der ersten Bauwerke der Bewegung „Neues Bauen“ sei ein Glücksfall für die Lesung, sagte Rita Mielke. Die Initiatorin der Reihe „Korschenbroich liest“ und Projektleiterin des aktuellen Lesesommers „Colours of Life“ lobte Hillgers Roman je nach Kenntnisstand des Lesers als „tollen Einstieg oder gute Ergänzung“ zum Thema Bauhaus. Die Struktur des Buches leite sich vom Bauhaus her, verriet der Autor im Hinweis auf die nach den geometrischen Grundformen Kreis, Quadrat und Dreieck abgesetzten Kapitel.

Er erzählte, dass er bewusst nicht die großen Meister in den Mittelpunkt der Handlung gerückt habe, sondern drei junge Menschen mit verschiedenen biografischen Hintergründen. Die Gemeinschaft unter Hochspannung wird gebildet von Clara Cohn, die mit der Entscheidung für das Bauhaus mit dem bürgerlichen Leben brach, dem Handwerker Lukas aus Weimar und dem „Salonbolschewisten“ Karl. Dem Roman vorangestellt ist Walter Benjamins Anmerkung zu Paul Klees aquarellierter Zeichnung „Angelus Novus“. Die Kunst der Zeit ist präsent. Klee, Kandinsky, Schlemmer sind Teil der Handlung. In einer fiktiven Begegnung mit Paul Klee ist Clara fasziniert von den Handpuppen, die der Künstler für seinen Sohn Felix aus einfachsten Materialien arbeitete. Hillger setzte die Lesung beim vierten Kapitel an und damit im Jahr 1926, als das Bauhaus in Dessau eröffnet wurde.

Seine Familie lebe in vierter Generation in Dessau, erklärte Hillger seine persönliche Beziehung zum Thema. Als Kind habe er seine Großmutter nach dem Gebäude befragt und zur Antwort erhalten, dass dort Mädchen mit kurzen Haaren gewesen wären. Der Autor erzählte von Paul Klees „zauberhaften Tagebüchern“, in denen er unter anderem für das Buch recherchierte. Dabei hätte er festgestellt, dass Klees Telefonnummer identisch war mit der seiner Großeltern, die offenbar dessen Anschluss übernommen hatten.

In Erinnerung an 1989 berichtete er, wie spannend es gewesen sei, die Rückkehr vieler Bauhäusler nach Dessau zu erleben. „Die hatten eine unglaubliche Ausstrahlung, ganz gleich wie ihr beruflicher Werdegang später verlaufen ist“, so Hillger. Er begeisterte sich für die Vielfalt an Nationen, Ideologien und ästhetischen Positionen, die sich im Bauhaus zusammenfanden. „Die Namen ergeben ein Kompendium der klassischen Moderne“, schwärmte Hillger. Es war offensichtlich, dass das Thema für ihn über den Roman hinaus anhaltend faszinierend ist.

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