Anne-Frank-Gesamtschule in Viersen Schüler fürs Ehrenamt begeistern

Viersen · Vertreter aus elf Vereinen und Organisationen folgten einer Einladung der Anne-Frank-Gesamtschule: An zwei Aktionstagen warben sie bei rund 170 Achtklässlern dafür, sich in der Freizeit sozial zu engagieren.

 Michael Nöllner (l.) und Sven Maskos von der Feuerwehr simulierten zu Beginn der Stunde mit Disko-Nebel dichte Rauschschwaden und fragten die Schüler, wie sie im Brandfall reagieren würden.

Michael Nöllner (l.) und Sven Maskos von der Feuerwehr simulierten zu Beginn der Stunde mit Disko-Nebel dichte Rauschschwaden und fragten die Schüler, wie sie im Brandfall reagieren würden.

Foto: Nadine Fischer

Es dauert nicht lange, bis Feuerwehrmann Michael Nöllner den 13-jährigen Joel im Klassenzimmer entdeckt hat. „Ah, ein Wiederholungstäter“, sagt er und nickt dem Jugendlichen zu, der auf einem der im Halbkreis angeordneten Stühle Platz genommen hat. An zwei Tagen können sich Joel und die anderen Achtklässler der Anne-Frank-Gesamtschule je rund eine Stunde lang in verschiedenen Räumen über ehrenamtliche Freizeitaktivitäten informieren, gerade hat der zweite Tag begonnen – und der 13-Jährige sitzt wieder bei Nöllner in der Gruppe. „Die Feuerwehr ist mein Leben“, sagt Joel. „Ich bin auch schon in der Jugendfeuerwehr, da lernt man, wie man später Menschen helfen kann.“ Er hat sich also schon längst für ein Ehrenamt begeistert. Für Schüler, die noch unschlüssig sind, ob und wo sie sich engagieren möchten, soll das Projekt „Schüler fürs Ehrenamt begeistern...aber wie?“ eine Entscheidungshilfe sein.

Die Lehrer Hanno Jartwig, Thomas Rütten und Christoph Stempel hatten die Idee, den Jugendlichen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie sich in ihrer Freizeit abseits von sozialen Netzwerken, Internet und Spielekonsolen engagieren können. „Viele von ihnen kommen nicht mehr aus ihrer kleinen virtuellen Welt raus“, sagt Rütten. „Das hat dramatische Konsequenzen“, ergänzt er. So lasse etwa die Konzentrations- und Merkfähigkeit nach, weil das Kurzzeitgedächtnis so überflutet sei. Es komme immer häufiger vor, dass Schüler im Unterricht ganz überzeugt sagen: „Das haben wir nie besprochen“ – dabei sei das Thema längst behandelt worden. Hinzu kommt, dass sich immer weniger Schüler dafür interessieren, an einem Austauschprogramm teilzunehmen und ins Ausland zu gehen: „Die sind schlichtweg bange“, sagt Rütten. Soviel Zeit in der virtuellen Welt zu verbringen, begünstige womöglich die Angst vor „der richtigen Welt“.

Die rund 170 Achtklässler durften sich vorab entscheiden, über welches Ehrenamt sie mehr erfahren möchten. Zur Auswahl standen neben der Jugendfeuerwehr unter anderem das Jugendrotkreuz, der Technische Hilfsdienst und der Arbeiter-Samariter-Bund, aber auch Sportvereine wie der ASV Süchteln und die Leichtathletik-Gemeinschaft Viersen. „Wir wollen den Kindern Alternativen für die Freizeitgestaltung aufzeigen“, erläutert Lehrer Jartwig. Dazu gehöre auch, sich als Trainer oder Mitglied in einem Sportverein zu engagieren.

 Schüler, die sich nur an einem Tag einer Gruppe anschlossen, sahen am zweiten Tag in der Aula einen Film zum Thema Ehrenamt.

Schüler, die sich nur an einem Tag einer Gruppe anschlossen, sahen am zweiten Tag in der Aula einen Film zum Thema Ehrenamt.

Foto: Nadine Fischer

13 Vereine und Organisationen hatte Jartwig angeschrieben und gefragt, ob sie sich an der Aktion in der Schule beteiligen möchten: „Elf sind jetzt hier vertreten“, sagt er. Dazu gehört das Jugendrotkreuz des Kreisverbands Viersen. Stephan Zdrojewski und Daniel Verheyen sitzen in einem Klassenzimmer mit rund 20 Schülern und erzählen ihnen, was sie in der Organisation alles machen könnten: Sich bei Katastrophenschutzübungen auf einen Ernstfall vorbereiten, zum Beispiel, oder als Streitschlichter aktiv werden – „vielleicht ist das was für eure Schule“, sagt Zdrojewski.

Für die Feuerwehr sind Nöllner von der Viersener Hauptwache und Sven Maskos, Ortsjugendwart der Freiwilligen Feuerwehr Viersen, in die Anne-Frank-Gesamtschule gekommen. Zur Brandschutzerziehung sei er ab und zu mal in Schulen, erzählt Maskos, bevor die Stunde im Klassenraum beginnt. Aber dass er dort für ehrenamtliches Engagement in der Feuerwehr werben und die Aufgaben der Feuerwehrleute vorstellen kann, „das ist jetzt das erste Mal“. Mit Joel sitzen 23 weitere Achtklässler im Raum, „wenn sich nach den zwei Tagen hier ein oder zwei Schüler für die Feuerwehr begeistern, haben wir viel gewonnen“, sagt Maskos.

Die 13-jährige Lida war nur in der ersten Gruppe, die sich über die Aufgaben der Feuerwehr informiert hat – am zweiten Tag sitzt sie mit der gleichaltrigen Melis und anderen Schülern in der Aula, dort läuft ein Film über jugendliche Ehrenamtler. Melis hat tags zuvor einiges über den ASV Süchteln erfahren, „aus Zeitgründen“ möchte sie aber nicht Mitglied werden: „Ich bin mittags oft mit meiner Familie unterwegs.“ Lida hingegen denkt noch darüber nach, ob sie der Jugendfeuerwehr beitreten soll. „Mir hat die Stunde sehr gut gefallen“, lobt sie.

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