St. Tönis Streit um Gärtnereigrundstück

Tönisvorst · Eklat im Planungsausschuss: Heidi Sorgalla, sachkundige Bürgerin der UWT, wirft dem Gremium „miese Politik“ vor. Am Thema sozialgeförderter Wohnungsbau entzündete sich der Funken.

 Auf dem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei an der Friedrichstraße soll ein Neubaugebiet entstehen.

Auf dem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei an der Friedrichstraße soll ein Neubaugebiet entstehen.

Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

In Tönisvorst wird seit vielen Jahren viel gebaut. Eines der Bauvorhaben, über das die Rheinische Post 2015 erstmal berichtet hat, befindet sich zwischen der Friedrichstraße und der Anton-Beusch-Straße in St. Tönis. 43 Wohnungen in fünf zwei- bis dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern will ein Investor auf einem ehemaligen Gärtnereigrundstück errichten. Außerdem sind vier Doppelhaushälften auf dem gut 9000 Quadratmeter großen Areal geplant.

Im aktuellen Planungsausschuss stand der vorhabenbezogene Bebauungsplan noch einmal auf der Tagesordnung. Bereits in der Septembersitzung war über den Plan diskutiert worden, der dann aber in die Dezembersitzung vertagt wurde. Obwohl das Bauvorhaben schon lange öffentlich bekannt ist und Heidi Sorgalla auch bei der Septembersitzung für die UWT anwesend war, fiel die sachkundige Bürgerin scheinbar aus allen Wolken, als der Punkt jetzt wieder aufgerufen wurde.

„Ist das wieder nur was für die Reichen? Es ist den Bürgern nicht mehr verständlich zu machen, wie das Thema Wohnen seit vielen Jahren in dieser Stadt behandelt wird“, ereiferte sich die St. Töniserin. Immer heiße es, das Thema sozialer Wohnungsbau werde im Auge behalten, aber tatsächlich werde nichts im Auge behalten. „Hier wird wieder eine große Anzahl von Wohnungen gebaut, die für viele Menschen nicht bezahlbar sein werden. Das ist keine gute Politik, was Sie hier machen, das ist eine miese Politik.“

Das rief Heinz Michael Horst von der SPD-Fraktion auf den Plan. Die SPD habe im Dezember 2017 den Antrag gestellt, bei Neubauvorhaben 25 Prozent geförderten Wohnungsbau festzulegen, habe sich aber mit der Quote nicht durchsetzen können. „Nur SPD und Grüne waren dafür, alle anderen, auch die UWT, haben dagegen gestimmt“, stellte Horst klar. „Sie kommen hier schlecht vorbereitet hin und beschimpfen uns. Mäßigen Sie sich bitte“, fuhr der SPD-Mann Heidi Sorgalla an.

Auch Alexander Decher von der CDU-Fraktion sagte, er könne die Kritik nicht stehen lassen. „In anderen Bereichen, wie etwa im Neubaugebiet am Schwimmbad, achten wir auf Ausgewogenheit.“ Die Diskussion drehte sich noch eine Weile um das Thema, bis sich die Mehrheit einig war, dass das Verfahren schon zu weit fortgeschritten sei, um jetzt noch eine diesbezügliche Festlegung zu treffen. „Künftig müssen wir darüber früher reden. Hier ist es zu spät. Wir müssen für Investoren verlässlich bleiben“, sagte Jörg Friedenberg von der Stadtverwaltung. Dem stimmte auch die CDU-Fraktion zu.

Wie sich herausstellte, war die ganze Aufregung ein Tanz um eine leere Mitte, denn bei den Neubauten handelt es sich um Eigentumswohnungen, und da, das merkte Hans-Hugo Frick von der FDP an, gebe es keinen sozialen Wohnungsbau.

Eine andere Sorge der Politiker ist der Verkehr. „Die Rede ist von 100 zusätzlichen Autobewegungen am Tag“, sagte Frick, „und wir haben heute schon eine Verkehrsproblematik auf der Friedrichstraße.“ Der FDP-Vertreter befürchtete ein riesiges Chaos. SPD, CDU und GUT teilten die Einschätzung. Jörg Friedenberg informierte, dass eine Ringlösung für den Verkehr vorgesehen sei. Das solle die Situation entschärfen. Auf Vorschlag von Christiane Tille-Gander, Sprecherin der CDU-Fraktion, soll es vor der nächsten Sitzung des zuständigen Bau- und Verkehrsausschusses eine Ortsbegehung geben.

Die Verwaltung hatte sich indes Gedanken um das Klima gemacht: Auf dem Gelände befinden sich, neben vier alten Wohnhäusern, die abgerissen werden sollen, etwa 20 große Laubbäume. Da es sich um Pläne der Innenentwicklung handele, sei gesetzlich kein Ausgleich vorgeschrieben, hieß es in der Vorlage. Aber die Verwaltung wolle mit dem Investor eine freiwillige Übereinkunft erreichen, damit möglichst viele der vorhandenen Bäume erhalten und für jeden gefällten Baum ein neuer auf dem Grundstück gepflanzt wird. An dem Bauvorhaben verdient übrigens auch die Stadt: Sie hat Grundstücke im Planungsgebiet, die an den Investor verkauft werden sollen.

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