Eisenzeitliche Siedlung Vorfahren der Vorster waren wohl Kelten

Vorst · Zwischen dem Kieswerk Vorst und der Butzenstraße haben die Archäologen des LVR gegraben. Sie fanden Reste einer eisenzeitlichen Siedlung. Am Dienstag lud der LVR zur öffentlichen Grabungsbesichtigung ein. Viele Neugierige kamen.

 Zahlreiche Interessierte kamen trotz des regnerischen Wetters zur Ausgrabungsstelle einer eisenzeitlichen Siedlung an der Butzenstraße.

Zahlreiche Interessierte kamen trotz des regnerischen Wetters zur Ausgrabungsstelle einer eisenzeitlichen Siedlung an der Butzenstraße.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Auch wenn nicht viel zu sehen war und es außerdem ausgiebig regnete, ließen es sich am Dienstagnachmittag viele neugierige Nachbarn oder Archäologie-Interessierte nicht nehmen, zur Grabungsbesichtigung nach Vorst zu kommen. Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) hatte eingeladen, genauer die Außenstelle Xanten des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland. Der Grund: Bei den Ausgrabungen in einer künftigen Auskiesungsfläche haben die Archäologen und Archäologinnen eine späteisenzeitliche Siedlung aus dem 3. bis 2. Jahrhundert vor Christus entdeckt. Derartige Fundplätze sind am unteren Niederrhein selten.

In einem Zelt neben dem Grabungsfeld haben die LVR-Archäologen eine Karte aufgestellt, in der die Funde eingetragen sind. Für einen Laien sind die farbigen Punkte kaum zu lesen. Das kundige Auge der Experten entdeckt Gruben, aus denen Lehm für Keramiken entnommen wurde und die dann mit Abfällen verfüllt wurden. Durch Verfärbungen im Boden lassen sich die Pfosten der ehemaligen Häuser und Vorratsscheunen entdecken, aus der Anordnung ein Grundriss erahnen. Auf dem Gelände wurde ein Brunnen entdeckt, der wichtig für die Wasserversorgung der Siedlung war. Es war eine offene Siedlung ohne Graben und Wall, was auf eine friedliche Zeit schließen lässt. In der Außenstelle Titz gibt es einen Nachbau eines eisenzeitlichen Gehöftes, wie es für die Kelten typisch war. Archäologin Dr. Julia Rücker hält auch den aktuellen Fund für die Bodenreste eines keltischen Gehöftes, aber die Festlegung auf Ethnien in dieser Zeit ist schwierig.

 Die Überreste dieses etwa 2200 Jahre alten Brunnens sind noch an den Umrissen der Bodenverfärbungen zu erkennen.

Die Überreste dieses etwa 2200 Jahre alten Brunnens sind noch an den Umrissen der Bodenverfärbungen zu erkennen.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Die Archäologen haben schon vermutet, hier mehr zu finden. Bereits beim Bau der Butzenstraße 1985 wurden einige Gruben aus der Eisenzeit gefunden. Als die Kiesgrube, die seit 1967 vor Ort ist, erweitert werden sollte, wurden 2015 verschiedene Grabungsschnitte (Suchschnitte 20 mal 3 Meter) unternommen, es folgte im Herbst 2016 eine flächige Ausgrabung. Dabei wurde ein mittelalterlicher (13./14. Jahrhundert) Teich angeschnitten und eine römische Grube gefunden. Den Archäologen ist klar, so Dr. Kerstin Kraus, dass in dieser Gegend seit der Bronzezeit immer wieder Menschen gesiedelt haben, weil der Boden der Kempener Platte sehr fruchtbar ist. Da der Löß vor Ort sehr sauer ist, werden Knochen im Erdreich angegriffen. Die Knochenfunde sind dann heute schlecht erhalten. Nur aufgrund der Funde weiß man, wie die Menschen damals lebten. In solch einer Gehöftgruppe lebten meist Großfamilien mit 25 bis 30 Menschen. Die Wohnhäuser teilten sich Menschen und wertvolle Tiere, die zudem für Wärme sorgten. In der Eisenzeit wurde zuerst Spelzgerste angebaut, aus dem Mehl wurden flache Fladenbrote gebacken. In dieser Zeit wurde auch bereits Bier gebraut. In der Späteisenzeit wurde auch getöpfert und gewebt. In Vorst wurde jetzt auch ein kleines Fragment eines blauen Glasarmringes gefunden, der wohl aus einer regionalen Werkstatt stammt.

Auf dem Grabungsfeld wurde auch ein Brandgrab entdeckt, das früher als die Siedlung datiert wird. Die Menschen haben ihre Toten damals verbrannt und in Urnen aus Keramik bestattet. Von dem, was das LVR-Team präsentiert, wird im nächsten Jahr nichts mehr zu sehen sein. Die Flächen, auf denen der LVR jetzt und im Herbst weiter nördlich gräbt, brauchen nicht mehr rekultiviert zu werden. Das Kieswerk Holcim geht dann in diese Flächen, wie Werksleiter Markus Botschen informiert. Bis 2047 wird dort gebaggert, peu à peu entsteht dort ein 42 ha großer See. 400.000 bis 450.000 Tonnen Kies werden im Jahr in Vorst gewonnen – dank eines Altrheinarmes, der dort vor Tausenden Jahren einmal floss – Vorst am Rhein ist ein ganz neues Gefühl.

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