Viersen Familie Galilei sucht nach der Wahrheit
VIERSEN · Das Comedia-Theater Köln gastierte in der Viersener Festhalle und erhielt lang anhaltenden Beifall.
Die Wahrheit ist ein weites Feld. Donald Trump versteht etwas anderes darunter als die Wissenschaft, ein noch anderes Wahrheitsverständnis haben die Religionen. Die Problematik ist nicht neu. Schon der biblische Pilatus fragte: „Was ist Wahrheit?“
Im Zeitalter von Fake News drängt es sich auf, die Frage der Relativität von Wahrheit auf die Bühne zu bringen. Dazu war auf der Festhallenbühne mit „Play Galilei“ ein hochinteressantes Theaterstück von Holger Schober zu sehen. Dass das 2011 entstandene und 2017 überarbeitete Werk in zwei unterchidelichen Reihen angeboten wurde, in „Spielarten“ als Jugendtheater und für die vorwiegend erwachsenen Abonnenten im „Studio“, erwies sich nicht nur als praktisch, weil so mehr Zuschauer angesprochen wurden. Es zeigte auch, dass die Thematik und ihre dramaturgische Umsetzung alle Altersstufen interessierte.
Schober verbindet in dem Stück auf geschickte Weise zwei unterschiedliche Ansätze miteinander. Zum einen projiziert er aktuelle Probleme auf eine andere Zeit. Dabei geht es ihm nicht um die Genauigkeit in historischen Details. Da erlaubt er sich um der pointierten Aussage willen einige künstlerische Freiheiten.
Galileis Konflikt mit der Kirche wird auf der Bühne auch zu einem Konflikt in der Familie. Seine drei Kinder streiten mit ihm und auch untereinander, ob sie sich für den Vater einsetzen oder auf die Seite der Kirche und damit der Macht schlagen sollen.
Nebenbei: Mit dem Forscher Galilei (1564-1642) und seiner Erkenntnis, dass nicht die Erde im Mittelpunkt des Kosmos steht, sondern um sich selbst und um die Sonne dreht, machte die katholische Kirche mal gerade erst im Jahre 1992 ihren offiziellen Frieden.
Gerade die Verbindungen von historischem Stoff mit aktueller Problematik und von öffentlichen und familiären Konflikten brachten Spannung in die Aufführung des Kölner Comedia-Theaters. Auf historische Kulissen und Kostüme wurde zu Recht verzichtet.
Die vier Schauspieler – Klaus Schweizer als Galilei in der Titelrolle, Joana Tscheinig, Lina Spieth und Manuel Moser als seine Kinder – spielten engagiert und glaubwürdig die Konflikte mit sich selbst und mit den anderen Familienmitgliedern.
Dabei kamen auch noch andere, durchaus aktuelle Probleme ans Licht. Kann ein engagierter Wissenschaftler ein idealer Familienmensch sein, oder ist er doch eher ein rücksichtsloser Egoist? Wieweit gefährdet man mit entschiedenem Einsatz für die Wahrheit oder rechtschaffenen moralischen oder politischen Ansichten seine Angehörigen?
Der anerkennende Beifall und auch das zwanglose Gespräch mit den Schauspielern nach der Aufführung ließen erkennen, wie positiv das Gastspiel der Kölner Bühne von den Zuschauern in Viersen aufgenommen wurde.