Erste Veranstaltung in der Spielzeit 2021/22 Sommerkabarett des Stadtkulturbunds Tönisvorst in intimer Atmosphäre

Tönisvorst · Helmut Sanftenschneider hatte für den Abend vier weitere Künstler eingeladen. Er selbst bereicherte die Moderation durch Kostproben seiner vielseitigen Talente.

 Beim Sommerkabarett waren Deana und Holger Ehrich als Branka und Roger zu Gast.

Beim Sommerkabarett waren Deana und Holger Ehrich als Branka und Roger zu Gast.

Foto: Norbert Prümen

Das Sommerkabarett des Stadtkulturbundes Tönisvorst war kurzerhand in das Vereinsheim des Akkordeonorchesters verlegt worden. Die rund 50 Gäste hätten sich im großen Forum wohl etwas verloren gefühlt, so die Intention der Veranstalter um Thomas Nellen.  Umso enger, gemütlicher und auch schweißtreibender ging es nun in den überschaubauren Räumlichkeiten zu, die die Gäste nach Überprüfung der 3G-Regeln, ausgestattet mit einer Gratis-Wasserflasche, betreten durften.

Der Stimmung dürfte die beinahe intime Atmosphäre jedenfalls gut getan haben. Helmut Sanftenschneider, einer der Größen der Comedy- und Kabarettszene des Ruhrgebiets, moderierte und gestaltete den Abend, zu dem er vier weitere Künstler eingeladen hatte. Zwei davon bilden das „Duo Diagonal“. Unter diesem etwas rätselhaften Namen verbergen sich Deana und Holger Ehrich aus Bochum, die als Branka und Roger ein ungleiches, leicht abgehalftertes Paar bilden. Sie verkörpert die herbe slawische Seele mit dem Charme einer Dame in Uniform, er den krampfhaft bemühten Magier und Komiker. Parodiert werden bekannte Bühnenstücke, Zaubertricks oder auch die übliche Feuershow – „nur ohne Feuer“. Denn die beiden agieren fast pantomimisch, mit vollem Körpereinsatz, so stark und eindrucksvoll, dass es nicht vieler Worte braucht.

Ganz im Gegensatz zu David Leukert, der extra für den Auftritt in Tönisvorst aus Berlin angereist war, um auch noch am selben Abend wieder dorthin zu enteilen. Ein Kabarettist, der frech, freimütig und gelegentlich mit „Berliner Schnauze“ sagt, was Sache ist im ganz normalen Alltagswahnsinn. Etwa im Zusammenleben mit seinem 17-jährigen Sohn: „Dessen Zimmer ist so versifft, dass man mit einer seltenen Tropenkrankheit wieder rausgeht.“ Leukert bezeichnet sich selbst als „Männerrechtler im Nebenberuf“. Die Männer seien so sensibel geworden, dass ein ohne Weichspüler gewaschener Schlafanzug schon blaue Flecken hervorrufe. Er ätzt sich durch alle möglichen Felder. Gender, Bildung und Fernsehen: „Ich bin gegen Streumunition, nur bei den Geissens würde ich eine Ausnahme machen.“ Auch im Hinblick auf romantische Komplimente sollte Mann vorsichtig sein: „Schau mal Liebling, der Mond nimmt auch zu.“ Fantastisch sind die orchestralen Töne, die er der Mundharmonika entlockt und dazu noch dirigiert.

Auch ein musikalisches Supertalent ist Matthias Reuter aus Oberhausen, der, sich selbst am E-Piano begleitend, den wachsenden Boom der Oktoberfeste im Ruhrgebiet besingt. Eine Liebe zu allem Bayerischen,  die aber beim Fußball auf Schalke eine abrupte Unterbrechung findet. Köstlich auch Reuters Begegnung mit dem Karneval, als an Altweiber im Zug der Deutschen Bahn eine kräftige Froschdame von ihm „gebützt“ werden möchte, um zur Prinzessin mutieren zu können.

Sanftenschneider bindet souverän die sehr unterschiedlichen Auftritte zusammen, bereichert die Moderation durch Kostproben seiner vielseiten Talente, auch musikalischer Natur. Und bleibt dabei immer locker,  spontan, im engen Kontakt zum Publikum. Er selbst kommt gerade sonnengebräunt von einem Engagement auf einem Kreuzfahrtschiff. Ein Lieblingshit – auf die Melodie von Helene Fischers Lied „Atemlos“ – lautet dort „Abendbrot“: Es geht ums Schlemmen an Bord – und das rund um die Uhr.

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