Tönisvorst Sparen ist auf Jahre die oberste Maxime

Tönisvorst · Im Gespräch mit Bürgermeister Thomas Goßen: Im neuen Jahr stehen das Neubaugebiet Vorst-Nord und die Auswertung der Umfrage "Wohnen im Alter" ganz oben auf der Tagesordnung. Auch die Rathaus-Frage wird Thema sein.

 Bürgermeister Thomas Goßen an seinem Schreibtisch im Rathaus an der Bahnstraße: "Zwischen den Jahren" hatte die Verwaltung geschlossen, Goßen verbrachte mit seiner Familie ein paar Urlaubstage an der Ostsee.

Bürgermeister Thomas Goßen an seinem Schreibtisch im Rathaus an der Bahnstraße: "Zwischen den Jahren" hatte die Verwaltung geschlossen, Goßen verbrachte mit seiner Familie ein paar Urlaubstage an der Ostsee.

Foto: Kaiser

Die Kommunalwahl ist erst sieben Monate her, der neue Stadtrat hat sich nach der Sommerpause gerade eingerichtet. Gewählt wird erst wieder im Jahr 2020. Jetzt sind sechs Jahre Zeit, liegen gebliebene Themen abzuarbeiten oder neue anzugehen. Wo will Bürgermeister Thomas Goßen Tönisvorst am Ende dieser Wahlperiode sehen? Der CDU-Politiker und Chef der Verwaltung muss nicht lange überlegen. Bis 2020 soll Tönisvorst keinesfalls in die Haushaltssicherung rutschen und einem Nothaushalt unterstehen. Denn in einem solchen Fall könne man freiwillige Leistungen "vergessen". Mit ein wenig Sorge sieht Goßen aber auch, dass es dafür nur ein paar Stellschrauben gebe, um die Kosten im Rahmen zu halten. Immer mehr fließe von außen unbeeinflussbar in den Haushalt, ein Großteil wie etwa die Kreisumlage sei festgeschrieben.

Für Goßen - und da redet er sowohl als Politiker als auch als Rathauschef - ist für die nächsten Jahre oberste Maxime, die Handlungsfähigkeit zu erhalten. Bei einem Nothaushalt gehe diese verloren, dann bestimme ein Sparkommissar der Bezirksregierung die Politik. Natürlich klingt es nicht sehr prickelnd, auf Jahre hinaus in erster Linie sparen zu müssen, Schulden abzubauen und neue zu vermeiden. Ist das der Abschied einer selbstbestimmten Kommunalpolitik auf Raten?

Nein, antwortet Goßen und macht sich selber Mut. Es gebe auch noch Themen, die man anpacken und umsetzen kann. Für den Bürgermeister steht auf lange Sicht bis 2020 an, die Inklusion in vielen Bereichen zu verwirklichen. Als erstes gehe es um die Barrierefreiheit im öffentlichen Bereich. Die positiven Erfahrungen in den Schulen ermutigten ihn, das Thema in die ganze Stadt zu holen. Aber auch an den Schulen gebe es noch viel zu tun.

Tönisvorst ist im Kreis Viersen die Kommune mit dem höchsten Anteil einer älteren Bevölkerung. Und die Tendenz halte an. Dieser demografischen Entwicklung gelte es, Rechnung zu tragen. Teilweise sei damit auch schon begonnen worden. So habe das Krankenhaus der Alexianer nach der Übernahme vor einem Jahr ein "ordentliches Tempo" vorgelegt. Noch sei nicht entschieden, ob die Geriatrie nicht auch noch ans Krankenhaus nach Tönisvorst komme. "Die Messe ist nicht abschließend gelesen", kommentiert Bürgermeister Goßen die aktuellen Berichte zu einer bevorstehenden Entscheidung des Landes gegen Tönisvorst. "Ich glaube nach wie vor an zwei Standorte", das heiße, außer Süchteln werde auch Tönisvorst berücksichtigt. Die Alexianer hätten sich ausdrücklich den Klageweg offen gelassen. Ohne Tönisvorst werde es zwischen Krefeld und Mönchengladbach eine eklatante Unterversorgung in der Geriatrie geben.

2014 hat die Stadt die große Umfrage zum Thema "Wohnen im Alter" gestartet. Von 11 000 Fragebogen seien 4000 zurückgekommen. Goßen findet das eine sehr gute Quote. Im neuen Jahr müssten die Fragebögen jetzt grundsätzlich ausgewertet und daraus Schlussfolgerungen gezogen werden. Im ersten Quartal werde die Verwaltung eine Auswertung vorstellen können.

Um der demografischen Entwicklung entgegen zu steuern und junge Familien in die Stadt zu holen, wird das Neubaugebiet Vorst-Nord umgesetzt. Im neuen Jahr müsse es nach den Beschlüssen des Stadtrates tatsächlich auf verlässliche Wege in ein Plan-Verfahren gebracht werden. Das solle zügig geschehen.

Direkt für das neue Jahr wird das nationale Thema Flüchtlinge auch in Tönisvorst ein wichtiges sein. Für kleine Städte habe es bereits eine große Dimension erreicht, die an die finanziellen Ressourcen gehe. Im Haushalt 2015 sind für Flüchtlingshilfen 750 000 Euro eingestellt, der Finanzbedarf zeige eine steigende Tendenz. Goßen stellt die Aufnahme von Flüchtlingen nicht in Frage, sieht sie aber als eine klassische nationale Frage. Doch das Land NRW erstatte nur einen geringen Teil der Kosten, die die Kommunen für Flüchtlinge ausgeben. Bisher waren es nur 20 Prozent. Nach dem Gipfel im Landtag stehen 40 Prozent im Raum. Das bedeute, dass kleine Städte wie Tönisvorst 60 Prozent der Kosten immer noch selber tragen müssten.

Ein Thema, das überhaupt nicht neu ist, aber in diesem Jahr konkret angegangen werden soll, ist die Frage der Verwaltungsgebäude. Dazu ist eine Arbeitsgruppe aus Politik und Verwaltung aufgestellt worden. Bürgermeister Goßen ist es wichtig, diese Frage miteinander zu entwickeln, mit allen an einem Tisch. Für ihn persönlich hat die Wirtschaftlichkeit Vorrang. Auch solle die Präsenz in beiden Ortsteilen erhalten bleiben, in welcher Form auch immer. Momentan ist die Verwaltung auf fünf Standorte verteilt. An zwei Standorten, das Alte Rathaus in Vorst und das Ratshausgebäude an der Bahnstraße in St. Tönis, müsste erheblich in Brandschutz und Gebäudetechnik investiert werden. In der Verwaltung werde die Zahl der Mitarbeiter eher schrumpfen als wachsen. Das Problem müsse konzeptionell sauber und sinnvoll diskutiert und entschieden werden. Goßen sieht die Lösung völlig ergebnisoffen. Vor dem Hintergrund der Haushaltssituation zählt für ihn am Ende die Wirtschaftlichkeit. Für die Lösung gebe es noch keinen Zeithorizont. Aber Anfang des neuen Jahres solle mit den Gesprächen begonnen werden.

(RP)
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