St. Tönis In St. Tönis gründete sich ein Trauertreff

Tönisvorst · In den Räumen des Alter-nativen Seniorenbüros trifft sich eine Gruppe, die der Trauer Raum gibt. Wer einen Angehörigen verloren hat, findet dort Menschen mit den gleichen Sorgen und Nöten.

 Marie-Hanne Brauers (v.l.n.r.), Gaby Wanders und Brigitte Christ kommen aus der Hospizarbeit, bei der sie Sterbende in Familien und Altersheimen begleiten. Jetzt bieten sie einen „Trauertreff“ für Angehörige an.

Marie-Hanne Brauers (v.l.n.r.), Gaby Wanders und Brigitte Christ kommen aus der Hospizarbeit, bei der sie Sterbende in Familien und Altersheimen begleiten. Jetzt bieten sie einen „Trauertreff“ für Angehörige an.

Foto: Wolfgang Kaiser (woka)

Menschen, die wir geliebt haben, mit denen wir gelebt, gearbeitet und Zeit verbracht haben, leben in unseren Erinnerungen weiter. Wer als Hinterbliebener einen solchen Satz sagen kann, ist schon sehr weit. Wer ein Elternteil, den Partner oder ein Kind durch den Tod verloren hat, muss mit seinem Schmerz und der Lücke, die der Tod auch in sein Leben gerissen hat, lernen umzugehen. In St. Tönis hat sich Anfang des Jahres ein Kreis gebildet, der als Trauertreff offen für jeden ist und Angehörigen eine Runde von Menschen bietet, die Gleiches oder Ähnliches durchlitten haben. Jeweils am dritten Freitag im Monat wird der „Trauertreff“ in den Räumen des Alter-Nativen Seniorenbüros am Pastorswall 11 in St. Tönis angeboten. Das nächste Treffen ist am 15. März von 14 bis 16 Uhr. Zu dieser Zeit ist man dann unter sich.

Die Initiative haben drei Frauen gestartet, die bisher auch in der Hospizgruppe tätig waren. Mit einer Zusatzausbildung haben sich Brigitte Christ, Marie-Hanne Brauers und Gaby Wenders zur Trauerbegleiterin qualifiziert. Durch ihre ambulante Hospizarbeit haben sie erfahren, dass die Hinterbliebenen vielfach selbst Hilfe benötigen. Manche glauben, nicht genug für den Verstorbenen getan zu haben. Viele, die ihre Angehörigen bis zum Tode gepflegt haben, bleiben mit ihrer Trauer alleine, weil ihre sozialen Kontakte vielfach verloren gegangen sind.

Beim ersten Treffen waren sieben Frauen gekommen, alle zwischen Mitte 40 und Anfang 70, Und die zwei Stunden sind schnell herumgegangen. Auch das Zuhören ist bei so viel Tod und Leid gefühlsmäßig eine Herausforderung. Für die Betroffenen ist es oft schwer auszuhalten, vielen fällt es schwer, über ihren Schmerz zu sprechen. Der Trauertreff gibt auch für Tränen Zeit und Raum. Aber alle drei erzählen auch, wie wichtig es ist in all der Trauer, auch ein wenig mehr Freude und sogar Lachen erfahren zu können.

Alle drei Frauen sind auch in der ambulanten Hospizgruppe aktiv. In Tönisvorst besteht diese Gruppe jetzt 20 Jahre. Brigitte Christ ist schon 19 Jahre dabei, die beiden anderen 17 Jahre. Alle haben in Viersen eine neunmonatige Ausbildung, die über 80 Stunden geht, durchlaufen. Die Arbeit im Hospizdienst hat ihre Einstellung zum Tod verändert. Sie ist nicht mehr so angstbehaftet wie bei den meisten, die zum ersten Mal mit dem Thema konfrontiert werden. Marie-Hanne Brauers hat für sich gelernt, besser loszulassen. 2001 war ihr Vater, den sie pflegte, gestorben. Zuletzt konnte sie nur mit den Augen kommunizieren. Als er starb, war sie dabei. Angst vor dem Tod oder den Toten hatte sie nie, auch nicht als Kind. Bei Brigitte Christ war eine sehr gute Bekannte im Freundeskreis, die früh verstarb, der Anlass, sich für die Hospizarbeit zu interessieren. Jeden Freitag habe sie die Sterbende am Nachmittag besucht und sehr gute Gespräche geführt. Es war ihr gemeinsames Ritual. Die Freundin starb mit 52 Jahren.

Christ konnte in der Begleitung die verschiedenen Stationen des Sterbens gut nachvollziehen. Aber auch von emotionalen Umschwüngen im Prozess des Sterbens wissen die Frauen zu erzählen. Natürlich kennen alle die Sterbephasen nach Kübler-Ross, der bekannten Sterbeforscherin. Die Wissenschaftlerin teilt in fünf Phasen ein: Am Anfang stehe das Nicht-Wahrhaben-Wollen, das dann in Aggression umschlägt. Es folgt die Phase des „Verhandelns“ mit den Ärzten oder Gott. Wenn alles nichts hilft, gerät der Sterbende in eine depressive oder apathische Stimmung, die schließlich der Akzeptanz des Sterbens weicht. Die Erfahrung der drei Tönisvorsterinnen ist eine andere. In der finalen Sterbephase reagiere jeder anders. Und noch eins ist ihnen wichtig: Ihre Arbeit ist unabhängig von Konfessionen oder Glauben.

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